20 Polizei-Teams aus ganz Deutschland messen sich bei der XV. Bundesoffene Vergleichsübung der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten des Bundes und der Länder.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Angelika Warmuth, Montage: BR

Alle zwei Jahre treten 120 Polizei-Spezialkräfte aus ganz Deutschland in einer Übung gegeneinander an.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

"Die Jungs sind Maschinen": Polizei-Spezialkräfte im Wettstreit

Terroristen bekämpfen, Busse schieben: Alle zwei Jahre treten 120 Polizei-Spezialkräfte aus ganz Deutschland in einer Übung gegeneinander an. Mit viel Schweiß und kaum Schlaf. Nur Höchstleistungen zählen. Die Kontrovers-Story war Ende Juni mit dabei.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

"Also, ich bin auf jeden Fall nervös vor dem Wettkampf. Man sieht ja die anderen Jungs, die Mannschaften, jetzt wird’s ernst", sagt ein 22-jähriger, durchtrainierter Polizist aus Bayreuth. Er arbeitet bei der sogenannten "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit" (BFE). Normalerweise sind er und seine Kollegen nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Denn eigentlich nehmen sie gewalttätige Straftäter, Demonstranten oder Hooligans fest oder sichern bei Polizei-Razzien Beweise. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn es für normale Polizeikräfte zu gefährlich wird.

20 Teams, zehn Stationen: Baumstämme tragen und Berge hochsprinten

Sie sind Teil von rund 120 Bereitschaftspolizisten aus ganz Deutschland, die sich vom 27. bis 30. Juni im Großraum München und in Garmisch in ihren Fähigkeiten gemessen haben. Und alles unter körperlichen Extrembelastungen und mit höchster Konzentration, möglichst schnell und präzise - viel Muskelkraft, aber auch taktisches Denken sind dabei essentiell.

Die 20 Teams aus allen Bundesländern mussten insgesamt zehn Stationen in zwei Tagen mit unzähligen Hürden bewältigen: Situationen aus dem Berufsalltag der Polizei-Spezialkräfte, wie ein Terror-Einsatz, Schieß- und Rettungsübungen, aber auch Busse schieben oder Berge hoch sprinten. Und vor allem immer rennen, laufen und springen. Auch im Berufsalltag sind Einsatzorte manchmal nur zu Fuß zu erreichen. Wer da nicht fit ist, kommt nicht an. "Oft geht’s eben darum, dass man als BFEler gerade unter körperlicher Belastung trotzdem noch hochkonzentriert arbeiten kann." sagt Stefan L., Betreuer des Bayreuther Teams.

Video: Kontrovers - Die Story: Inside USK: Spezialkräfte im Wettstreit

Körperliche Höchstbelastung – "Alles solche Maschinen, die Jungs!"

Das Team aus Bayreuth hat wochenlang trainiert. Ihr Ziel? Auf jeden Fall unter den drei Besten zu sein. Der erste Tag wurde in Garmisch bestritten: Die zwanzig Teams der Spezialkräfte haben 16 Hürden vor sich - unter anderem Baumstämme sägen, zu Fuß die rund dreißig Meter hohe Skisprungschanze hochrennen und wieder herunterrutschen. Mit letzter Kraft müssen die Kandidaten dann noch auf den 350 Meter hohen Gudiberg hinauf sprinten. "Das war extrem anstrengend, so krasse Gegner, alles solche Maschinen, die Jungs", stellt ein Teilnehmer des Bayreuther Teams außer Atem fest.

Terror-Übung in der Münchner U-Bahn

Der zweite Tag beginnt für die Spezialkräfte mit einer Übung an einer Münchner U-Bahn-Station. Das Szenario: Viele Verletzte, das SEK verfolgt den vermeintlichen Täter, der die Fahrgäste mit einer Axt angegriffen hat. Für die Rettungskräfte ist es im Szenario trotzdem zu gefährlich. Deswegen müssen die Spezialkräfte jetzt die Verletzten aus dem Zug retten und sie triagieren: Wer hat keine Überlebenschance? Wer muss sofort behandelt werden? Die, die behandelt werden müssen, müssen die Treppen hinauf zu den Rettungskräften getragen werden. Gleichzeitig werden über Lautsprecher Zeugenaussagen zum Täter eingespielt. Heißt für die Übungs-Teilnehmer: hochkonzentriert zuhören, gleichzeitig Verwundete aus der U-Bahn tragen. Das Bayreuther BFE-Team ist bei dieser Übung zwar schnell, kann aber nicht so viele Punkte erzielen, wie erhofft.

Innenministerium: "Nicht nur Wettbewerb, sondern wichtige Übung für den Ernstfall"

"Mit diesen Übungen simulieren wir Höchstbelastungsszenarien", sagt Andreas Backhoff vom Bundesinnenministerium. Er hat den Wettkampf beauftragt. Offiziell heißt die Veranstaltung "Bundesoffene Vergleichsübung der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten". Sie findet alle zwei Jahre statt. Immer wieder gab es in der Vergangenheit daran Kritik - auch aus der Politik: Aufwand, Nutzen und Kosten stünden in keinem Verhältnis zueinander.

Doch das Bundesinnenministerium kontert: Das Kräftemessen sei nicht nur ein Wettbewerb, sondern gleichzeitig eine wichtige Übung für den Ernstfall, so Andreas Backhoff. Die Polizisten würden "länderübergreifend eingesetzt und da ist wichtig, dass das Zusammenwirken funktioniert. Dass es einen einheitlichen Standard gibt, was Techniken angeht, was Taktiken angeht, was die Kondition angeht". Die genauen Kosten, die der Wettbewerb allerdings verursacht, könne er nicht beziffern, da ein großer Teil vom Land Bayern getragen werde.

Wettkampf ist logistische und organisatorische Herausforderung

Für die Organisatoren war der diesjährige Wettkampf eine extreme logistische, personelle und organisatorische Herausforderung. Seit über einem Jahr haben sie die Wettkampf-Stätten ausgesucht. Da beim letzten Wettbewerb vor zwei Jahren das Unterstützungskommando (USK) der bayerischen Bereitschaftspolizei gewonnen hatte, musste das USK dieses Jahr die Übung ausrichten. Polizeihauptkommissar Armin Leuchter, federführender Organisator, rechtfertigt den Aufwand: "Das Aufgabenportfolio der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten hat sich natürlich nach oben entwickelt und dementsprechend ist der Anspruch an die Übung natürlich auch gewachsen."

Bildrechte: picture alliance/dpa | Angelika Warmuth
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

20 Polizei-Teams aus ganz Deutschland gehen bei dem Wettstreit bis an ihre Belastungsgrenze.

Abschluss-Übung: Sieben Kilometer langer Hindernis-Parcours

Das zeigt sich auch bei den letzten Aufgaben. "Jeder redet sich‘s so ein bisschen schön, man will ja keine Schwäche zeigen, aber es zwickt schon ein bisschen", so der 22-Jährige, inzwischen erschöpfte BFEler aus Bayreuth, kurz vor dem Abschlusswettkampf in Dachau mit rund neunzehn Hürden. Die Beamten müssen unter anderem einen 3,5 Tonnen schweren Einsatz-Bus nur mit ihrer Muskelkraft schieben und ziehen, über Reifen springen, und mehrmals in voller Montur durch die Amper schwimmen.

Team der Bundespolizei aus Hünfeld gewinnt – Bayreuther Team wird Zweiter

Mit letzter Kraft kämpfen sich die Bayreuther ins Ziel, sogar ziemlich weit vorne. Am Ende können sie den zweiten Platz in der Gesamtwertung erreichen. Bei der gemeinsamen Feier am Ende muss sich die erschöpfte Mannschaft, genauso wie alle anderen Teams, aber erstmal erholen. Die Kontrovers-Story hat den gesamten kräftezehrenden Wettkampf begleitet. Gewonnen hat ein Team der Bundespolizei aus Hünfeld. Dort wird in zwei Jahren der nächste Wettkampf ausgetragen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!