Der Fluss Mangfall
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Der ewige Streit ums Münchner Trinkwasser  aus dem Mangfalltal

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Der ewige Streit ums Münchner Trinkwasser 

Dass München ein so sauberes Trinkwasser hat, verdankt es dem Mangfalltal. Damit es so bleibt, soll dort die Wasserschutzzone erweitert werden. Das sorgt seit Jahrzehnten für Streit. Der hat sich in letzter Zeit noch weiter zugespitzt.

Seit Jahrzehnten wird erbittert gestritten - es geht um sauberes Trinkwasser für München, um Naturschutz und um Weiderechte. Als Paukenschlag wurde die jetzige Entscheidung der Regierung von Oberbayern bezeichnet, ein Beweide- und Düngeverbot in einer Zone an der Mangfall zu verhängen. Das will der Miesbacher Landrat so nicht hinnehmen. Ein Rück- und Überblick:

Wasserschutzzone müsste ausgeweitet werden

Rückblick in das Jahr 2012: Im großen Saal einer Miesbacher Wirtschaft rumort es kräftig.  Der damalige Miesbacher Landrat Jakob Kreidl (CSU) eröffnet den Anwesenden, darunter viele Landwirte, dass die Wasserschutzzone für das Trinkwasser der Landeshauptstadt München im Landkreis Miesbach, nach einer Verschärfung der EU-Richtlinie, wohl deutlich erweitert werden müsse.  Daraufhin wird es laut im Saal, die Bauern protestieren. Der Landrat beschwichtigt und verspricht, sich für seine Landkreisbürger einzusetzen. Aber Kreidl macht bereits damals klar: Das Landratsamt müsse das Verfahren "durchziehen".  Während der Amtszeit von Kreidl kam das Verfahren allerdings keinen Schritt voran.

Landräte im Konflikt 

Ein Landrat sitzt beim Thema Wasserschutz  zwischen den Stühlen. Einerseits ist Trinkwasser ein wertvolles Gut, das es zu schützen gilt, andererseits will man die eigenen Landkreisbürger nicht überbelasten mit Vorschriften, die vor allem Landwirte und Grundstücksbesitzer einschränken.  

Auch der Nachfolger Kreidls, Wolfgang Rzehak von den Grünen, beißt sich am Thema Schutzgebietserweiterung die Zähne aus. Ein erneuter Erörterungstermin eskaliert, betroffene Grundstückseigentümer reichen eine Petition im Landtag ein. In der total verfahrenen Situation setzt der Landrat das Verfahren schließlich 2018 vorläufig aus.  

2020 wird Olaf von Löwis von der CSU zum Landrat gewählt. Er erklärt gleich zu Beginn seiner Amtszeit, das Verfahren zur Wasserschutzzone wieder auf eine sachliche Ebene bringen zu wollen. Doch erneut kommt es zur Konfrontation.

Paukenschlag: Regierung will Beweide- und Düngeverbot

Im Oktober 2021 nun hat die Regierung von Oberbayern das Landratsamt Miesbach angewiesen, in der betroffenen Zone Zone Thalham-Reisach-Gotzing sofort ein Beweidungs- und Düngeverbot zu verhängen. Landrat von Löwis stellt sich den erneuten und diesmal ultimativen Anordnungen entschieden entgegen.  

Enttäuscht über aktuelle Anweisungen von oben   

Dem Bayerischen Rundfunk sagt Olaf von Löwis, er sei, so wörtlich, "wirklich erschüttert" über diese Anordnung. Dies sei ein Schnellschuss, er hätte sich eine vertrauensvollere Zusammenarbeit gewünscht. Von der aktuellen Anordnung in Sachen Dünge- und Beweidungsverbot sind drei Grundbesitzer betroffen.

Einteilung der Wasserschutzzone nicht mehr zeitgemäß

Die Bauern hätten einen Anspruch auf Ausgleichszahlung, erklärt die Regierung von Oberbayern. Der derzeitige Zuschnitt der Miesbacher Wasserschutzzone stamme aus den 1960er-Jahren und entspreche nicht mehr den inzwischen bundesweit geltenden technischen Regeln.   Die Verantwortung, jetzt die notwendigen Schritte einzuleiten, liege beim Landratsamt.   

Miesbacher Gutachten nimmt Kläranlagen in den Blick  

 2020 wurden Verunreinigungen im Trinkwasser für die Stadt München festgestellt, das aus dem Landkreis Miesbach stammte. Deswegen ordnete die Regierung von Oberbayern  das sofortige Beweide- und Düngeverbot in der so genannten Zone IIA an.

Das Landratsamt Miesbach kontert mit einem eigenen Gutachten, dass zu einem anderen Schluss kommt: Hochwasser- und Starkregen könnten das Trinkwasser im vergangenen Jahr belastet haben, und womöglich spielten hier bei Hochwasser übergelaufene Kläranlagen eine Rolle.  Von Löwis hält die Beweisführung und die Schlussfolgerungen des Gutachters, dem Hydrogeologie-Professors Uwe Tröger,  für überzeugend. Die Klärwerke als Verursacher von Verunreinigungen seien ein neuer Aspekt, dem man nachgehen müsse. 

Eine verfahrene Angelegenheit  

Der Miesbacher Landrat will demnächst viele Gespräche führen, unter anderem mit Oberbayerns Regierungspräsidentin Maria Els, aber auch mit anderen zuständigen Behörden. Bis dahin werde er die Aufforderung nicht vollziehen. Von Löwis setzt nach eigenen Angaben darauf, dass die Anweisung innerhalb der Frist bis 1. Dezember zurückgenommen werde.  

Ein alter Streit um Altrechte  

Seit 1883 gewinnen die Stadtwerke München Trinkwasser im Mangfalltal für die Landeshauptstadt München. Die Stadtwerke haben hier sogenannte Altrechte, deren Rechtmäßigkeit bereits überprüft und bestätigt wurde. Die Stadt München bzw. die Stadtwerke München gewinnen seit über 100 Jahren kostenlos Wasser für die städtische Trinkwasserversorgung - durch den Betrieb von Wassergewinnungsanlagen. Diese sammeln Grund- und Quellwasser und leiten es mit Hilfe des natürlichen Gefälles nach München ab. Die Gotzinger Hangquellfassung zum Beispiel wird seit 1901 betrieben.

Nun aber werden aus dem Miesbacher Land neue Erkenntnisse ins Spiel gebracht:  Ein alter Stollen am  Wasserschloss  Reisach, der mehr Trinkwasser nach München ableite, könne möglicherweise nicht von den Altrechten gedeckt sein. Diese neuen Erkenntnisse müssten bei der Überprüfung der Altrechte eine Rolle spielen, so die Forderung aus dem Kreis Miesbach, die von allen betroffenen Kommunen unterschrieben wurde.  

Muss München um sein Wasser fürchten?  

Der Gedanke, dass man München das Wasser abdrehen wolle, sei völlig absurd, betont der Miesbacher Landrat. Das Verfahren gehe nur miteinander, alle würden in einem Boot sitzen. Aus Miesbacher Sicht fordere man  Mitsprache, wenn Rechte von Landkreisbürgern eingeschränkt würden. Alle Bürger, die Münchner und die Miesbacher, hätten ein Recht auf ein faires und ergebnisoffenes Verfahren, so der Miesbacher Landrat.    

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