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Politik versus Wissenschaft? CSU-Tweet sorgt für Aufregung

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Politik versus Wissenschaft? CSU-Tweet sorgt für Aufregung

Hat die CSU-Landesgruppe eine Studie verkürzt dargestellt und den Effekt der Atomkraft auf den Strompreis als zu positiv dargestellt? Der CSU wird unterstellt, bewusst falsch zu informieren: Von "Desinformation" ist die Rede. Nicht ganz zu Recht.

Die Atomkraft wirkt sich positiv auf die Strompreise aus – so liest sich zumindest der Tweet der CSU-Landesgruppe: "Energie muss bezahlbar bleiben: Strompreis um 12% senken mit dem Weiterbetrieb von 3 AKWs. Quelle: FAU."

Wissenschaftler verschiedener Universitäten kritisieren den Post der CSU-Landesgruppe massiv. Als "unseriöses Zahlenzitat" wird die Aussage der CSU bezeichnet. Und als "dreistes #cherrypicking". Es sei "bewusste Desinformation", die FAU-Studie in dieser Form zu zitieren, schreibt Stefan Holzheu, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung. Die zwölf Prozent Preisabsenkung würden nur dann gelten, wenn der Stromverbrauch um zehn Prozent zurückgehe. Bei dem realistischeren Szenario mit normalem Stromverbrauch seien es eher fünf Prozent.

Grundlage FAU-Studie

Die Landesgruppe im Bundestag bezieht sich auf eine kürzlich erschienene Studie der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen. Forscher der FAU haben untersucht, wie sich die Strompreise kurz- und langfristig entwickeln, wenn verfügbare Atomwerkskapazitäten aktiviert werden, jeweils mit optimistischen und pessimistischen Szenarien. Berechnet haben die Forscher beispielsweise, wie sich der Strompreis verändert, abhängig von den verschiedenen Bedingungen, also vom Preis für Erdgas, vom Stromspar-Potenzial und abhängig davon, wie viel Strom parallel aus Erneuerbaren Energien produziert werden kann.

Der Wert, den die CSU nun herausgegriffen hat, geht von optimalen Bedingungen in allen Bereichen aus, bis hin zum Wetter. Die Forscher nahmen also für diese Berechnung folgendes an: Die Stromnachfrage geht um zehn Prozent zurück, der Gaspreis ist niedrig, die Erneuerbaren Energien werden massiv ausgebaut und das Wetter ist so gut wie im Jahr 2020. In diesem Fall könnte der Strompreis um die von der CSU genannten zwölf Prozent zurückgehen.

ifo: Strompreis könnte um vier Prozent sinken

Das "ungünstige" Rechenmodell dagegen geht davon aus, dass die Stromnachfrage unverändert hoch ist, der Gaspreis deutlich höher ist, sich der Ökostromausbau verzögert und dass das Wetter ungünstiger ist als im Jahr 2020. Der Preiseffekt läge dann bei knapp fünf Prozent.

In dieser Größenordnung bewegen sich auch andere Studien. Das ifo-Institut geht davon aus, dass der Strompreis um vier Prozent sinken könnte, wenn die letzten drei Atomkraftwerke weitergenutzt würden.

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Bild von Greta Thunberg bearbeitet

Auch das Bild, über das die CSU ihre Zwölf-Prozent-Aussage gelegt hat, ärgert viele im Netz. Zu sehen ist die Klimaaktivistin Greta Thunberg, die ein Schild hochhält, auf dem steht "Kärnkraft för Klimatet". Auf dem Original-Foto ist Thunberg aber mit einem Plakat zu sehen, auf dem "Skolstrejk för Klimatet" steht. Viele User auf Twitter reagierten auf den Tweet mit Häme und Verärgerung. Die CSU betreibe Propaganda mit Fake News und gefälschten Bildern. Sie sei inzwischen in der Nähe der AfD angekommen.

Die Friedrich-Alexander-Universität möchte den Umgang mit der Studie auf BR-Anfrage nicht kommentieren. Auch von der CSU-Landesgruppe gibt es bislang keine Stellungnahme zu dem Vorfall.

  • Zum Artikel: So reagiert die Politik auf Thunbergs Aussage zur AKW-Debatte