Derzeit lautet die erste Frage in Restaurants oder Cafés häufig nicht "Was darf ich Ihnen bringen?", sondern: "Könnten Sie bitte Name und Anschrift eintragen?" In der Mehrzahl der Bundesländern gilt eine sogenannte Registrierungspflicht. Gäste müssen Namen und Zeitraum des Besuchs sowie Anschrift, Mail-Adresse oder Telefonnummer hinterlegen. In Bayern reicht es aus, wenn eine Person pro Hausstand diese Daten angibt.
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Warum gibt es Gästelisten?
Ab 18. Mai hat die bayerische Staatsregierung Gaststätten zuerst die Öffnung der Außenbereiche erlaubt, eine Woche später auch die Öffnung der Innenbereiche - unter strengen Hygieneauflagen. Unter anderem verlangt die Staatsregierung das Führen einer "Gästeliste", um eine Kontaktermittlung "im Falle eines nachträglich identifizierten COVID‑19‑Falles unter Gästen oder Personal zu ermöglichen". (Quelle)
Wie müssen Gästelisten geführt werden?
In dem Gesetzestext heißt es:
"Die Gästeliste ist so zu führen und zu verwahren, dass Dritte sie nicht einsehen können." Bayerisches Gesundheitsministerium
Nur ist das nicht immer der Fall. Derzeit häufen sich Berichte von offen einsehbaren, sogenannten "laufenden Listen". Gäste werden aufgefordert, sich in eine ausliegende oder an den Tisch gebrachte Liste einzutragen. Häufig handelt es sich um Din-A4-Seiten, auf denen fortlaufend, direkt untereinander Namen und Kontaktdaten der Gäste für alle Nachfolgenden - also Dritten - einzusehen sind.
"Laufende Listen" sind unzulässig
Datenschutz sei hier "nicht gewährleistet", kritisiert die Berliner Datenschutzbeauftragte. (Quelle) In Hamburg ergab eine Stichprobe unter 100 Einrichtungen mit Registrierungspflicht wie Restaurants, Bäckereien oder Friseursalons, dass jede Dritte Einrichtung gegen den Datenschutz verstößt. (Quelle)
Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Bayern wies in einem Rundbrief bereits am 26. Mai darauf hin, dass "jeder Gast seine Daten auf einem Einzelbogen angeben" müsse. Weiter heißt es in dem Rundschreiben: "Listen, auf die sich die Personen selbst nacheinander eintragen und dabei die Daten der vorher Eingetragenen für die nachfolgenden Personen sichtbar" seien, gelten als unzulässig. Auf der Homepage verweist der DEHOGA auf eine datenschutzkonform Varianten der Registrierungspflicht.
Bayern: Wohl zahlreiche Beschwerden im Bereich Datenschutz
Auch das Bayerische Landesamt für Datenschutz in Ansbach spricht in Bezug auf offene Listen in Gaststätten von einem Verfahren, das "ebenso unzulässig wie unnötig" sei (Quelle). Datenschützer gehen davon aus, dass auch in Bayern zahlreiche Bürgerinnen und Bürger Verstöße gegen den Datenschutz gemeldet haben. In der Regel seien Kontaktdaten für Dritte einsehbar gewesen.
Zugleich gilt es als unwahrscheinlich, dass es sich um drastische Verstöße gegen den Datenschutz handle. Bislang gebe es keine Hinweise darauf, dass Kontaktdaten der Kundinnen und Kunden verkauft würden. Auch der deutsche Hotel und Gaststättenverband Bayern betont auf seiner Homepage, dass eine Verwendung der erhobenen Daten durch den Gastronomiebetrieb für andere Zwecke - wie etwa Werbung - "unbedingt unterbleiben" müsse, da dies einen datenschutzrechtlichen Verstoß darstelle.
Das Bayerische Landesamt für Datenschutz war am Freitag (26.06.20) nicht für eine Auskunft über die Anzahl der gemeldeten Beschwerden oder deren Schwere zu erreichen.
Sind falsche Angaben strafbar?
Ein ungelöstes Problem ist die Angabe falscher Daten wie Phantasienamen oder erfundene Handynummern durch die Gäste. Gastwirte dürfen grundsätzlich die Personalien ihrer Gäste nicht kontrollieren - die einzige Ausnahme ist eine Alterskontrolle wegen Alkoholausschanks. Sie können die Angaben lediglich auf Plausibilität prüfen und gegebenenfalls nachhaken.
Entsteht der Verdacht, dass jemand falsche Angaben macht, so können Wirtin oder Wirt den Gast - mit Verweis auf das Hausrecht - auffordern, das Lokal zu verlassen. Es ist unklar, wie häufig das geschieht.
Angaben nötig, um Infektionsketten nachzuvollziehen
Bei den Angaben im Restaurant verhält es sich also wie bei der Corona-App: Sie beruhen auf Freiwilligkeit und darauf, dass Menschen verantwortungsvoll gegenüber ihren Mitmenschen handeln.
Angaben im Restaurant haben zum Ziel, Infektionsketten nachvollziehbar zu machen. Erst durch diese Nachvollziehbarkeit, so das Robert Koch Institut, ließen sich Infektionsketten auch durchbrechen. Sollten Gaststätten Gäste überhaupt nicht registrieren oder gegen den Datenschutz verstoßen, drohen Bußgelder.
Datenschutz möglich durch Einzelbögen, Bedienungen oder App
Aktuell gibt es drei datenschutzkonforme Möglichkeiten, die Angaben der Gäste aufzunehmen. Zum einen können Gäste Einzelbögen ausfüllen und in verschließbare Kästen einwerfen - ähnlich wie bei Wahlen. Zum anderen kann das Servicepersonal die Daten aufnehmen und für Dritte unzugänglich aufbewahren, beispielsweise hinter der Theke. Hinzu kommen Lösungen per App. Gäste müssen dann nur einen QR-Code scannen und anschließend ihre Daten eingeben.
Wichtig ist sowohl bei der Lösung auf Papier als auch bei der digitalen Variante: Die Daten dürfen nicht gespeichert, sondern müssen nach vier Wochen gelöscht beziehungsweise geschreddert werden.
Wer kontrolliert und wie oft?
Über die Gesamtzahl an Kontrollen in Bayern sind keine Zahlen bekannt. Die Landeshauptstadt München gibt an, dass das Kreisverwaltungsreferat für die Kontrollen zuständig ist und die Bezirksinspektionen "im Rahmen der personellen Möglichkeiten" die Einhaltung der Hygieneverordnung kontrolliere. Dazu gehöre auch der Datenschutz.
In anderen Kommunen sind die Ordnungsämter für die Kontrollen zuständig. Einzelne Bürger können beim Landesamt für Datenschutz etwaige Verstöße melden.
FAZIT
Wie die Kontaktdaten von Gästen erhoben werden ist im Gesetz nicht geregelt. Möglich ist das auf Papier oder per App. Für die Gäste einsehbare Kontaktlisten sind nicht zulässig. Bei Verstoß gegen den Datenschutz drohen den Gaststätten Bußgelder.
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