Ein weißes Verkehrsschild auf dem in schwarz das Wort Cannabis Club steht und ein Hanfblatt zu sehen ist.
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Die Zahl der Cannabis Clubs in Deutschland steigt rapide an.

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Vor Legalisierung: Regelrechter Boom an Cannabis-Clubs

Seit die Eckpunkte der Legalisierung bekannt sind, sprießen überall in Deutschland Cannabis-Clubs aus dem Boden. Am liebsten würden sie so schnell wie möglich die ersten Hanfsamen einpflanzen. Zuvor muss aber mancher Club noch vor Gericht erscheinen.

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

Für Josef Miehling darf es so bald wie möglich losgehen: "Wir warten eigentlich nur darauf, dass wir loslegen können", sagt der 37-jährige. Er sitzt in einem Münchner Café, kurze Haare, blaues Hemd, Jeans und schwarze Aktentasche – das ziemliche Gegenteil eines Klischee-Kiffers. Trotzdem hat er gemeinsam mit zwölf Mitstreitern den "Cannabis Social Club München" gegründet. Sie warten nur darauf, mit dem Anbau von Hanfpflanzen beginnen zu können.

Sollten die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) so in Kraft treten, hätten die "Cannabis Social Clubs" eine zentrale Aufgabe: Gemeinsam bauen die pro Club maximal 500 erwachsenen Mitglieder gerade so viel Cannabis an, wie sie selbst konsumieren. Das können diese dann zum Selbstkostenpreis abholen, 25 Gramm pro Tag oder maximal 50 Gramm pro Monat. Die Clubs sollen als nicht-gewinnorientierte Vereine alle weiteren Kosten über die Mitgliedsbeiträge decken. Das Ziel ist, den Schwarzmarkt auszutrocknen.

Großer Andrang auf die Cannabis-Clubs

Seitdem diese Eckpunkte bekannt sind, gibt es einen regelrechten Boom an Cannabis-Clubs. Der Dachverband, selbst erst im Oktober gegründet, zählt zwischen 150 bis 200 Clubs – die allermeisten davon sind in den vergangenen zwei Monaten entstanden. Und wo ein Club auftaucht, wollen viele Mitglied werden: Der "Cannabis Social Club München" spricht von etwa 2.400 Interessenten.

Doch obwohl der Andrang riesig ist, haben Miehling und die anderen Gründer noch keine neuen Mitglieder aufgenommen. Denn noch hat der Club juristische Probleme. Auch deswegen gibt es noch kein Vereinsheim und erst recht kein Equipment, um die Hanfpflanzen anzubauen.

"Anbau" als Satzungszweck illegal?

Das Amtsgericht hat abgelehnt, den "Cannabis Social Club München" als Verein einzutragen. Der Zweck, den sich der Club in seiner Satzung gegeben hat, sei illegal. Dort steht, dass der Club auf den "gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf seiner Mitglieder unter legalen Bedingungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit" gerichtet ist. Auf BR-Anfrage teilte das Amtsgericht mit, dass "die Eintragung in das Vereinsregister zu versagen ist, da der Zusatz, dass der Anbau von Cannabis 'unter legalen Bedingungen' erfolgen soll, nichts an der Tatsache ändert, dass diese legalen Bedingungen nach derzeitiger Gesetzeslage nicht vorliegen und der beabsichtigte Verein daher auch nicht vorsorglich eintragbar ist."

Für Josef Miehling ist das nicht nachvollziehbar: "Unsere Satzung ist mit einer aufschiebenden Wirkung formuliert. Das heißt, wir bestreben den Anbau erst dann, wenn die Bedingungen dazu legal sind." Bei der Satzung handelt es sich um eine Mustersatzung, die der Dachverband bereitstellt. In Berlin ist ein Verein, dessen Satzung wortgleich formuliert ist, zum Beispiel schon eingetragen. Das Amtsgericht sei allerdings nicht an Entscheidungen anderer Registergerichte gebunden, teilt das Gericht mit. Miehling und seine Mitstreiter wollen deshalb vor das Oberlandesgericht ziehen.

Strenge Regeln für die Clubs

Aber könnten die Clubs den Schwarzmarkt überhaupt effektiv bekämpfen? "Ja", sagt Bernd Werse. Der Soziologe forscht seit Jahren zu Drogen und hat das Centre for Drug Research an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main mitgegründet. Allerdings seien die Regeln zu kompliziert. Nach den Plänen der Bundesregierung brauchen zum Beispiel die Gewächshäuser einen Sichtschutz und die Bundesländer können Abstandsregeln zu Schulen oder Kitas festlegen. Den Mitgliedern wäre es verboten, im Club und im nahen Umkreis zu konsumieren

"Das halte ich für nicht besonders sinnvoll, weil gerade gemeinsamer Konsum in einem halböffentlichen Raum auch eine Maßnahme der sozialen Kontrolle ist", sagt Werse. Die Mitglieder könnten sich gegenseitig im Auge behalten und auf möglicherweise problematischen Konsum ansprechen. "Durch diese strengen Auflagen könnte es dazu führen, dass doch weniger Leute dort Mitglied werden und es überhaupt weniger Clubs gibt, die kostendeckend konsumieren können. Und dann wird ein großes Potenzial nicht genutzt, den Schwarzmarkt zurückzudrängen", sagt Werse.

Er und Miehling hoffen auf Lockerungen, bis die Legalisierung durch das Parlament ist. Dann – und wenn der Cannabis Social Club München doch noch als Verein eingetragen wird – kann Miehling "die Lampen einschalten und die Hanfsamen in die Erde pflanzen". Dann kann es losgehen.

Dieser Artikel ist erstmals am 1. Juni 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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