Genau zwei Jahre ist die Würzburger Messerattacke her. Zum Jahrestag wurde heute in Würzburg an die Opfer der Tat erinnert.
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Genau zwei Jahre ist die Würzburger Messerattacke her. Zum Jahrestag wurde heute in Würzburg an die Opfer der Tat erinnert.

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Gedenken: Messerangriff in Würzburg jährt sich zum zweiten Mal

Zwei Jahre ist es her, dass ein Mann in Würzburg drei Menschen ermordete und weitere schwer verletzte. Noch immer kämpfen viele Menschen damit, die Tat zu verarbeiten. Mit einem Gottesdienst und Kranzniederlegung gedachte die Stadt der Opfer.

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Andras Pataki hat Tränen in den Augen. Hier am Barbarossaplatz in der Würzburger Innenstadt hat er seine Mutter verloren. Zwei Jahre ist das jetzt her, aber wie er sich fühlt, kann er kaum in Worte fassen. "Es ist ein Albtraum. Und jedes Mal, wenn ich aufwache, denke ich an alles, was passiert ist", sagt der 22-Jährige. Seine Mutter war einer der drei Menschen, die beim Messerangriff am 25. Juni 2021 ermordet wurden.

Elfjährige überlebt den Messerangriff - und verliert ihre Mutter

Seine kleine Schwester war damals dabei. Mit ihren elf Jahren hat sie alles miterlebt - und kam selbst ohne körperliche Verwundungen davon. Das Erlebte auch emotional zu überwinden sei nur als Familie möglich gewesen. "Sie ist ein sehr starkes Mädchen", sagt Andras Pataki. Er und Vater Eduardo waren während des Attentats in ihrer Heimat Brasilien, kamen aber umgehend nach Deutschland. "Meine Schwester ist in Brasilien aufgewachsen - dort ist Gewalt allgegenwärtig."

Augenzeugin: "Das wird mich mein Leben lang begleiten"

Eine, die von sich selbst sagt, sie habe "überlebt", ist Milena Zekovic. Sie war damals im Kaufhaus, hat den Angriff auf Andras' Mutter hautnah miterlebt. Immer wieder spielen sich diese Bilder in ihrem Kopf ab: "Ich denke immerzu an diese Frau. Das wird mich mein Leben lang begleiten." Am Jahrestag des Messerangriffs, am 25. Juni 2023, will sie deshalb einen Blumenkranz am Tatort niederlegen.

Andras und Vater Eduardo Pataki bei der Gedenkstele am Barbarossaplatz. Christiane Kerner vom Verein "Würzburg zeigt Herz" begleitet die Familie.
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Andras und Vater Eduardo Pataki bei der Gedenkstele am Barbarossaplatz. Christiane Kerner vom Verein "Würzburg zeigt Herz" begleitet die Familie.

350.000 Euro Spenden aus ganz Deutschland

Sich mit anderen vernetzt hat Zekovic bislang nicht. "Manche Menschen brauchen einfach Zeit. Irgendwann schaffen sie es dann, zu sagen: Ich war auch da und habe überlebt", sagt Christiane Kerner. Die Stadträtin ist Vorsitzende des Vereins "Würzburg zeigt Herz". Rund 350.000 Euro an Spenden kamen zusammen – aus der ganzes Bundesrepublik. Vielen spendeten zweckgebunden für die damals 11-jährige Schwester von Andras. Der Verein verwaltet das Geld auf einem eigenen Konto.

"Schulausflug, Weihnachtsgeschenk oder andere Bedürfnisse sollen damit erfüllt werden", erklärt Kerner. Wenn die heute 13-Jährige volljährig ist, erhält sie das, was dann noch übrig ist. Weil der psychisch kranke Mann an einem belebten Freitagnachmittag mehrfach zustach, sowohl im Kaufhaus als auch draußen, mussten sehr viele Menschen die Tat mit ansehen.

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Milena Zekovic war Augenzeugin des Messerangriffs am 25. Juni 2021 in der Würzburger Innenstadt.

Opfer können sich Hilfe bei Polizei holen

Kriminalitätsopfer, so heißt der Fachbegriff bei der Polizei. Dort gibt es eine eigene Stelle, die sich um deren Betreuung kümmert. Viele Betroffene konnten sie über das Hinweistelefon zurückrufen. Mit ein paar sind die Beamtinnen bis heute in Kontakt, unterstützen, wenn Fragen oder Hilfsbedarf aufkommen. "Vor allem begleiten wir die Menschen bei ihren Fragen und Bedürfnissen, vermitteln sie an Netzwerkpartner, etwa "Würzburg zeigt Herz"", erklärt Kriminalhauptkomissarin Nadine Holzmann. Finanzielle Unterstützung gibt es bei der Polizei allerdings nicht.

Trotz Unterstützung: Wie weitermachen?

Auch Andras und sein Vater Eduardo Pataki bekamen diese Unterstützung. Trotzdem: Der kleinen Familie fällt es schwer, hier Fuß zu fassen. "Nach dem Mord habe ich etwas von meiner Liebe zu Würzburg und auch zu vielen Regionen hier in Deutschland verloren", sagt Andras. Hier am Barbarossaplatz, wo Andras‘ Albtraum angefangen hat, steht mittlerweile eine Gedenktafel. Sie erinnert an die Ermordeten, die Verletzten und Traumatisierten.

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Beauftragte der Polizei für Kriminalitätsopfer: Nadine Holzmann und Nadine Weiß

Lautstarker Protest und Sitzblockade gegen AfD-Kundgebung

Zum zweiten Jahrestag waren mehrere Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen geplant. Mit Trillerpfeifen und lauten Rufen hat das Bündnis "Würzburg ist bunt" gegen eine Kundgebung der AfD Unterfranken und des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke protestiert. Wie das Polizeipräsidium Unterfranken auf epd-Anfrage mitteilte, waren rund 700 Menschen zu der Gegendemonstration auf den Unteren Markt gekommen. Mit einer Sitzblockade hinderten sie die etwa 60 Teilnehmer der AfD-Kundgebung zunächst daran, ihren Veranstaltungsort zu erreichen, sagte ein Polizeisprecher.

Schon im Vorfeld hatte das Bündnis "Würzburg ist bunt" betont, dass man den Jahrestag der "schrecklichen Gewalttat" am Barbarossaplatz der AfD nicht "für ihre rassistische Hetze" überlassen werde. Björn Höcke und die Thüringer AfD seien "nachgewiesen rechtsextrem und demokratiefeindlich", so das Bündnis, zu dem Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und andere gesellschaftliche Organisationen gehören.

Auch der Würzburger OB Christian Schuchardt hatte erklärt, dass "Demagogen ausdrücklich nicht willkommen" seien. Im Interview mit dem BR sagte er, dass jeder an diesem Tag still gedenken kann, eine Vereinnahmung und eine Uminterpretierung auf rassistische oder sonst wie ausgrenzende Tendenzen seien fehl am Platz. Schuchardt wies daraufhin, dass viele der Menschen, die versucht hatten, den Angreifer aufzuhalten, einen Migrationshintergrund haben.

Kranzniederlegung an Gedenkstele am Barbarossaplatz

Bereits am Vormittag hatte Würzburgs Zweiter Bürgermeister Martin Heilig (Grünen) mit einem stillen Gedenken an die Opfer der Messerattacke erinnert. An der Gedenkstele am Barbarossaplatz legte er im Beisein zahlreicher Bürgerinnen und Bürger zum Andenken an die drei damals getöteten Frauen und die zahlreichen weiteren Opfer einen Kranz nieder. Am Nachmittag luden die katholische und die evangelische Kirche gemeinsam zu einer Gedenkfeier in die Marienkapelle am Unteren Markt ein.

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