Die vier Angeklagten im "Böller-Prozess" zeigen sich vor dem Landgericht Augsburg geständig.
Bildrechte: BR/ Barbara Leinfelder

Die vier Angeklagten im "Böller-Prozess" zeigen sich vor dem Landgericht Augsburg geständig.

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Böller-Prozess in Augsburg: Alle Angeklagten räumen die Tat ein

Vor dem Augsburger Landgericht sind vier Männer angeklagt: Sie sollen bei einem Bundesligaspiel einen verbotenen Böller gezündet und mehrere Menschen verletzt haben. Die Angeklagten zeigten sich zum Prozessauftakt geständig und entschuldigten sich.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Mit einer Woche Verspätung hat am Montag der sogenannte Böllerwurf-Prozess vor dem Augsburger Landgericht begonnen. Auf der Anklagebank sitzen vier junge Männer aus dem Raum Göppingen, allesamt Fans der TSG Hoffenheim – und alle vier räumten gleich zu Prozessbeginn die Vorwürfe gegen sie weitgehend ein.

Sie sollen im November vergangenen Jahres verbotene Böller an den Kontrollen vorbei ins Augsburger Stadion geschmuggelt und im Gästeblock einen davon gezündet haben. 14 Menschen, darunter auch Kinder, waren damals verletzt worden.

Chatprotokolle: "Da wackelt Augsburg"

Der Staatsanwaltschaft liegen umfangreiche Chatprotokolle vor, in denen sich die vier Angeklagten austauschten und aus denen klar hervorgehe, dass sie um die Sprengwirkung der Böller wussten. In den Chats wurde auch detailliert besprochen, wie die Böller an den Eingangskontrollen vorbeigeschmuggelt werden könnten: Man könnte das ja auch in der "Rosette" mitnehmen oder "unter den Eiern in der Hose" ins Stadion bringen. "Da wackelt Augsburg", so lautet ein Auszug aus den Chats der Angeklagten, den die Staatsanwaltschaft im Saal vorlas.

Laut Staatsanwaltschaft hätten die Angeklagten Verletzungen von anderen Fans billigend in Kauf genommen. Auch die Ersatzspieler des FC Augsburg, die sich unmittelbar unter dem Gästeblock aufwärmten und in deren Richtung der Böller geworfen wurde, seien der Explosion schutzlos ausgeliefert gewesen. Dass sie nicht verletzt wurden, sei "dem Zufall geschuldet", sagte der Staatsanwalt.

Hauptangeklagter wollte "einen ordentlichen Knall" produzieren

Der 28 Jahre alte Hauptangeklagte ließ vor dem Augsburger Landgericht über seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. Er habe nur einen "ordentlichen Knall" produzieren und Aufmerksamkeit erregen wollen. Dass dabei Menschen und auch Kinder verletzt wurden, das habe er nicht gewollt und das tue ihm "von Herzen leid". Er wolle alles tun, um den Schaden wiedergutzumachen. Er habe sich vermummt, das gestand der 28-Jährige auf wiederholte Nachfrage des Richters ein. Erinnern könne er sich nicht mehr an alles, zum Zeitpunkt der Tat hatte er nach eigenen Angaben bereits sieben Bier getrunken.

Mitangeklagter entschuldigt sich für Böllerwurf

Der zweite Angeklagte, ebenfalls 28 Jahre alt, entschuldigte sich persönlich für seine Tat. Ihm sei nicht klar gewesen, was da passieren könne. "Böller haben absolut nichts im Stadion verloren, es tut mir leid, dass die Leute verletzt worden sind, das war nie meine Intention", sagte er. Er komme selbst aus einer kinderreichen Familie, das wünsche man niemandem. Der 28-Jährige wünschte den Geschädigten alles Gute: "Ich hoffe, Sie nehmen meine Entschuldigung an."

Böller verursacht einen "Höllenschlag"

Der dritte Angeklagte, ein 31-Jähriger, ließ über seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. Demnach habe ihm der Hauptangeklagte im Zug auf der Fahrt nach Augsburg zum Spiel gegen den FCA seine rund daumenlangen Kracher gezeigt, aber nichts weiter dazu gesagt. Er habe sich nichts weiter gedacht. Der Hauptangeklagte habe ihn später nach seinem Feuerzeug gefragt und er habe es ihm gegeben. Er habe dann aber gesehen, dass er keine Zigarette angezündet habe, sondern die Zündschnur eines Böllers. Er habe gedacht, dass es sich um eine Art Silvesterkracher handle, nicht, dass es gefährlich werden könnte. Dann aber hatte es einen "Höllenschlag" gegeben.

Hoffenheim-Hooligans sollen Böllerwurf abgelehnt haben

Der vierte Angeklagte (35) nahm persönlich Stellung, distanzierte sich von dem Geschehen und entschuldigte sich bei den Geschädigten. Er sei es gewesen, der im Chat geschrieben habe, dass Augsburg "wackeln" würde, das sei aber ironisch gemeint gewesen. Seinen Schilderungen zufolge suchte der Hauptangeklagte nach einem Werfer für den Böller. Von den Hoffenheimer Ultras habe er dabei eine Abfuhr bekommen, das aber wohl nicht akzeptieren wollen. "Aber über das Wort der Ultras geht man nicht", berichtete der 35-Jährige.

Er habe zum Hauptangeklagten gesagt, er solle den "Böller in den Müll schmeißen". Dass dieser den Böller trotzdem gezündet habe, sei ihm nicht recht gewesen. Er habe sich später auch an die Polizei gewandt. Er hätte sich noch im Stadion an die Ordner oder die Polizei wenden sollen, so der Angeklagte heute vor Gericht. Die Hoffenheimer Ultras hätten den Böllerwurf scharf verurteilt. Er habe Drohanrufe bekommen im Anschluss, berichtet der 35-Jährige: "Wir sind als Bastarde beschimpft worden und als Mörder".

Anklage: gefährliche Körperverletzung

Der 28-jährige Hauptangeklagte, der den Böller geworfen haben soll, sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft. Ihm wird die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und gefährliche Körperverletzung in 14 Fällen vorgeworfen, die anderen drei Angeklagten stehen wegen Beihilfe vor Gericht. Das Urteil wird für Mitte April erwartet.

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