Ein Felchen wird von einem Fischer auf dem Boot auf dem Bodensee begutachtet (Archivbild)
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Ein Felchen wird von einem Fischer auf dem Boot auf dem Bodensee begutachtet (Archivbild)

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Bodenseefischer wütend: "Lebensraum der Felchen zerstört"

Sie werden immer seltener im Bodensee: die Felchen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Um den Fischbestand wieder anzukurbeln, herrscht bald drei Jahre lang Schonzeit. Fischer haben für den Rückgang eine eigene These: Das Bodenseewasser sei zu sauber.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Mit dem 1. Januar 2024 soll am Bodensee eine drei Jahre dauernde Schonzeit für einen beliebten Speisefisch aus dem Bodensee beginnen: die Felchen. Beschlossen hat das am Mittwoch die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF). Der Einsatz von bestimmten Netzen und Angelhaken wird dafür eingeschränkt.

Bodenseefischer beklagt zerstörten Lebensraum

Verständnislos reagiert einer, den es trifft: Roland Stohr, Vorsitzender der Bayerischen Berufsfischer. Dass die für ihn und seine Kollegen wichtigen Fische geschont werden müssen, liegt aus seiner Sicht vor allem am Wasser im See. Seit den 1980er Jahren ist der See durch Kläranlagen immer reiner und damit auch nährstoffarmer geworden.

Stohr beklagt: "Die einzig wirklich helfende Strategie ist, dass sich der Gewässerschutz nicht nur immer auf die Schultern klopft und sagt, wir haben hier alles toll gemacht, sondern, dass sie einfach anerkennen, wir haben übertrieben. Die haben mit der übertriebenen Reinigungspolitik den Lebensraum der Felchen zerstört." Früher hätten die Bodenseefischer die Felchen als "Brotfisch" bezeichnet. Das sei heute nicht mehr der Fall, denn Felchen seien schon seit längerer Zeit kaum noch im Netz, jetzt gebe es aber auch viel weniger Beifang, wie etwa Rotaugen.

Quagga-Muschel und Stichling machen Felchen Konkurrenz

Um den Felchen zu helfen, konzentriert sich die Fischereikonferenz unterdessen auf eingeschleppte Arten, die dem Speisefisch das Leben schwer machen: Die Quagga-Muschel breitet sich rasant aus und nimmt den Felchen die Nahrung weg. Auch Stichlinge haben sich im Bodensee vermehrt. Sie sind ebenfalls ein Futterkonkurrent der Felchen, aber nicht nur das: Die Stichlinge fressen den Laich der Felchen und dezimieren so deren Population im Bodensee.

Um die Felchen zu schützen, sollen deshalb künftig mehr Stichlinge gefangen werden – als Speisefisch eignen sich diese "Stachelflosser" aber nicht. Gleichzeitig soll möglichst viel Felchen-Laich gewonnen werden, der dann in Brutanstalten aufgezogen werden kann. Nächsten Frühling sollen größere Jungfische ausgesetzt werden, als es bisher der Fall war, um ihnen so bessere Startmöglichkeiten im See zu geben.

Gegenwind vom Bodenseefischer

Bodenseefischer Stohr überzeugen die Maßnahmen nicht. Der Klimawandel spiele vielleicht eine Rolle, auch die Quagga-Muschel und die Stichlinge, sagte der Berufsfischer dem BR. Das sei aber immer nur der I-Punkt. Stohr ist überzeugt: "Die Grundursache ist die fehlende Nahrung. Ohne Nahrung kein Wachstum, ohne Wachstum keine laichreifen Fische, ohne laichreife Fische kein Nachwuchs."

Fangmenge bei Felchen massiv zurückgegangen

64 Berufsfischer gibt es am Bodensee noch. Seit etlichen Jahren fangen sie immer weniger Felchen. Laut IBKF waren es vergangenes Jahr lediglich noch 21 Tonnen und damit 89 Prozent unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre. Die Kormorane am Bodensee fressen mehr als diese Menge. Auch für ein Management dieser schwarzen Vögel spricht sich die Bodenseefischereikonferenz deshalb aus.

Sie gehören zum Bodensee wie der Karpfen zur Oberpfalz: Felchen sind von den Speisekarten am Schwäbischen Meer nicht wegzudenken. Ab Januar soll aber jetzt drei Jahre lang eine Schonzeit gelten.
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Sie gehören zum Bodensee wie der Karpfen zur Oberpfalz: Felchen sind von den Speisekarten am Schwäbischen Meer nicht wegzudenken.

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