Für die Hoteliers im Berchtesgadener Land sind die drastischen Maßnahmen eine "Katastrophe".
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Für die Hoteliers im Berchtesgadener Land sind die drastischen Maßnahmen eine "Katastrophe".

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Berchtesgadener Land: 2.500 Urlauber müssen abreisen

Die Ausgangsbeschränkungen treffen auch die Hotels im Landkreis hart. Geschätzt machen derzeit rund 2.500 Gäste dort Urlaub. Sie alle müssen abreisen. Bei Corona-Tests für die Abreisenden setzt die Staatsregierung auf Eigenverantwortung.

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Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

"Es ist eine absolute Katastrophe für uns", sagt die Inhaberin des Alpenhotels Fischer in Berchtesgaden über die Ausgangsbeschränkungen, die ab heute Mittag im Berchtesgadener Land gelten. Aufgrund derer muss auch sie nun ihre Gäste wegschicken. Nach Schätzung der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH machen derzeit rund 2.500 Menschen Urlaub in der Region. Sie alle müssen heute ihre Koffer packen.

Urlauber reisen wohl größtenteils ungetestet ab

Ein Corona-Test ist für diese Urlauber vor ihrer Rückkehr in ihre Heimatorte nicht geplant: Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte in München, es liege in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet zu überlegen, "wo er überall war", und sich dann auch "durchaus sicherheitshalber selber testen zu lassen".

Florian Herrmann, Leiter der bayerischen Staatskanzlei
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Florian Herrmann, Leiter der bayerischen Staatskanzlei

Großteils Verständnis bei den Urlaubern

Laut einer Sprecherin der "Berchtesgadener Land Tourismus GmbH" zeigen die Gäste größtenteils Verständnis und hätten Mitgefühl mit den Hoteliers. Der Gast müsse keine Stornierung zahlen. Alle Gastgeber hoffen, dass sie - wie vom Landrat in Aussicht gestellt - in 14 Tagen wieder öffnen können.

Wichtig für die Hotellerie sei es, so die Sprecherin des Tourismusverbandes, schnell zu wissen, an welchem Stichtag entschieden wird, ob die Betriebe ihre Hotels und Pensionen wieder öffnen können. Momentan gelten die Einschränkungen bis einschließlich 2. November, 24:00 Uhr.

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"Katastrophe" für Hoteliers - Lockdown nicht nachvollziehbar

Die Inhaberin des Alpenhotels Fischer ist erschüttert über den erneuten Lockdown. Sie habe in der letzten Nacht nicht gut geschlafen, berichtet Inge Wenig dem Bayerischen Rundfunk. Es rege sie wahnsinnig auf, dass sie den Hotelgästen sagen müsse, dass diese nun abreisen müssten.

Sie könne das in der Form auch "überhaupt nicht nachvollziehen". Es habe in Deutschland über den Sommer, seit der erste Lockdown aufgehoben war, nicht eine Infektion aus einem Hotel- oder Gastronomiebetrieb gegeben und trotzdem müssten jetzt die Gäste innerhalb von nicht mehr als 24 Stunden abreisen. "Das finde ich nicht in Ordnung", so Inge Wenig.

Gerade erholt von Kurzarbeit im Frühjahr

"Unsere Mitarbeiter gehen von heute auf morgen zu 100 Prozent in Kurzarbeit", so die Hotelinhaberin weiter. Das sei nach dem harten Frühling, in dem sie bereits zweieinhalb Monate in Kurzarbeit waren, nicht einfach, die Mitarbeiter nun wieder in Kurzarbeit zu schicken. Für sie ist es kein Trost, dass die Regeln im November vielleicht wieder gelockert werden können. "Da sind in Berchtesgaden in der Regel ohnehin sehr viele Hotels geschlossen, weil dann keine Saison mehr ist."

Lockdown zu kurzfristig verkündet

Michael Wenig, der Sohn der Hotelbesitzerin, ist verärgert darüber, dass man nicht einmal 24 Stunden Vorlauf gehabt habe, um die Gäste nach Hause zu schicken. Man habe noch verderbliche Ware aus dem Restaurant auf Lager, die man jetzt nicht mehr verwerten könne.

"Ich finde es einen absoluten Wahnsinn, was hier passiert. Es ist eine Katastrophe für uns. Wir haben einen Schaden von, ich würde mal sagen, mehreren Tausend Euro. Ob uns das ersetzt wird, wissen wir nicht. Ich gehe nicht davon aus. Es wird halt viel agiert und wenig nachgedacht."

Dehoga fordert schnelle Hilfe für die Betriebe

Unterstützung kommt vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Präsidentin Angela Inselkammer sagte: "Wir verstehen nicht, warum es zu einer Zwangsschließung aller Beherbergungsbetriebe von jetzt auf gleich kommen muss". Die Hotels verfügten über Hygienekonzepte, die Gäste hielten sich in separaten Wohneinheiten auf und seien registriert. "Um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden, wäre es sicher zielführender, die Gäste in den Betrieben wohnen zu lassen und sie vor Abreise zu testen."

Die Maßnahmen seien ein "tiefer und schmerzhafter Schlag für unsere mehr als gebeutelte Hotellerie und Gastronomie", sagte Inselkammer. Sie hoffe, dass durch die lokal und zeitlich eng begrenzte Maßnahme ein weiträumiger Lockdown verhindert werden könne. Zudem forderte die Dehoga-Präsidentin schnelle Hilfen für die betroffenen Betriebe. "Die gastgewerblichen Umsätze werden für zwei Wochen bei null liegen – das wird kein Betrieb mehr durchstehen."

Bürgerinnen und Bürger zeigen Verständnis für Maßnahmen

Ein Blick in die Grenzstadt Freilassing. Die Menschen, die dort in der Fußgängerzone unterwegs sind, tragen fast alle einen Mund-Nasen-Schutz und haben für die Ausgangsbeschränkungen großteils Verständnis.

Sie ärgern sich, dass vor allem junge Menschen sich in der Stadt nicht an die Allgemeinverfügung gehalten und auch Party gemacht hätten, ohne auf die Personenzahl zu achten. Erst am Wochenende wurde in einer Shisha-Bar eine Party mit viel zu vielen Menschen veranstaltet, die die Polizei auflösen musste.

Das gilt ab Dienstag 14 Uhr:

Im Berchtesgadener Land dürfen die Menschen ab Dienstag 14 Uhr ihre Wohnung nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Solche Gründe sind beispielsweise der Weg zur Arbeit, Einkäufe oder Sport im Freien. Dies aber nur alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstand.

Schulen und Kitas müssen schließen, Restaurants dürfen Essen nur noch zum Mitnehmen anbieten. Die bayernweit ersten Ausgangsbeschränkungen seit Monaten gelten vorerst für 14 Tage, bis einschließlich 2. November, 24:00 Uhr.

BR-Korrespondent Martin Breitkopf
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BR-Korrespondent Martin Breitkopf

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