Florian von Brunn: Vor dem Parteitag hofft der SPD-Landeschef auf ein paar Prozentpunkte mehr, als bei der letzten Landtagswahl
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Florian von Brunn: Vor dem Parteitag hofft der SPD-Landeschef auf ein paar Prozentpunkte mehr, als bei der letzten Landtagswahl

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Bayern-SPD zweifelt an Wahlziel "15 plus X"

"Bezahlbares Bayern - mit sozialer Politik für Dich" lautet der Titel des Programms mit dem die SPD in den Wahlkampf zieht. Sie will Tempo machen bei Energie-, Wohn- und Mobilitätswende. Vom Wahlziel "15 plus X" hat man sich indes verabschiedet.

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"Regierungsprogramm" heißt es offiziell, das Wahlprogramm, das die Bayern-SPD an diesem Wochenende bei ihrem Parteitag in Augsburg wohl verabschieden wird. Es geht um die Inhalte, die die Sozialdemokraten nach der Wahl gerne umsetzen würden, sollten sie Teil der Staatsregierung sein.

Bayern-SPD: Ausgangslage wegen Bundespolitik schwierig

Das allerdings ist mehr als fraglich - auch wenn Spitzenkandidat Florian von Brunn immer wieder davon spricht "Verantwortung übernehmen" zu wollen. Gleichzeitig erklärte er in diese Woche vor Journalisten, er sei "ja auch Realist". Dass er "den Scholz machen" und aus aussichtsloser Position überraschend Regierungschef in einer Art bayerischer Ampel werden könnte, daran glaubt er selbst inzwischen nicht mehr. Die Frage, ob denn die Bundes-SPD und speziell die Scholz-Regierung sogar eine Belastung für die SPD im Freistaat sei, verneint von Brunn. Er betont auch die Unterstützung der Bundesprominenz. Beim Parteitag wird Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil am Sonntag zu den Delegierten sprechen, Bundeskanzler Olaf Scholz und Parteichef Lars Klingbeil haben zudem mehrere Bayern-Besuche vor der Landtagswahl angekündigt. Allerdings spricht von Brunn auch davon, dass es "die schwierigsten Zeiten seit Adenauer" für eine Bundesregierung seien. Die Bayern-SPD werden natürlich "in Mithaftung" für umstrittene politische Entscheidungen in Berlin genommen. Die Euphorie nach der letzten Bundestagswahl - sie ist längst verflogen.

Wahlziel: "ein paar Prozentpunkte mehr" statt "15 plus X"

Auf Platz zwei oder drei - auf jeden Fall vor der AfD - zu liegen das ist das Ziel von Brunns für den Wahlabend - am 8. Oktober. Und: "Ein paar Prozentpunkte mehr" als bei der Landtagswahl 2018 sollen es schon werden. Da schloss seine Partei unter Führung von Natascha Kohnen historisch schwach ab: blieb einstellig mit 9,7 Prozent. Eine gewisse Verunsicherung ist von Brunn vor dem Parteitag und dem langsam an Tempo aufnehmenden Wahlkampf anzumerken: Sprach er vor einem halben Jahr noch selbstbewusst von "15 Prozent plus X", die er erreichen wolle, so bleibt der SPD-Landeschef jetzt auf mehrfache Nachfrage im Vagen. Denn von Brunn weiß: als Spitzenkandidat wird er sich messen lassen müssen an solchen Zielen.

Programm für ein "bezahlbares Bayern"

Überzeugen wollen er und seine SPD nun mit einem "bezahlbaren Bayern" für alle. Das Leben im Freistaat können sich viele Menschen längst nicht mehr leisten, konstatiert von Brunn. Schuld daran ist ihm zufolge die Söder-Regierung, die "wegschaut" oder "mit dem Finger auf andere zeigt". Wichtige Entscheidungen für die Zukunft der Menschen und der Wirtschaft in Bayern seien "verschlafen" worden. Die Bayern-SPD hat da im Wesentlichen drei Politikfelder ausgemacht, in denen sie gegensteuern will: bei der Energie, dem Wohnen und der Mobilität. Da brauche es nun "ein Bayerntempo" - so das Schlagwort, das das Wahlprogramm durchzieht.

Mobilität: Bayerisches 29-Euro-Ticket für alle

Nachbessern will von Brunn ausgerechnet bei einem Ampel-Prestigeprojekt: Zusätzlich zum Deutschlandticket für 49 Euro pro Monat will die SPD ein 29-Euro-Ticket für den Regionalverkehr in Bayern - die Kinder sollen hier - anders als beim deutschlandticket - kostenlos mitfahren dürfen. Um die Attraktivität des ÖPNV zu stärken will die SPD alte Bahnstrecken ertüchtigen und den Kommunen mehr Geld für den Ausbau des ÖPNV zuweisen. Als "Industriepartei" stehe die SPD aber auch an der Seite der Automobilindustrie, so von Brunn. Man setze deshalb auf "das bayerische Auto der Zukunft" als "Vorreiter für Umweltfreundlichkeit". Der Antrieb, so von Brunn, sei klar "elektrisch".

Energie: mit Geothermie aus der Heizungstausch-Misere

Einen "Turbo" zünden will die SPD für "bezahlbare Energie". Seit Monaten wirbt von Brunn bereits für den Ausbau der Geothermie in Bayern. Da vielen Kommunen die hohen Investitionskosten in die auf lange Sicht eigentlich preisgünstige Energie nicht stemmen können, will die SPD 150 Millionen Euro dafür ausgeben. Das sei "billiger" als nur auf den Heizungstausch zu setzen. Das vor allem vom Grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck forcierte und zuletzt sehr umstrittene Projekt, wolle man sozial abfedern. Die Bayern-SPD sieht in ihrem Wahlprogramm vor den Menschen mit noch einmal 100 Millionen Euro beim Heizungstausch "unter die Arme zu greifen".

Wohnen: Balanceakt für die SPD

Ein Balanceakt könnte das Thema "Wohnen" für die Bayern-SPD im Wahlkampf werden. Es ist eines ihrer Top-Themen, gleichwohl bleibt Bundesbauministerin Klara Geywitz von der SPD gerade hinter den selbst gesteckten Zielen beim Wohnungsbau zurück. Das bietet Angriffsflächen im Landtagswahlkampf.

Spitzenkandidat Florian von Brunn glaubt trotzdem daran, dass das Thema bei den Wählerinnen und Wählern verfängt. Gerade auch vor dem Hintergrund der Misere um Markus Söders nicht eingehaltenes Wohnungsbauversprechen rund um die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim.

Von Brunns Ideen neben der "Wohnungsmilliarde für die Wohnbauförderung", die er bereitstellen will, sind eine "Baulandsteuer" - also die Grundsteuer C - die auf nicht bebaute Grundstücke erhoben werden soll und ein "landeseigener sozialer Bodenfonds", um die Kommunen dabei zu unterstützen ihr Vorkaufsrecht auszuüben.

Kann sich der Staat das Bayerntempo der SPD leisten?

Das "Bayerntempo" der SPD würde angesichts der zusätzlichen Milliarden-Investitionen viel Geld kosten. Mit Schulden kann auch von Brunn nicht kalkulieren. Die Schuldenbremse steht in der Verfassung. Die SPD setzt auf höhere Steuereinnahmen durch einen "Konjunkturimpuls" sowie einen stärkeren Steuervollzug. Auch kann sich von Brunn vorstellen, Geld aus den Rücklagen des Freistaats nehmen. Die allerdings sind in den vergangenen Jahren schon von acht auf gut zwei Milliarden Euro geschmolzen. Kein dickes Polster also.

Neue Generalsekretäre sollen bestätigt werden

Auf dem Parteitag sollen auch die beiden neuen Generalsekretäre, Ruth Müller aus Landshut und ihr Vize Nasser Ahmed aus Nürnberg von den Delegierten im Amt bestätigt werden. Sie waren nach dem Rücktritt von Arif Tasdelen wegen dem Vorwurf, er habe sich gegenüber Jungsozialistinnen unangemessen verhalten, vom Parteivorstand kommissarisch eingesetzt worden. Beide waren in den vergangenen Monaten nach außen nicht besonders in Erscheinung getreten. Parteichef von Brunn lobte im Vorfeld des Parteitags das Wirken Müllers und Ahmeds in die Partei hinein. Alle wichtigen Termine versucht von Brunn selbst zu besetzen, um im Freistaat bekannter zu werden. Der SPD-Landeschef lobte im Vorfeld des Parteitags das Wirken Müllers und Ahmeds in die Partei hinein. Die beiden hätten maßgeblich am Wahlprogramm mitgearbeitet.

Die jüngsten Differenzen wegen des Falls Tasdelen mit den Jusos wollte von Brunn nicht überbewerten. Er rechnet mit deren Unterstützung im Wahlkampf. Die Jusos seien traditionell das "kritische linke Gewissen" seiner Partei.

Im Video: SPD will Tempo machen bei Energie-, Wohn- und Mobilitätswende

Ein Parteimitglied schwenkt beim Politischen Aschermittwoch im Wolferstetter Keller während der Rede von SPD Landeschef von Bayern Florian von Brunn eine SPD Fahne.
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SPD-Fahne

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