Eine Schulklasse und eine Pädagogin im Schullandheim Bauersberg
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Es herrscht wieder reges Treiben am Bauersberg. Die ersten Klassen sind da - nach der Schließung und dem Verkauf des Schullandheims.

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Bauersberg: Warum eine Bank ein Schullandheim kauft

Die Stadt Schweinfurt hat das Schullandheim am Bauersberg in der Rhön an eine Sparkasse verkauft und damit die Zukunft der Einrichtung gesichert: Die Angestellten behalten ihre Arbeitsplätze, die Schulen buchen fleißig – und die Bank kassiert Miete.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Eigentlich sah es so aus, als würden die Lichter im Schullandheim Bauersberg in der Rhön ausgehen. Nun haben 40 aufgeregte Mädchen und Jungen die Stockbetten in den Zimmern dort belegt. Sie kommen aus einer dritten und einer vierten Klasse der Grundschule Haßfurt und verbringen eine Woche dort. Dieter Köstler, der Leiter des Schullandheims Bauersberg, und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind einfach erleichtert, dass es nun doch weitergeht.

Immer weniger Schullandheime in Bayern

Schon seit Jahren geht es den bayerischen Schullandheimen immer schlechter. Nach Angaben des Bayerischen Schullandheimwerks hat in den letzten 20 Jahren jedes fünfte Haus dicht gemacht. Von ursprünglich 36 Schullandheimen sind nur noch 28 übrig geblieben, vor zehn Jahren waren es noch 32. Das liegt laut Schullandheimwerk auch daran, dass es mehr Konkurrenz auf dem "Klassenfahrt-Markt" durch kommerzielle Anbieter gibt, die Gruppenunterkünfte für Schulklassen anbieten.

Teilweise sind es auch einzelne Träger wie etwa Kommunen, die sich vor allem aus finanziellen Erwägungen von ihren Häusern trennen, eben so wie die Stadt Schweinfurt vom Schullandheim Bauersberg oder die Schullandheime Tannhausen und Zusamzell, die sich vor wenigen Jahren noch Trägerschaft der Stadt Augsburg befanden.

Bank hat Schullandheim doch noch gerettet

Auch die Stadt Schweinfurt als Eigentümerin wollte den Laden eigentlich zum Jahreswechsel dicht machen. Der Betreiber, die gemeinnützige Schullandheim Hobbach-Bauersberg gGmbH, musste alle Buchungen von Schulen annullieren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Doch dann fand sich mit der Sparkasse Bad Neustadt eine kurzfristige Käuferin.

Der Kauf sei für die Bank "perspektivisch nicht nur ein soziales Projekt", sagt deren Vorstandsvorsitzender Georg Straub. "Wir sehen das auch als wirtschaftliches Thema, wo kein Geld verloren wird, sondern ein Gewinner-Gewinner-Modell entsteht."

Umweltbildung für Generationen von Schülern

1956 hatte die Stadt Schweinfurt das Schullandheim am Bauersberg gebaut. Mit dem Gedanken, Kindern- und Jugendlichen mal einen anderen Blick zu ermöglichen. In der Natur, zum Wandern oder im Winter bei Schnee zum Rodeln oder Langlaufen zu gehen. Ganze unterfränkische Generationen von Schülerinnen und Schülern haben bleibende Erinnerungen an die Einrichtung oberhalb von Bischofsheim in der Rhön.

Auf dem weitläufigen Gelände mit seinen unterschiedlichen Lernräumen ist auch die erste "Wasserschule" der Regierung von Unterfranken angesiedelt. Kinder und Jugendliche lernen hier unter anderem, wie der Wasserkreislauf funktioniert und wie man verantwortungsvoll mit Wasser umgeht. Für Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann gilt das Schullandheim seit jeher als "überragender Ort der Umweltbildung".

Stadt Schweinfurt sah Schullandheim als finanzielle Belastung

Die Stadt Schweinfurt jedoch sah das Schullandheim zuletzt nur noch als finanzielle Belastung – und das obwohl ein Viertel der Buchungen von Schweinfurter Schulen kommt und der Landkreis Rhön-Grabfeld zugesagt hat, dass der Stadt für dieses Jahr keine Kosten entstehen würden. Die Schweinfurter Stadtverwaltung wollte das Schullandheim schon lange abstoßen.

Die Stadt Bischofsheim erklärte ihr Interesse, das Schullandheim zu kaufen. Weil es aber keine sicheren finanziellen Förderzusagen von Land und Bund für nötige Sanierungen – unter anderem in den Brandschutz – gab, musste die Kommune den geplanten Kauf wieder absagen.

Knapp 9.000 Unterschriften für Erhalt

Im Dezember dann der Schock: Die Stadt Schweinfurt entzog die Genehmigung zum Betrieb des Schullandheims. Knapp ein Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekamen ihre Kündigungen. Die Buchungen für die Schulen mussten auf einen Schlag storniert werden.

Das Schicksal des beliebten Schullandheims machte regionale Schlagzeilen. Binnen kurzer Zeit wurde eine Online-Petition zum Erhalt des Schullandheims Bauersberg gestartet: 8.944 Menschen unterstützten die Aktion.

"Weihnachtswunder" drei Tage vor Heiligabend

Am 21. Dezember kam die überraschende Wendung: Die Sparkasse Bad Neustadt teilte mit, das Schullandheim kaufen zu wollen. Für ein Kreditinstitut ein auf den ersten Blick ungewöhnlicher Schritt. Vielleicht traf es sich dabei ganz gut, dass Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann nicht nur den Umweltbildungsauftrag des Schullandheims so hochhält.

Denn er ist auch Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse und witterte eine gute Geschäftsidee: "Wir haben in der zinsarmen Zeit immer wieder gesehen, wie sich Banken neu orientieren. Immobiliengeschäfte sind für Banken insgesamt ein ganz neues Geschäftsfeld geworden." Deshalb habe man sich entschlossen, diese beiden Aspekte – die Verantwortung für die Region als einheimisches Bankeninstitut und das neue Standbein im Immobilienbereich – zusammen zu führen, unter dem Motto: "Jawohl, wir können da etwas Gutes für die Region tun. Gleichzeitig aber auch perspektivisch, mittelfristig unser Geschäftsmodell bei der Sparkasse weiterbetreiben."

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Das Schullandheim Bauersberg hat eine neue Eigentümerin: Die Sparkasse Bad Neustadt

Push für soziale Kompetenz

Für die Haßfurter Grundschullehrerin Christine Linder ist die Einrichtung großartig. "Der Bauersberg ist insofern wichtig, weil die Kinder im Schullandheim eine andere Seite von den Lehrern kennenlernen und wir die Kinder auch noch einmal ganz anders kennenlernen. Wir wachsen zusammen, es ist für die Kinder ein unvergessliches Erlebnis. Das können die in 20 Jahren noch erzählen", sagt sie und lacht.

Ihre Kollegin Elke Müller kennt das Schullandheim schon seit vielen Jahren. "Wir erleben sehr oft, dass Kinder hier aufblühen oder ganz andere Talente zeigen als in der Schule und dass sich auch die Gemeinschaft verändert, wenn die Kinder auch die Freizeit miteinander verbringen."

Bank will Schullandheim Bauersberg weiterentwickeln

Die Sparkasse Bad Neustadt denkt darüber nach, auf dem weitläufigen Schullandheim-Gelände zusätzliche Gebäude zu errichten, auch um die Belegungsquote zu erhöhen. In den Schulferien nämlich gibt es bislang keine Buchungen. "Der Charme und der Charakter des Bauersbergs soll aber auch nach der Weiterentwicklung erhalten bleiben", sagt der Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Georg Straub. Anfang 2025 sollen erste Planungen vorliegen.

Das Schullandheim Bauersberg liegt mitten im Biosphärenreservat und Naturpark Rhön. Bis zu 100 Schülerinnen und Schüler finden in drei verschiedenen Häusern Platz. Das Schullandheim wurde auch von außerschulischen Gruppen gebucht. In den Vor-Corona-Jahren zählte der Bauersberg jährlich um die 12.000 Übernachtungen. Im vergangenen Jahr waren es 10.000 Übernachtungen.

Keine Schulklassen während Corona-Pandemie

Die Belegungszahlen haben unter der Corona-Pandemie schwer gelitten. Laut Bayerischem Schullandheimwerk spüren die meisten Schullandheime noch immer die Nachwirkungen der Pandemie. Vor allem durch die derzeitige Inflation, durch allgemeine Preissteigerungen und Personalmangel seien viele Häusern weiterhin erheblich belastet. Auch seien die Investitionsstaus, die während Corona entstanden sind, noch nicht behoben.

Trotz Krise kein Auslaufmodell

Erfreulich sei jedoch, dass immer mehr Schullandheime wieder die Belegungszahlen vor der Pandemie erreichen oder sich zumindest annähern. Das zeigte sich besonders im Jahr 2022, als klar wurde, dass Schullandheimaufenthalte wieder ohne pandemiebedingte Einschränkungen möglich sind. Es setzte ein regelrechter "Run" auf die Termine ein, so das Bayerische Schullandheimwerk. Das zeige, dass Schullandheime kein Auslaufmodell seien. Dennoch hätten manche Häuser weiterhin große Existenzsorgen, wie etwa das Schullandheimwerk Mittelfranken, das mit seiner ehrenamtlich tätigen Vorstandschaft vier Häuser betreibt.

So finanzieren sich die bayerischen Schullandheime

Träger und damit für den Betrieb der Schullandheime verantwortlich sind Vereine, Bildungseinrichtungen, Kommunen, Landkreise und die Kirche. In erster Linie finanzieren sich die Häuser durch die Belegungseinnahmen. Zuschüsse gibt es vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (für Investitionsmaßnahmen), von Kommunen oder von Stiftungen. Steht ein Schullandheim unter Trägerschaft von Kommunen oder Kirchen, ist die Finanzierung durch deren Haushalte gesichert. Mitgliedsbeiträge und Spenden spielen dabei nur eine geringe Rolle.

Nach dem Schreck: Erste Schulklassen angekommen

In der Rhön ist die Erleichterung jedenfalls groß. So können in dieser Woche die frisch angereisten 40 Kinder aus Haßfurt eine Woche im Schullandheim Bauersberg verbringen. Die beiden Köchinnen Jaqueline Fuß und Jaqueline Vogt umsorgen die Mädchen und Jungen. Bergeweise Paprika schneiden sie gerade für das Mittagessen, in großen Töpfen kochen sie Tee.

Immer wieder sind sie auch wichtige Seelentröster: "Heimweh hatten wir auch schon. Einmal hatte ein Kind nach Kamillentee gefragt, weil das hilft bei ihm bei Heimweh, und den haben wir gekocht. Und dann ging es wieder besser", sagen die beiden Jaquelines und schmunzeln.

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