Firmenchef Manfred Rücker steht neben einem Mitarbeiter in der Werkstatt.
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Firmenchef Manfred Rücker (r.) steht neben einem Mitarbeiter in der Werkstatt.

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Speisewagen: Bahnküchen aus Viechtach für die weite Welt

In den meisten Fernzügen gibt es einen Speisewagen mit Küche. Ein großer Hersteller für diese Spezialküchen sitzt in Niederbayern: "Stahl-Bahnküchentechnik" ist eine von weltweit nur sechs Firmen dieser Art.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Eine Küche in einen Bahnwaggon einzubauen, ist nicht so einfach. Der Platz ist begrenzt. Trotzdem soll so viel wie möglich rein, von der Gastro-Kaffeemaschine über die Kühlung bis zu Kombidämpfern, Mikrowelle und viel Stauraum für das Geschirr. Jeder Waggon und jeder Auftrag ist dabei anders.

Bahnküchen sind Tüftelarbeit

Mindestens zwei Jahre lang tüftelt das niederbayerische Unternehmen "Stahl-Bahnküchentechnik" aus Viechtach am Entwurf für eine neue Bahnküche.

"Ich sage immer: Jetzt wollen sie wieder einen Elefanten in einen Hasenstall sperren. Wir haben ja in einem Bahnwaggon immer wenig Platz, aber haben wollen sie meistens alles." Marina Achatz, Konstruktionsleiterin bei Stahl-Bahnküchentechnik

In einem Zug muss außerdem alles sicher am Boden befestigt und verschraubt sein. Die Türen brauchen stabile Schlösser und zusätzliche Sicherungen, damit sie sich nicht während der Fahrt plötzlich ungewollt öffnen. Die Geräte kommen beim TÜV auf einen "Rüttel-Schüttel-Tisch", erzählt Firmenchef Manfred Rücker, wo sie getestet werden. Alles muss außerdem die Brandschutzauflagen erfüllen, die bei Zügen besonders streng sind.

Für Bahnküchen gibt es praktisch nichts von der Stange. Alles wird auf Maß einzeln entworfen und auch angefertigt, meistens aus Edelstahl, aus Aluminium oder aus speziellen Mineralwerkstoffen. Manches muss das Unternehmen noch extra austüfteln, zum Beispiel einen Edelstahl-Mini-Kühlschrank, in dem immer genau ein Liter geöffnete Milch für die Kaffeemaschine kippsicher kühl gehalten wird.

Aufträge aus Kanada und den USA

Momentan arbeitet das Unternehmen einen Großauftrag für die kanadische Bahn ab. Der nächste Großauftrag für amerikanische Amtrak-Züge ist auch schon da. Der Trend geht generell wieder zu aufwendigeren Küchen, beobachtet der Viechtacher Firmenchef. Die amerikanische Regierung unter Biden will aus Klimaschutzgründen mehr Menschen vom Flugzeug auf die Bahn bringen.

Außerdem wollen Pendler im Zug möglichst viel "erledigen", auch ein gutes Frühstück oder Abendessen: "Stichwort Work-Life-Balance – jeder will am Abend, wenn er vielleicht eine Stunde mit dem Zug heimreist, möglichst auch noch ein Kino drin haben oder was weiß ich noch alles. Und jeder will seinen guten Cappuccino schlürfen", erklärt Firmenchef Manfred Rücker.

Unternehmen wurde 2015 in Viechtach gegründet

Rücker stammt aus dem Gemeindebereich Prackenbach, ist also ein gebürtiger Niederbayer. Der Metallbau-Schlossermeister hat jahrelang bei einem Gastro- und Bahnküchenhersteller in Viechtach gearbeitet. 2015 hat er sich dann nur mit Bahnküchen und eigener Firma selbstständig gemacht und bald das Vertrauen des Zugherstellers Siemens gewonnen. Heute gehört er zu den insgesamt nur sechs großen Bahnküchenherstellern, die es weltweit gibt.

Wenn die Küchen in Viechtach fertig gebaut sind, kommen sie oft in große Container und werden per Schiff zu den Kunden gebracht. Die Werkstatt in Viechtach ist inzwischen zu klein. Deshalb baut das Unternehmen für mehrere Millionen Euro jetzt ein neues Firmengebäude im benachbarten Geiersthal.

Fachpersonal immer schwerer zu bekommen

Rund 25 Beschäftigte hat die Spezialfirma, von technischen Zeichnern bis zu Schweißern und Metall-Facharbeitern. Sie müssen alle sehr exakt arbeiten. "Ein Millimeter ist schon großzügig", erzählt ein Facharbeiter, "wir arbeiten teilweise eher im Zehntelbereich", denn die fertige Küche muss hinterher perfekt in den Waggon des Kunden passen. Das meiste wird einzeln in Viechtach gebaut, manche Teile auch bei anderen Firmen in ganz Deutschland, die dann zuliefern.

Gutes Personal zu bekommen, werde immer schwieriger. Rund ein Drittel der Facharbeiter bei "Bahn-Stahlküchentechnik" kommt aus dem benachbarten Tschechien. Auch einen Geflüchteten hat die Firma erfolgreich ausgebildet und beschäftigt ihn nun.

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