Anschluss beim Bad in Kaufering, wo der Wärmecontainer getauscht wird.
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Anschluss beim Bad in Kaufering, wo der Wärmecontainer getauscht wird.

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Alternatives Heizen durch Industrie-Abwärme in Landsberg

Der Ukraine-Krieg und der Klimawandel drängen uns zur Energiewende. In Landsberg am Lech hat eine Firma ein System entwickelt, um Abwärme aus der Industrie zu nutzen und weiterzutransportieren. Sie beklagt mangelnde Unterstützung durch die Politik.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die swilar eetec GmbH aus Landsberg am Lech entwickelt mobile Speicher für Abwärme aus Kraftwerken und Industrieanlagen – und beklagt mangelnde Unterstützung der Politik. Die Technologie, bei der ungenutzte Wärme etwa aus der Stromerzeugung in einer Biogasanlage zum Heizen eines Schwimmbads genutzt wird, könne einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, sagt Projektentwickler Lukas Bayer. "Hackschnitzelheizungen, Pellet-Kraftwerke oder Wärmepumpen" würden vom Bund gefördert, Abwärme nicht. Man fordere "gleiche Wettbewerbsbedingungen unter erneuerbaren Energiequellen" – zumal die Nutzung von Wärme, die heute meist nur in die Luft geblasen werde, besonders klimafreundlich sei.

Bundeswirtschaftsministerium prüft Förderung der mobilen Abwärmenutzung

Über den Bundesverband Energiespeicher Systeme versuche man seit Längerem, beim Bundeswirtschaftsministerium darauf hinzuwirken, bislang ohne Erfolg. Jedoch erklärte das Ministerium nun auf BR-Anfrage, dass man derzeit prüfe, die mobile Abwärmenutzung über das Bundesprogramm zur Förderung von Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) zu fördern – "insbesondere vor dem Hintergrund der Energiekrise in Folge des Krieges in der Ukraine".

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Dem Experten Andreas Hauer vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) in Garching zufolge wäre es mit Blick auf die Energieknappheit infolge des Ukraine-Kriegs "wichtig und sinnvoll, das große Thema Abwärmenutzung ganz anders anzugehen". Bei der Förderung verlangt er einen technologieoffenen Ansatz: "Man müsste sagen, man fördert erneuerbare Wärme oder Wärme aus Energieeffizienzmaßnahmen und wo die herkommt, ist egal". Es müsse nur "wirtschaftlich sinnvoll" sein. So müsste etwa bei mobilen Speichern wie denen aus Landsberg "der Bedarf des Anwenders zur Leistungsklasse des Speichers passen".

Bis zu 2,5 Megawattstunden Energie aus Abwärme

Für ein Einfamilienhaus, das sagt auch Lukas Bayer von swilar eetec, sei das System nicht ausgelegt, sondern eher für größere Abnehmer. Die zylinderförmigen Container sind rund sieben Meter lang und haben einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Gefüllt sind sie mit rund 17 Kubikmetern einer speziellen Salzlösung, welche 2,5 MWh Abwärme aufnehmen kann. Das entspricht laut dem Unternehmen etwa der Leistung aus 250 Litern Heizöl. Nach dem Prinzip eines Taschen-Handwärmers geht die Salzlösung dann am Einsatzort in einen Feststoff über und gibt dabei die Wärme langsam frei. Das Aufladen wie das Entladen dauert jeweils etwa acht Stunden.

Eingesetzt wird das System bereits am Lechtalbad in Kaufering, wo die Wärme aus einer rund zehn Kilometer entfernten Biogasanlage in Weil genutzt wird. Dabei verbrauche man für den Transport per LKW hin und zurück nur etwa fünf Liter Diesel, sagt Lukas Bayer. Besonders effizient und wirtschaftlich könne man die mobile Abwärme in einem Entfernungsbereich von zwei bis etwa 20 Kilometern von der Wärmequelle nutzen; also dort, wo ein direktes Nahwärmenetz nicht mehr effizient und der Transport per LKW noch nicht zu unwirtschaftlich wäre.

Abwärme für Millionen Haushalte denkbar

Neben dem Lechtalbad wird über das swilar-System auch bereits ein Schulkomplex bei Hannover mit Abwärme aus einer Müllverbrennung versorgt sowie ein Bad im Schweizer Rothrist, ebenfalls mit Wärme aus einer Müllverbrennung. Im Mai kommen das neue Warmfreibad und das nahe gelegene Seniorenheim in Greifenberg im Landkreis Landsberg dazu, mit Wärme aus einer Biogasanlage in Eresing.

Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur erzeugt allein die deutsche Industrie ein nutzbares Abwärmepotenzial von etwa 70 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr. Hochgerechnet auf den Energieverbrauch für das Heizen in den gut 40 Millionen deutschen Privathaushalten von rund 455 TWh (Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums) entspricht die Abwärme damit dem jährlichen Energiebedarf, um etwa sechseinhalb Millionen Haushalte zu beheizen.

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