Hubert Aiwanger im Kontrovers-Interview
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Bayerns Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger im Kontrovers-Interview

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Aiwanger: Streiks sind das Ergebnis verfehlter Politik

Die zurückliegende Streikwelle hat die Gemüter erhitzt: Arbeitgeber fordern engere Grenzen beim Lohnkampf, Gewerkschaften drohen mit neuen Aktionen. Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger zeigt im Kontrovers-Interview Verständnis für die Streikenden.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Seit Tagen diskutieren Gewerkschaften, Arbeitgeber und Bürger darüber, wie verhältnismäßig Streikmaßnahmen sind – die Stimmung schwankt zwischen verständnisvoll und genervt. Der bayerische Wirtschaftsminister zeigt ein gewisses Verständnis für die Streikenden: "Es ist das Ergebnis verfehlter Politik, dass Menschen am Ende zum Streik greifen müssen", sagte der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

"Ich habe auf der einen Seite durchaus Verständnis, dass die Beschäftigten mehr Lohn wollen und mehr Lohn brauchen, weil einfach alles teurer wird. Zehn Prozent Inflation kann man nicht einfach aus der Portokasse des Privatmanns zahlen, hier ist der Staat gefordert."

Einkommenssteuersenkung statt höhere Löhne

Der Wirtschaftsminister sieht dabei vor allem den Bund in der Verantwortung. Dieser sei "Hauptprofiteur" der Inflation – daher müsse er jetzt die Einkommenssteuer senken. "Dann brauchen wir die Löhne nicht zu erhöhen", sagte Aiwanger. Denn für einen tatsächlichen Lohnausgleich würden auch die geforderten zehn Prozent mehr Einkommen nicht ausreichen, sondern es brauche mindestens 15 Prozent. "So viel können wir schlichtweg nicht erhöhen."

Dem Arbeitnehmer sei mit niedrigeren Steuern zudem besser geholfen als mit höheren Löhnen, die möglicherweise die Inflation noch weiter anheizten. Wer wiederum mehr Geld zur Verfügung habe, der konsumiere auch mehr und zahle so wieder in die Steuerkasse ein – so erklärt es Aiwanger.

"Staat muss dafür sorgen, dass das Leben wieder billiger wird"

Grundsätzlich hängen für den Wirtschaftsminister viele der gegenwärtigen finanziellen Probleme mit zu hohen Steuern zusammen. Als Beispiel nennt er die Energiepolitik. "Die hohen Energiepreise sind ja nicht nur vom Ukraine-Krieg, sondern auch deshalb, weil der Strompreis an den Gaspreis gekoppelt ist, weil wir hohe Steuern auf Energie haben, die wir senken könnten", sagt er. "Das sind teilweise hausgemachte Fehler, die jetzt auf dem Rücken der Arbeitnehmerschaft ausgetragen werden. Insofern muss der Staat dafür sorgen, dass das Leben wieder billiger wird."

Rentner sollten bis zu 2.000 Euro steuerfrei dazuverdienen dürfen

Ein weiterer Grund für Streiks ist auch der Personalmangel in vielen Branchen und die damit verbundene Belastung der Arbeitnehmer. Aiwanger schlägt als Lösung flexiblere Arbeitszeiten vor. Die Leute sollen "mehr arbeiten dürfen und auch etwas davon haben", fordert er im Gespräch mit Kontrovers. "Dem Rentner würde ich beispielsweise erlauben, sich 2.000 Euro steuerfrei dazuzuverdienen", sagt er. Es gäbe viele Menschen über 60, die das könnten, denen dann aber die Steuer "wieder alles wegfressen" würde.

"Der, der heute will, darf nicht mal mehr arbeiten"

Branchen wie etwa die Gastronomie würden von flexibleren Arbeitszeiten profitieren. "Wir haben viele Leute, die sagen, ich würde gerne abends noch drei Stunden bedienen. Nach sieben, acht Stunden Bürotätigkeit, wo sie viel sitzen müssen, nochmal die Füße vertreten, soziale Kontakte herstellen. Dürfen sie aber nicht, weil sie über die acht Stunden Höchstarbeitszeit hinauskommen." Hier stehe der Staat den Arbeitnehmern im Weg. „Niemand wird gezwungen, aber der, der heute will, darf nicht mal mehr arbeiten“, so Aiwanger.

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