Ein Kinderarzt schaut sich die Verletzungen eines Kindes durch Feuerwerkskörper am Computer an.
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Ein Kinderarzt schaut sich die Verletzungen eines Kindes durch Feuerwerkskörper am Computer an.

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Ärzte warnen vor Brandverletzungen durch Silvesterfeuerwerk

Böller, Kracher, Feuerwerkskörper - für manche verschönern sie Silvester, andere bringen sie ins Krankenhaus. An keinem anderen Tag im Jahr verletzen sich so viele an den Händen. Darunter viele Kinder. Ist der Umgang mit der Pyrotechnik zu sorglos?

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Der 17-jährige Raka Alseifi kommt nur noch unregelmäßig in die Narbensprechstunde von Dr. Karl Bodenschatz in die Kinderklinik am Südklinikum in Nürnberg. Seit er am Neujahrstag 2018 mit schweren Verbrennungen an den Händen ins Krankenhaus eingeliefert wurde, muss er immer wieder zu Nachsorge-Untersuchungen.

Ein Neujahrstag, den er nie vergisst

Am 1. Januar 2018 war Rakan mit einem Freund im Park unterwegs. Die beiden damals 13-jährigen Jungs suchten Blindgängern, also Feuerwerkskörpern, die in der Silvesternacht nicht explodiert waren. Neben einigen Böllern fand Rakan auch den Kopf einer Rakete. Kaum hielt er das Feuerzeug an die Zündschnur, explodierte die Rakete auch schon.

Der Junge wurde zu Boden geschleudert. Er war benommen, durch den lauten Knall konnte er zudem die Geräusche um sich herum nicht mehr wahrnehmen. Im ersten Moment wusste er nicht, ob seine Hände noch da waren. Er sah nur die verkohlten Ärmelenden seiner Jacke.

Schwerwiegende Verletzungen, die nur langsam heilen

Rakan kam mit dem Rettungswagen ins Klinikum Nürnberg. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Junge nicht selbständig stehen. An beiden Händen hatte er schwere Verbrennungen. Er musste narkotisiert werden, damit die Ärzte die verbrannte Haut an seinen Händen versorgen und von Schwarzpulverresten reinigen konnten. Auch das linke Ohr war durch die Explosion verletzt worden.

Es dauerte Monate, bis die Verbrennungen an Rakans Händen heilten. Heute sind kaum noch Narben zu sehen. Rakan hätte bei dem Unfall leicht ein paar Finger verlieren können. Dass er viel Glück hatte, ist dem Schüler bewusst.

Silvester-Verletzungen - jedes Jahr trauriger Klinikalltag

Für Dr. Karl Bodenschatz sind Brandverletzungen wie die von Rakan rund um den Silvestertag trauriger Alltag. Jedes Jahr landen allein im Klinikum Nürnberg fünf bis sechs Kinder, die durch Feuerwerkskörper zum Teil lebensgefährlich verletzt werden, erzählt der Chirurg. Viele der Kinder müssen über Jahre hinweg immer wieder operiert werden. Durch die Narbenbildung sind immer wieder Korrektur-Operationen nötig.

Bleibende Narben sind Rakan wie durch ein Wunder an den Händen erspart geblieben, aber der Trommelfellschaden im linken Ohr, den er durch die Explosion erlitt, wird ihn wohl sein Leben lang begleiten. Der Hörschaden sei nicht mehr gutzumachen, sagt Karl Bodenschatz.

Alkohol und Böller – eine schlechte Kombination

Der Arzt ist überzeugt, dass auch rund um das anstehende Silvesterfest viele Menschen mit Brandverletzungen bei ihm im Klinikum landen werden. Kinder wie Erwachsene. Bei letzteren sei häufig zudem Alkohol im Spiel, so der Mediziner. Unter Alkoholeinfluss missachteten viele die Sicherheitsvorschriften beim Zünden von Böllern und Raketen.

Gefahr durch unautorisierte Billigware

Häufig entstehen Verletzungen auch durch nicht-zertifizierte Billig-Feuerwerkskörper. Von illegalen Böllern und Rakaten aus Polen oder Tschechien sollte man auf jeden Fall die Finger lassen. Die meisten großen Handverletzungen werden durch solche illegalen oder durch selbst gebastelte Böller verursacht, so die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie DGOU. Am häufigsten seien Verletzungen eines oder mehrerer Finger sowie Hautverletzungen und tiefe Verbrennungen.

Meist trifft es junge Männer

Am Morgen des 1. Januars gibt es in der Regel eine zweite Welle an Notfällen, wenn Kinder nicht abgebranntes Feuerwerk anzünden und sich dabei verletzen – Kinder wie Rakan Alseifi.

Eine bundesweite Statistik über Böller-Verletzungen an Silvester gibt es nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie berichtet jedoch, dass die meisten Verletzten junge Männer im Alter bis zu 25 Jahren sind. Die zweite Haupt-Risikogruppe seien 50- bis 60-jährige Männer.

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