50 Jahre Bayerischer Alpenplan
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50 Jahre Bayerischer Alpenplan

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Zum Schutz der Berge - 50 Jahre Bayerischer Alpenplan

Mit einem Festakt wird heute auf dem Wendelstein das Jubiläum "50 Jahre Alpenplan" gefeiert. Seit 1972 legt er die Erschließung der bayerischen Alpen fest und ist aktueller denn je - denn der Druck auf den Alpenraum steigt.

Seit 50 Jahren gibt es für den Schutz der bayerischen Berge den Alpenplan. Gut möglich, dass es ohne ihn am Watzmann genauso aussehen würde wie auf der Zugspitze. Statt einer geplanten Seilbahn wurde das Raumordnungsverfahren für den Nationalpark eingeleitet. Der Alpenplan besticht durch seine Klarheit: Drei Zonen legte der unterfränkische Gartenbauingenieur und Beamte an der damaligen Landesstelle für Naturschutz über die bayerischen Alpen: eine Erschließungszone A, in der die normalen Bauvorgaben gelten, eine Zone B als Pufferzone, in der Erschließungen wie Seilbahnen oder Skilifte nach besonderen Kriterien geprüft werden müssen und die Kernzone C, in der alle Erschließungen untersagt sind.

Schutzschild der bayerischen Alpen

"Natur und Landschaft sind unverzichtbare Lebensgrundlage und dienen darüber hinaus der Erholung der Menschen. Kommenden Generationen sollen die natürlichen Lebensgrundlagen in mindestens gleichwertiger Qualität erhalten bleiben", so steht es im Alpenplan. Weil in der Zone C unter anderem der Watzmann, der Geigelstein im Chiemgau und die Rotwand im Spitzinggebiet liegen, wurden bestehende Seilbahnpläne zu den Akten gelegt.

Als der erste Umweltminister Bayerns, Max Streibl (CSU), die neue alpine Raumordnung im Juni 1971auf dem Wendelstein den Vertretern von Gemeinden und Landkreisen vorgestellt hat, musste er vor allem Befürchtungen entgegentreten, dass die Zone C zur "Ruhezone für den Fremdenverkehr" wird: "Ganz im Gegenteil: Ich bin der Meinung, dass die Zone C in Zukunft vom Fremdenverkehr mehr bevorzugt werden wird als andere Zonen, die vor allem den Massenverkehr auf sich ziehen". In Anbetracht der Tatsache, dass der Nationalpark Berchtesgaden heute mehr Besucher zählt als Neuschwanstein, ist diese Annahme eingetreten.

Ein Meilenstein der Umweltpolitik

Für die CSU war der Umweltschutz damals ein Ausweis dafür, moderne Themen aufzunehmen und Naturschutz passte als Heimatschutz durchaus ins wertkonservative Denken. Ein derart großer Wurf in der Raumordnung wie der Bayerische Alpenplan wurde und wird auch in den alpinen Nachbarländern stets mit Bewunderung betrachtet. Kein anderer Alpenstaat verfügt über eine vergleichbare Regelung.

Der Bayerische Alpenplan verdankt sich einem ersten Höhepunkt der Umweltbewegung in den 1970er Jahren mit der ersten Weltumweltkonferenz 1972 in Stockholm. Die neue Wohlstandsgesellschaft baute sich damals eine gigantische Infrastruktur für den Massentourismus. Dem nach den Wirtschaftswunderjahren rasanten Fortschritt mit technischen Erschließungen und dem Autobahnbau nach Garmisch-Partenkirchen wurde mit dem Alpenplan bewusst ein Instrument zum dauerhaften Schutz der alpinen Natur in Bayern entgegengesetzt. Dabei ging es auch darum, alpine Landschaft für die Erholung in der freien Natur zu erhalten, ohne sie durch technische Infrastruktur zu beeinträchtigen.

Der Kampf ums Riedberger Horn

Seine größte Bewährungsprobe musste der Bayerische Alpenplan 2015 bis 2019 am Riedberger Horn im Allgäu bestehen. Für eine geplante Seilbahnverbindung im Skigebiet Grasgehren-Balderschwang wurde ein Stück des Gipfels unter Federführung des damaligen Heimat- und Finanzministers Markus Söder aus der Kernzone C herausgenommen.

Nach heftigem Widerstand der Natur- und Umweltschutzverbände sowie vieler auch prominenter Personen aus dem gesamten bayerischen Alpenraum wie dem Kletterer Alexander Huber wurde die Änderung zurückgenommen. In einer als "doppelter Riedberger" kommentierten Kehrtwendung von Markus Söder, der inzwischen bayerischer Ministerpräsident geworden war. Auch der langjährige Fraktionschef der CSU im Bayerischen Landtag, der geachtete Umwelt- und Sozialpolitiker Alois Glück, hatte seine Kritik an der Änderung des Alpenplans offen dargelegt. Die jahrelange Debatte hat dazu geführt, dass das Drei-Zonen-Modell auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden ist.

Neue Herausforderungen

So fällt die Bilanz nach 50 Jahren bei den Naturschutzverbänden und im Deutschen Alpenverein durchweg positiv aus: Der bayerische Alpenplan hat sich als wirkungsvollstes Schutzinstrument für die alpine Landschaft erwiesen.

Neue Herausforderungen sind durch den immens gestiegenen Besucherdruck entstanden. Die zunehmende Verlagerung bergsportlicher Aktivitäten in die Tagesrandzeiten und die Nacht, unterstützt durch leistungsstarke LED-Lampen und E-Bikes, führt zu einer ständigen Ausdehnung der Bewegungsradien und immer mehr Druck auf die Naturlandschaft gerade in der Kernzone C. So werden Fragen der Besucherlenkung und Ruhegebiete immer wichtiger.

Ein Nationalpark, Bergsteigerdörfer und Naturschutzgebiete

Gerade in dieser Hinsicht entwickeln sich der Nationalpark Berchtesgaden, das neue Zentrum Naturerlebnis Alpin am Riedberger Horn und die Bergsteigerdörfer Schleching und Sachrang am Geigelstein zu Reallaboren für sanfte und naturnahe Tourismusentwicklung. Gerade die Orte, in denen es vor 50 Jahren bereits großangelegte Erschließungspläne gab, sind damit zu Vorreitern für nachhaltige Naturnutzung geworden. Vor 50 Jahren umstrittene Entscheidungen wie der Schutz des Geigelsteins im Chiemgau sind heute zu allgemein anerkannten Errungenschaften geworden, bilanziert Alois Glück: "Das sind umkämpfte Resultate, aber gottseidank ist es gelungen, dass der Geigelstein nicht rundherum erschlossen worden ist. Dass der Geigelstein mittlerweile ein allgemein anerkanntes Naturschutzgebiet ist."

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