ICE-Paralleleinfahrt in den Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe anläßlich der Eröffnung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs bei der Deutschen Bundesbahn (jetzt DB AG) am 29.5.1991, fand eine Sternfahrt von fünf InterCityExpress-Zügen (ICE 1) zum neuen Bahnhof von Kassel - Wilhelmshöhe statt.
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29.5.1991: ICE-Paralleleinfahrt in den Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe anlässlich der Eröffnung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs bei der DB.

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30 Jahre ICE: Im "Münchner Kindl" mit Tempo 250 nach Bayern

Am 29. Mai 1991 wurde mit einer Sternfahrt der Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland eröffnet. Kurz darauf fuhr der erste Linien-ICE "Münchner Kindl" von Hamburg nach München. Zeitzeugen erinnern sich an den Beginn einer neuen Eisenbahn-Ära.

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"Und ich stelle nunmehr den roten Knopf auf grün!" Mit diesen Worten hat Richard von Weizsäcker das Startsignal für den ICE-Verkehr gegeben - ein kleiner Knopfdruck für den damaligen Bundespräsidenten, ein großer Sprung für die Bahn.

Kurz zuvor sind an jenem 29. Mai 1991 in Kassel-Wilhelmshöhe fast zeitlich fünf nagelneue ICE-Züge aus Bonn, Hamburg, Mainz, Stuttgart und München eingefahren. Mit dieser sogenannten "Sternfahrt" für geladene Ehrengäste und der ersten regulären Linienfahrt wenige Tage später von Hamburg nach München wurde der Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland eröffnet.

Vorfreude und Aufregung vor der ersten ICE-Fahrt

Zugbegleiterin Kerstin Hoffmann durfte damals bei einer der Eröffnungsfahrten nach Kassel dabei sein und erinnert sich noch genau an die Stimmung im ICE. Für sie ist dieser Tag bis heute etwas ganz Besonderes.

"Das gab’s ja vorher noch nicht. Der ganze Zug war ja ganz anders. Daran sind wir ja heute gewöhnt, aber das war ja da der Hammer! Das war ja der richtige Wahnsinn!" Kerstin Hoffmann, Zugbegleiterin

Für uns alle ist es heute normal, in Hochgeschwindigkeit durch Deutschland zu rasen. Doch damals war eine Fahrt mit dem hochmodernen Intercity Express ein großes Abenteuer. Die Vorfreude und Aufregung war riesengroß, erzählt Hoffmann: "Auch wenn man ein paar Monate vorher schon Richtung München gefahren ist, da standen die im Abstellbahnhof so aufgereiht. Und ich kann mich noch genau erinnern, wie die Fahrgäste und Zugbegleiter da immer aus dem Fenster geguckt haben und diese Züge angeschaut haben - die neue Form, die neue Farbe."

Mit dem "Münchner Kindl" von Hamburg nach München

Ein paar Tage nach der offiziellen Sternfahrt nach Kassel war es dann endlich soweit und die Türen der Schnellzüge öffneten sich für alle Fahrgäste. Am 2. Juni 1991 – pünktlich um 5.53 Uhr - setzte sich in Hamburg-Altona der Intercity Express 593 "Münchner Kindl" in Bewegung. Fahrplanmäßige Ankunft in der bayerischen Landeshauptstadt: 13.20 Uhr.

Ingulf Leuschel hat 50 Jahre lang bei der Bahn gearbeitet und war bei dieser ersten ICE-Fahrt von Hamburg nach München dabei: "Wir sind ab Hamburg-Altona gefahren, da waren Gäste von der Insel Fehmarn, aus Schleswig-Holstein… Das war auch eine wahnsinnige Stimmung. Die Menschen waren erwartungsfroh". Und nicht nur das: Im Zug sei zum Beispiel auch ein italienischer Eisenbahner gewesen, der extra aus Neapel angereist sei, um die erste Fahrt in Deutschland mit einem Schnellzug mitzuerleben, erinnert sich Leuschel, der selbst später bei der Bahn unter anderem Fahrplan-Chef im Fernverkehr wurde.

Ein neues Gefühl von Raum und Zeit

Die Fahrt mit einem ICE gab vielen Menschen ein ganz neues Gefühl für Zeit und Raum. Denn sich mit Tempo 250 fortzubewegen, das war vor 30 Jahren noch etwas Einmaliges, erzählt Ingulf Leuschel. Die Fahrgäste hätten sich beispielsweise während der Fahrt immer wieder die Geschwindigkeit staunend zugeflüstert: "Und dann bei 248 sprang das auch mal auf 251 – so genau war die Anzeige – und alle sagten: 'Das merkt man ja gar nicht!'. Viele Menschen hätten es kaum glauben können, dass sie wirklich mit 250 Kilometern pro Stunde unterwegs waren. "Die Menschen waren beeindruckt, wie ruhig trotzdem der Zuglauf war."

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Ingulf Leuschel mit Zugbegleiterinnen und Hostesssen nach der ICE Sternfahrt von Hamburg nach Kassel bei der Rückkunft in Hamburg-Altona.

Deutschland war spät dran mit den schnellen Zügen

Tatsächlich war die Bundesrepublik aber spät dran mit den schnellen Zügen. In Japan fuhr der erste Hochgeschwindigkeitszug bereits 1964, in Frankreich ab 1981.

"Die Franzosen waren etwas schneller dran mit dem Hochgeschwindigkeitsverkehr, dort ist aber auch alles auf die Hauptstadt Paris ausgerichtet. Die Entfernungen nach Lyon oder Marseille sind sehr weit, das bietet sich an für den Bau von Schnellfahrstrecken", sagt Bahnsprecher Achim Stauß dazu.

Dafür habe Deutschland aber das dichteste Eisenbahnnetz. Und deswegen habe hierzulande immer sehr lange der Fokus auf dem Nahverkehr gelegen. Auch aus diesen Gründen gab die Bundesbahn den ICE erst 1983 in Auftrag. Die Anforderung: "Halb so schnell wie das Flugzeug, doppelt so schnell wie das Auto", sollte er sein. 13 Firmen, unter anderem Krauss-Maffei, AEG und Siemens, waren dann bei Entwurf und Umsetzung beteiligt.

Tempo 300 zwischen Ingolstadt und Nürnberg

Der ICE ist dann doch noch ein richtiges Erfolgsmodell geworden. Über 1,5 Milliarden Fahrgäste sind seit 1991 mit ihm gereist. Mittlerweile gibt es vier Baureihen, die noch alle im Einsatz sind.

Und sogar die Geschwindigkeit hat sich noch einmal erhöht: Der ICE 3 schafft zum Beispiel auf der Neubaustrecke zwischen Ingolstadt und Nürnberg Tempo 300 - also tatsächlich fast halb so schnell wie das Flugzeug und doppelt so schnell wie das Auto.

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