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Ach, du liebe Weihnachtszeit! Die Sprech(er)stunde in Ebersberg

Zu guter Letzt gab es auf der traditionellen Weihnachtstour der Sprecher-Crew einen neuen Veranstaltungsort. Zum ersten Mal war die Sprech(er)stunde zu Gast in Ebersberg. Am Donnerstag, 18.12.2014 im Alten Kino.

Von: Florian Schrei und Andreas Dirscherl. Fotos: Andreas Dirscherl

Stand: 05.07.2021

Nach der Eröffnung durch die Flötistin Dorothee Binding und die Harfenistin Anette Hornsteiner, die auch den restlichen Abend musikalisch gestalteten, gab es zunächst ernste Töne: Die Zuhörer hielten gebannt den Atem an, als Friedrich Schloffer von den Ereignissen in der Sendlinger Mordweihnacht berichtete. Kein Laut war bei der eindringlichen Schilderung von den grausamen Vorgängen vor den Toren Münchens anno 1705 zu hören.

Und auch Marlen Reichert, die selbst aus Ebersberg stammt, stimmte die Besucher im voll besetzten Saal nachdenklich, als sie von den verstörenden Erlebnissen eines Nikolauses in München erzählte („Zimmer 645“). Berenike Beschle hatte mit dem Text „Weihnachtsbeleuchtung in Stenkelfeld“ die Lacher auf ihrer Seite. Was ganz harmlos mit der Installation einer Lichterkette in einer Vorortsiedlung anfängt, endet mit der Explosion eines völlig überlasteten Kohlekraftwerks, das der Hochrüstung mit Weihnachtsbeleuchtung nicht mehr standhält.

Anschließend sinnierte Frank Manhold über „Das Märchen vom Glück“, einen hintersinnigen Text von Erich Kästner. Und Gabi Hinterstoisser berichtete genussvoll schmunzelnd von der Reise mit dem Plüschschwein Erika.

Mit Johannes Hitzelberger wurde es im zweiten Teil des Abends vorübergehend wieder ein wenig besinnlich. Ausdrucksstark und voll innerer Bilder ließ er den "Monolog eines Kellners" von Heinrich Böll lebendig werden: ein Kellner verliert seinen Job, weil er für ein paar Stunden wieder zum Kind wurde.

Geballter Wortwitz und viele Lachsalven folgten bei den nächsten beiden Darbietungen: Was tun, wenn es die Familien-Tradition verlangt, dass der Christbaum mit Lametta behängt sei, jedoch keines im Haus ist? Auf höchst humorvolle Weise beantwortete Florian Schrei dies in bester bayerischer Mundart beim Gedicht "S'Lametta".

Andreas Dirscherl berichtete anschließend davon, wie sich die Geschichte im Stall zu Bethlehem wirklich zugetragen hat: ein kleiner pfiffiger Floh hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Welt von der Geburt des Christuskindes erfuhr.

Zum Abschluss gab es noch ein Feuerwerk der Wortspiele und bissig-böse Anmerkungen mit dem Titel „Weihnachten in Werbien“, das die Masche der Werbeindustrie in der Vorweihnachtszeit auf die Schippe nahm. Sprecher Jerzy May hat den Text verfasst und ihn zusammen mit seiner Kollegin Katja Schild perfekt pointiert vorgetragen.

Durch den Abend führte wie immer charmant Martin Fogt.

Am Ende spendeten die Zuhörer nicht nur reichlich Beifall, sondern auch die stolze Summe von 3.050,- Euro für die Aktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks, die Kinder in Not unterstützt.

Allein 1.250,- Euro kamen von der Ebersberger Kolpingfamilie. Im Rahmen des Ebersberger Christkindlmarktes haben fleißige Bäckerinnen und Bäcker ein ganzes Wochenende lang ungarisches Zuckergebäck verkauft und den Erlös für die Sternstunden zur Verfügung gestellt.

Wieder trugen die Fränkischen Winzer dank zahlreicher erlesener Weinspenden und durch die Anwesenheit von vier feschen Weinprinzessinnen aus Unterfranken zum hohen Spendenerlös bei.

Musik, Texte und Mitwirkende in Ebersberg im Detail

Veranstaltungsort war das Alte Kino Ebersberg,
Im Klosterbauhof 4, 85560 Ebersberg.
Beginn war um 19.30 Uhr.

Musik: Dorothee Binding (Flöte) und Anette Hornsteiner (Harfe)

Die Liste der gespielten Stücke:
Gioacchino Rossini: Tema con variazioni
Joh. Seb. Bach: Sonate g-moll, 2. Satz
Bernard Andrès: Satz aus "Les algues"
Wolfgang Amadé Mozart: Andante in C-Dur
Antonio Vivaldi: 1. und 2. Satz aus "Der Winter"

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Die mitwirkenden Sprecher und ihre Texte in Ebersberg

Moderation
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Hans Neumayr: Die Münchener
In: Die bayerische Volkserhebung 1705-1706. Gedächtnisschrift aus Anlaß der Zweijahrhundertfeier der Sendlinger Bauernschlacht. Selbstverlag des Verfassers 1905
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Doris Dörrie: Zimmer 645
©2000, 2007 Diogenes Verlag, Zürich
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Detlev Gröning und Harald Wehmeier: Weihnachtsbeleuchtung in Stenkelfeld
Episode aus einer Hörspielreihe des NDR
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Erich Kästner: Das Märchen vom Glück
In: Erich Kästner: Der tägliche Kram. Chansons und Prosa. S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 1979
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Elke Heidenreich/Michael Sowa: Erika oder Der verborgene Sinn des Lebens
(c) 2002 Carl Hanser Verlag München
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Heinrich Böll: Monolog eines Kellners
In: H. Böll: Erzählungen. (c) 2006 Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
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Anon. S' Lametta
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Rudolf Herfurthner: Das Flohvius-Fragment oder Die endgültige Antwort auf die Frage: Warum lächelt das Kind in der Krippe
(Bearbeiteter Auszug). In: Hannelore Westhoff (Hrsg.): Es kratzt ganz leis' an meiner Tür. 24 Kalendergeschichten zur Weihnachtszeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 2001
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Jerzy May: Weihnachten in Werbien.
Unveröffentlichtes Manuskript
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