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TSV 1860 München Stadion-Zwist und Arena-Skandal

Die neue Münchner Arena, gemeinsam erbaut mit dem Rivalen FC Bayern, spaltete die Fans. Und schließlich kam auch noch ein Korruptionsskandal ans Licht.

Stand: 20.07.2015 | Archiv

Allianz Arena | Bild: picture-alliance/dpa

Wo die Sechziger ihre Heimspiele austragen, ist bei den Löwen stets Glaubensfrage - vor allem bei den Fans. Seit dem Bau des Olympiastadions Anfang der 70er-Jahre spielten die Sechziger abwechselnd dort und an der Grünwalder Straße. Die schon lange gehegten Ausbaupläne der traditionellen Sechziger-Arena erhielten zunächst wieder Auftrieb, als Karl-Heinz Wildmoser 1992 Vereinspräsident wurde.

Geschäft oder Herzblut?

Einstiger deutscher Fußballtempel: das Sechziger-Stadion an der Grünwalder Straße

Doch bald nahm er davon wieder Abstand. Auf Dauer sah Wildmoser, in erster Linie geschickter Geschäftsmann, für die Löwen bessere Vermarktungsmöglichkeiten im wesentlich größeren Olympiastadion - zum Ärger der eingefleischten Anhänger: Deren Herz hing weiter an Giesing. Eine "Faninitiative Sechzger-Stadion" drückte ihren Ärger über Wildmoser durch öffentliche Proteste aus. Doch der ließ sich von seinem Kurs nicht abbringen.

Das Verhältnis einiger Fan-Gruppen zur Vereinsführung wurde nicht besser, als die Pläne eines gemeinsamen Stadion-Projekts mit dem FC Bayern bekannt wurden. Gemeinsame Sache mit dem Erzrivalen? Das untergrabe endgültig die Sechziger-Identität, hieß es. Doch auch in dieser Frage blieb Wildmoser kompromisslos: Die Allianz Arena im Münchner Vorort Fröttmaning wurde als Gemeinschaftsprojekt der beiden Klubs gebaut.

Stadion-Allianz der Stadtrivalen

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Am 9. März 2004 schlug bei den Löwen allerdings wieder einmal der Blitz ein: Wildmoser und sein Sohn Karl-Heinz jr. wurden verhaftet. Der Vorwurf: Korruption. Die beiden sollen im Zusammenhang mit dem Bau der Allianz Arena Einzelheiten aus der Ausschreibung an die am Projekt beteiligte Firma "Alpine Bau Deutschland GmbH" weitergegeben haben, die schließlich den Zuschlag erhielt. Die Wildmosers sollen im Gegenzug dafür 2,8 Millionen Euro kassiert haben, so der Vorwurf weiter.

Ein Vereinsboss in U-Haft

Wildmoser senior und junior

Vater und Sohn kamen zunächst in Untersuchungshaft. Wildmoser junior, damals sowohl Geschäftsführer vom TSV 1860 als auch von der "Allianz Arena Stadion GmbH", wurde im anschließenden Gerichtsverfahren zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der Senior kam nach drei Tagen gegen eine Kautionszahlung in sechsstelliger Höhe frei. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde zwar eingestellt, aber am 15. März 2004 trat er nach zwölf Jahren als Löwen-Präsident zurück.

Keine Rückkehr ins Grünwalder Stadion

Auch die von vielen Fans gewünschte Rückkehr ins Stadion an der Grünwalder Straße musste 2010 endgültig abgeschrieben werden. Die Stadt München lehnte das Vorhaben der Löwen ab, die alte Spielstätte für rund 50 Millionen Euro zu modernisieren und bundesligatauglich zu machen. Als Grund nannte die Stadt die unklare Finanzierung. Damit müssen die Löwen ihre Heimspiele weiter in der ungeliebten Allianz Arena austragen.

Karl-Heinz Wildmoser (1939 - 2010): bajuwarisch-barocker Vereinspatron

Für die Sechziger war er zunächst ein ausgesprochener Glücksfall: In einer ihrer trübsten Phasen erschien der vermögende Münchner Hotelier Karl-Heinz Wildmoser den Löwen wie ihre Version einer Lichtgestalt. Als er 1992 Vereinspräsident wurde, holte er mit seinem Geld erst Trainer Werner Lorant, dann auch zum Teil hochkarätige Spieler. Es gelang der Durchmarsch von der Bayern- in die Bundesliga. 1860 träumte schon davon, wieder an alte, glorreiche Zeiten anknüpfen zu können.
Wildmoser verstand es, "geschickt den Habitus des bajuwarischen Gastronomen mit den Allüren des engagierten Vereinspatrons zu verbinden", charakterisierte ihn der Publizist Ingo Schwab. Der Vereinsboss schien unantastbar zu sein. Doch ein Prozess wegen Bestechungsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Bau der Allianz Arena brachte einen der letzten Patriarchen im Fußballgeschäft doch zu Fall - zumindest als Vereinspräsident.


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