BEATLES – Now And Then (Song)

Ist es nun der letzte Beatles-Song oder der letzte John Lennon-Song? Geschrieben hat ihn John Lennon – neun Jahre nach dem Ende der Beatles, 1979. „Now And Then“ war ein Solo-Piano-Heim-Demo, das Lennon nicht vollenden konnte – er wurde 1980 erschossen. Seine Witwe Yoko Ono gab das Tape 1994 an Paul McCartney. Der vollendete mit George Harrison und Ringo Starr zwei der anderen Lennon-Song-Demos der Kassette, „Free As A Bird“ und „Real Love“. „Free As A Bird“ erschien 1995 – zum 25. jährigen Band-Split bzw 15. Todestag Lennons, „Real Love“ ein Jahr später. Nur bei „Now And Then“ kamen die drei noch lebenden Beatles Mitte der 90er nicht weiter: es brummte im Hintergrund, hatte Aussetzer und Lennon hatte keinen kompletten Text gesungen. Ausserdem mochte Harrison den Song nicht – durch sein Veto blieb er liegen. Nachdem der Lead-Gitarrist 2001 verstarb, erinnerten sich McCartney und Starr an „Now And Then“. Mithilfe eines Filters konnten sie im Studio die Stimme Lennons vom Rest der Demo-Aufnahme trennen – vor allem vom alten Klavier-Klang. McCartney nennt es in Interviews nicht ganz korrekterweise „Artificial Intelligence“/KI. Es ist eine vielmehr Hi-Tek, die sie schon zur Restaurierung alter Aufnahmen für die Film-Doku „Get Back“ anwendeten. Dazu mischten sie neue Streicher und ergänzten den Gesang mit Elementen der schon existierenden Beatles-Stücke „Here, There And Everywhere“, „Eleanor Rigby“ und „Because“. „Now And Then“ hat am 2. November 15h MEZ Radio-Premiere und erscheint digital und als Doppel-A-Seiten-Single – zusammen mit einem neuen Stereo-Mix von „Love Me Do“ – der ersten Single der Band (von 1962). Der Text „Think About Me Now And Then, Old Friend“ wird von Fans und Medien als Aufforderung von Lennon an McCartney interpretiert. Der Song erscheint in sechs physischen Versionen (Singles, Maxi-Single, Kassette) und wird auch auf der Neuauflage des berühmten blauen Beatles-Samplers „1967-1970“ landen, den es in 13 (!) Auflagen u. a. mit T-Shirt und Tragetasche gibt (25 Euro bis 190 Teuro). Nicht ihr stärkster Song - und eher: ´Then´ als ´Now´“.

BAR ITALIA – The Twits

Mit ihrem Debüt „Tracey Denim“ waren sie erst im Mai Album Der Woche bei uns. Das Londoner Trio bleibt auf seiner zweiten Platte in nur einem halben Jahr seinem Sound treu: ein Mix aus Lo-Fi, Indie und gelegentlichen Post-Punk-Ausbrüchen.Benannt haben sich bar italia nach dem gleichnamigen Café in Soho, über das Pulp schon einen Song (und Dave Stewart von den Eurythmics angeblich ein Musical) geschrieben haben. Das Trio besteht aus Sängerin Nina Cristante sowie den Musikern Jezmi Tarik Fehmi und Sam Fenton. „The Twits“ ist nach einem Kinderbuch von Roald Dahl benannt, heisst „die Trottel“ oder „die Idioten“ und wurde heuer auf Mallorca aufgenommen. Die dissonanten, düsteren Moment sind mehr und die Songs etwas länger geworden. Sie beschreiben es so: "Jelsy" spielt sich wie ein Gespräch zwischen Freunden über wehmütigen Country-Blues ab, wobei die Stimmen abwechselnd tröstlich, ironisch und hoffnungslos sehnsüchtig sind. Der geschmeidige, langsam brennende Walzer "Twist" lädt jedes Bandmitglied zu einem individuellen Bekenntnis ein. "bibs" ist eine Prozession geisterhafter Akkorde mit einer zerreißenden Rückkopplung - der Abschluss des Albums.“ Nachdem sie fürs Debüt nur einmal in Deutschland waren, stellen sie den Nachfolger vier Mal bei uns vor: bar italia live: 16.11.23 Schorndorf Manufaktur, 18.11.23 Hamburg Skybar, 19.11.23 Berlin Lido und 22.11.23 Frankfurt, Tanzhaus West. (7,8 Punkte)

TKAY MAIDZA – Sweet Justice

Die Zeiten ändern sich: 4AD, das alt-ehrwürdige englische Indie-Label, das in den 80ern Klassiker von den Cocteau Twins, den Pixies oder Nick Caves erster Band The Birthday Party (bald kommt die Film-Doku ins Kino) veröffentlichte, hat sich im Laufe der Jahrzehnte für neuen Sound geöffnet: u. a. sind die Future Islands, The National und Adrienne Lenker dort gesignt. Und nun auch die erste Stimme aus dem Rap. Tkay Maidza stammt aus Simbabwe/Aftrika, wuchs in Australien auf und lebt nun in Los Angeles. Produziert haben u. a. Flume (Down Under) und Kaytranada (Kanada). Es zeigt einmal mehr: das Dreieck aus Rap, R´n´B und neuem Soul ist der neue Pop – vor allem vieler junger weiblicher Musikerinnen der Welt. Auf „Sweet Justice“ verarbeitet sie die Trennung von alten Freunden – mit Witz, Glauben an sich und permanenten Stil-Wechseln: „eine Coming-of-Age-Platte“ wie sie sagt – und auch das gute Gefühl kommt zurück: „Love Again“. In „Silent Assassin“ beschreibt sie sich als „Puzzle, ich bin keine schnelle Lösung.“ Mein Hit der ARIA-Award-Preisträgerin und Missy Elliott-Fans: der Uptempo-Mitnehmer: „Ghost!“. Am 11.11. spielt Tkay in Berlin (Prachtwerk). (8,2 Punkte)

SEN MORIMOTO – Diagnosis

Eine gelungene Mischung aus Indie, Jazz und HipHop. Der Multi-Instrumentalist aus Chicago dockt mit seinem dritten Album in Deutschland an: es erscheint erstmals beim Berliner Label CitySlang. Der aus Kyoto stammende Musiker ist auch Label-Betreiber: auf Sooper Records brachte er die frühen Werke von Kaina, Nnamdi und sich selbst heraus. Die nun auch bei größeren Labels gelandet sind. Vom neuen Album dürfte vor allem Sens Single „Deeper“ laufen, im Radio rotieren – ein Lied über die Tiefe unserer Gefühle. Morimoto sagt zum Stück: "Es gibt einen Ort in der Mitte meiner Brust, versteckt hinter meinem Herzen, an dem sich nur die extremsten Tiefen von Trauer oder Freude bemerkbar machen. Wenn der Kontext von allem in deinem Leben durch den Druck einer überwältigenden Gegenwart in einen einzigen Moment gepresst wird, fühlt es sich an, als ob du auf dem Grund des Ozeans wärst. Nichts ist tiefer." Andere Stücke auf ´Diagnosis´ handeln vom „Spätkapitalismus, Identität und Nostalgie“. Eine Platte, die aber Zeit braucht – wie immer wenn man auf der Suche ist. (7,7 Punkte)

LOL TOLHURST x BUDGIE x JACKNIFE LEE – Los Angeles

Zwei englische Drummer, die seit den späten 70ern Pop-Geschichte geschrieben haben: Lol Tolhurst war Schlagzeuger von The Cure, Budgie trommelt bei Siouxsie & The Banshees. Als Produzenten suchten sie sich den Iren Jacknife Lee, der schon für U2, R.E.M. oder Taylor Swift an den Reglern stand. In dem Fall in – siehe Plattentitel - Los Angeles. Es mag sich bestimmt befreiend für Lol und Budgie angefühlt haben, dass sie nach all den Jahren mal nicht mit den ewig gewohnten Stimmen ihrer Post-Punk-Bands (Robert Smith, Siouxsie Sioux) arbeiteten, sondern sich ihre SängerInnen aussuchen konnten: u. a. Bobby Gillespie (Primal Scream), James Murphy (LCD Soundsystem) – beide begannen übrigens als Drummer, Civil Rights Avantgardist Lonnie Holley, Isaac Brock (Modest Mouse), Arrow de Wilde (Starcrawler) oder Leron Thomas (aka Pan Amsterdam). Dazu GastmusikerInnen wie ua The Edge (U2), Mark Bowen (Idles) und Mary Lattimore (Harfe). „The Edge konnte an seine 1983er Experimental-Platte ´Snake Charmer´ feat Jah Wobble (PIL) & Holger Czukay (Can) anknüpfen“, freut sich das Trio. Die 13 Songs kommen daher wie ein Mixtape zweier experimentier-freudiger Drummer, die viel Wert auf Rhythmus-Details legen. Wir hören z. B. Lol, wie er zu Vogelstimmen in Chile trommelt. Oder Sounds aus einer uruguayischen Psychedelic-Platte, die sie sampelten. Budgie (der inzwischen in Berlin lebt) hatte schon in den 80ern als „The Creatures“ Neuland betreten – zusammen mit seiner damaligen Partnerin Siouxsie Sioux – spielten sie eine Art Exotica-NewWave. Die percussiven Details von damals, Vibraphon und Bongos, lugen auch hier immer wieder aus dem Hintergrund hervor – das Studio-Trio nennt es „einen forschenden 55-Minuten-Headfuck mit Streichern, Bläsern und klöppelnden Grooves, die wie von Holzzähnen gespielt wirken“. Wie nennt es Garret „Jacknife“ Lee: „eine Platte wie ein Gemeinschaft von Schlagzeugern.“ Es hat dem Album vermutlich gut getan, dass sie nach einer Weile noch einmal ansetzten, nachdem sie merkten, dass die ersten Entwürfe zu nah am Sound der düsteren 80er waren. Erst als sie nicht mehr in die Falle tappten, „uns so zu malen, wie wir einmal waren“, hat es gefunzt. A real musician´s musician record! (8,1 Punkte)

CRYSTAL FIGHTERS – Light +

Welche Band hat mehr Energie, mehr Drive, mehr positive Ausstrahlung als sie? Die britisch-baskische Gruppe verbindet traditionelle Folk-Melodien, Indie-Gitarren mit Club-Beats. „An allen Orten, an denen wir spielen, von jeder Kultur, kann ich etwas lernen“, schwärmt Sänger Seb Pringle - zurück bei Kräften. Der Lockdown kam einem Burn-Out zuvor. Sie verbrachten die Pandemie getrennt auf mehreren Kontinenten. Seb hörte in Kolumbien viel Cumbia, Champete und Bullerengue-Musik. Gilbert und Graham waren in England und den USA. Aus den 60 Demo-Songs zimmerten sie das dritte Album. „Südamerikanische Stile lassen sich herrlich mit den Pop-Trends verbinden“, behaupten die Crystal Fighters. Und sie haben recht. Die Platte klingt mit seinem Mix aus Hi-Speed-Tropical Pop und Rave wie ein Jungbrunnen für Indie – wie die kleineren Brüder von Vampire Weekend - mit Spanisch-Touch. Inhaltlich geht es von Lovesongs über sozialen Themen zu Mutmach-Liedern. „Wir alle brauchen richtigen Kontakt zu anderen Menschen. Unsere Band ist wie eine Plattform für Hoffnung - wir wollen soviele Menschen wie möglich erreichen.“ CF haben sich ein hehres Ziel gesteckt, aber sie sind auf dem richtigen Weg. Im Februar stellen sie „Light +“ in Köln, Berlin und Wien vor. (7,6 Punkte)     

TRÄNEN - Haare eines Hundes

Mit einem Cover waren sie schon in unseren Top Traxx: mit „Duell Der Letzten“ landete das Leipziger Duo im September auf Platz 8. Es ist ihre Version des Deutsch-Punk-Klassikers von Chaos Z. Dass sie die beinahe vergessene Stuttgarter Punk-Band wieder entdeckten (die sich später in Fliehende Stürme umbenannten), dafür gebührt allein schon Dank. Tränen spielen es im NNDW Stil – Neueste Neue Deutsche Welle, wie man den punky Deutsch-Pop heute nennt. Tränen sind Gwen Dolyn und Steffen Israel, Gitarrist von Kraftklub. Und Gwen brachte ein Album als Gwen Dolyn & Toyboys raus. Entstanden ist das Debüt, nachdem das Chaos Z-Cover so gut klappte. Die elf Stücke sind energiegeladener Synthie-Pop bzw melo-dramatischer Digi-Punk – textlich im Spannungsfeld von: das Private ist politisch das Politisch ist privat. Fans von Blond (Chemnitz) oder Frauenstrasse (München) werden sich freuen. Wenn sie zusammenbleiben sollten sie eine große Zukunft vor sich haben. (7,5 Punkte)

BOOZOO BAJOU - Finistère

In der Ruhe liegt die Kraft: die beiden fränkischen Routiniers haben ihre Nische gefunden. Peter Heider aus Erlangen und Florian Seyberth aus Nürnberg machen „Chill-Beats“ schon länger als es das Genre gibt, der heute eher für die mega-erfolgreiche Playlist-Berieselung für Studierenden steht („Lofi Beats to study to“ u. a.). Was für einige ProduzentInnen inzwischen ein einträgliches Geschäft ist. Wer wie sie knapp 700.000 monatliche HörerInnen hat, muss etwas richtig gemacht haben (zum Vergleich: Tocotronic haben knapp 150.000) – klar, Boozoo Bajou haben sich gegen das Live-Spielen entschieden. Und auch das DJing hat fast gänzlich aufgehört. Umso mehr bleibt für „Qualitäts-Zeit“ im Studio. Die Downbeat- Schleicher auf „Finistère“ funktionieren sowohl in einer Playlist (als Funktionsmusik zum Runterkommen bzw Nebenbei-Laufen-Lassen) als auch als Hörgenuss, als Platte für sich. Der Titel meint das westlichste französische Department – wo die Bretagne weit in den Atlantik hineinreicht. Im Lateinischen heisst er „Ende der Welt“ – der erste Track ist Bretonisch: „Penn Ar Bed“ – „Anfang Der Welt“. Ein passender Rahmen. (8,3 Punkte)

RESAVOIR – Resavoir

Meditativ-soulfuller Jazz vom Chicagoer International Anthem Label. Bzw. Will Miller, dem Multi-Instrumentalisten, der früher bei der ebenfalls aus Chicago stammenden Indie-Folk-Band Whitney war. Will selbst ist inzwischen gern gesehener Studiogast – u. a. spielte er schon auf Songs von Mac Miller und SZA. Er nennt das Album – es ist sein Zweites - „Soul-Jazz mit Bedroom-Beats, Synthi-Serenaden und Dämmerungs-Sonaten“. Miller arbeitet an Keyboards und Sampler, hält das Tempo unten – und die Zahl der Gäste hoch: bald ein Dutzend befreundeter MusikerInnen wirken auf „Resavoir“ mit. Man merkt, dass der ehemalige Konservatoriums-Schüler (am berühmten Oberlin Jazz Conservatory) Indie-HipHop und Electronica hört: er orchestriert seine verträumten Instrumentals gern vorsichtig und trägt nicht zu dick auf. „First Light“ mit seinen sanften Trompeten erinnert leicht an seinen Label-Kollegen Alabaster De Plume. Das Stück entstand in Open-Air-Jam-Sessions, die er nach der Pandemie neben seinem Wohnhaus in Chicago organisierte – die Nachbarn freuten sich und brachten Bier vorbei. Andere Stücke nahm er in einem Studio in einer alten Hammond-Orgelfabrik auf. „Ein einziger Akkordwechsel hat die Macht, meinen ganzen Tag völlig umzukrempeln und mir ein Gefühl von Frieden und Wunder zu geben. Das sind die besten Momente beim Musikmachen, die Momente der Heilung und  Transformation. Das Gefühl dieses Albums ist für mich meditativ, friedlich, gelassen, ruhig, introspektiv, absichtsvoll, geduldig, ruhig, voller Ehrfurcht und liebevoll.“ ´Resavoir´ ist wie eine musikalische Übung im mentalen Loslassen. (8,5 Punkte)

ACTRESS - LXXXVIII

 „LXXXVIII“ ist die römische Schreibweise für 88 – eine Abkürzung für ´hugs and kisses´ bzw Synonym fürs Klavier – wegen der Zahl der Tasten. Der britische Musiker Actress macht seit 25 Jahren Musik und seit 15 Jahren Platten – davor war er Profi-Fussballer – bis er nach einer Verletzung aufhören musste. Und seinem 2. Hobby folgte. Auf seinem neunten Album beschäftigt sich Darren Cunningham mit dem „strategischen Denken hinter Schach“. Kürzlich spielte Actress auch gegen Fans Online-Schach, auf einer Seite, wo das neue Album schon zum Teil zu Hören war. Andere Stücke hatten beim Glastonbury-Festival Premiere. In diesem Jahr spielte er mit Autechre und James Blake, war für Coachella (USA) und Atonal (Berlin) gebucht und arbeitete mit ShyGirl und Kali Uchis. Die Palette reicht von beatlosen Ambient-Nummern („Chill/h 2“) über TripHop-Tracks mit Soul-Samples („It´s Me“/g 8) bis zu avantgardistischen House-Stücken („Pluto“/a 2). Jedes Lied hat die Zugnummer eines Schachspiels als Untertitel. Ums mit den Figuren des Brettspiels zu sagen: Actress ist und bleibt ein König. (7,8 Punkte)

FULL BLOOM - Time Zones

Zwei Songtitel verraten es: „Giesing Underwater“ und „Schwabylon Dub“. Wir haben es mit einem neuen, vielversprechenden Kollektiv aus München zu tun. Full Bloom („in voller Blüte“) um Alexis Böttcher - aka Packed Rich, wir haben den Beat-Maker mit Sampler und Fender Rhodes Piano während der Pandemie im Interview vorgestellt. Dazu Miko Watanabe (Drums/Percussion), Sascha Lüer (Horns & Flutes, Voc), Robin Jermer (Ark Noir + Hannah Weiss Group, Bass), Tilman Brandl (Guitar), Anna Emmersberger (Bass), Layla Carter (voc), Biboul Darouiche (Percussion). Wir lernen, wie schnell und leicht man vom Jazz über den Dub und Afrobeat zur Elektronik kommt. Die Formation könnte damit eine Lücke füllen: die zwischen Jazz-Club Unterfahrt und Blitz Club. Nach Fazer die zweite junge Jazz-Kombo, die auch Club-Sound kann. Kommt Digital + Vinyl. Auf Ilian Tape. „Full Bloom“ stellen das Album am 3.11. beim Jazzfest München im Blitz Club vor. (8,0 Punkte)

CHRISTIAN KJELLVANDER – Hold Your Love Still

Der schwedische Songwriter mit seinem zehnten Album – wieder fürs Hamburger Tapete Label. Auf dem er ua die Einflüsse des Kapitalismus auf die moderne Gesellschaft besingt – in „Notes From The Drive Between Simat And Alcoi“ geht es um die Anfänge der spanische Arbeiterbewegung und in „Disgust For The Poor“ um die 3Ks: Kapitalismus, Konsumismus und Kolonialismus. Um ganz am Ende noch ein 4. K zu thematisieren: den Klimawandel. Seine Stimme gehört zweifelsohne zu den Trost-Stimmen, denen wir alles abnehmen und die uns gut tun, wenn wir sie hören. Auf seine unnachahmlich melancholische Weise singt er – und je tiefer sein Timbre wird, desto mehr könnte er eines Tages der skandinavische Johnny Cash werden. 2024 spielt er in Deutschland – und kommt damit ua nach Mainz, Ravensburg und Fürth (Kofferfabrik 16.3.) (7,8 Punkte)    

SALAMANDA - In Parallel

Das Damen-Electronica-Duo aus Seoul/Korea mit seinem neuen Album. Leicht psychedelisch, immer flimmernd, zum großen Eintauchen – auch auf dem kleinen privaten Tanzboden zuhause. Seit 2019 machen das Uman Therma (aka Sala) und Yetsuby (aka Manda). „In Parallel“ ist ihr viertes Album und wieder voller Minimal-Ambient. Es entstand nach Touren – und einigen Festival-Auftritten wie Mutek, Nachti oder Dekmantel (Montreal, Leipzig, Amsterdam). Erstmals auch mit Vocals – ätherisch gehalten. Das Album ist eine Platte über Verbindung/Wärme/Freundschaft. Pflegen wir sie zu Salamanda! (7,7 Punkte)

Hier könnt ihr die Musik von morgen eine Woche nachhören