Wenn der gefräßige Weiße Zwerg im Sternbild Nördliche Krone genug Material vom Roten Riesen abgesaugt hat, kommt es zu einer Explosion in seiner Hülle und eine Nova leuchtet auf.
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Weißer Zwerg und Roter Riese: Ein solches Sternenpaar wird demnächst für eine gewaltige Explosion sorgen, die Sie selbst sehen könnten.

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Warten auf die Sternenexplosion: Diese Nova können Sie sehen

Nur einmal in einem Menschenleben leuchtet dieser Stern so hell auf, dass er mit bloßem Auge zu sehen ist: T Coronae borealis in der Nördlichen Krone soll in diesem Jahr als Nova erstrahlen. Mit einem neuen Stern hat das nichts zu tun, im Gegenteil.

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Abend am .

Jederzeit könnte jetzt ein Stern am Sternenhimmel aufleuchten, den Sie noch nie gesehen haben: Eine Nova im Sternbild Nördliche Krone (Corona borealis, CrB), die sich bis spätestens September dieses Jahres ereignen wird. So hell wie der Polarstern wird der Stern T Coronae borealis (T CrB) dann leuchten. Noch nie von ihm gehört? Kein Wunder, denn normalerweise ist er viel zu dunkel, um gesehen zu werden.

Doch für ein paar wenige Tage werden Sie den Stern ganz einfach sehen können. Und das sollten Sie nicht verpassen, denn vielleicht werden Sie nie wieder eine Nova zu Gesicht bekommen. Es ist auch ganz einfach: Sie müssen dann nur vors Haus treten und in die richtige Richtung gucken - genaue Angaben dazu finden Sie weiter unten. Der richtige Zeitpunkt lässt sich allerdings nicht genau vorhersagen. Die Sternenexplosion kann jederzeit beginnen, zwischen heute und irgendwann im September.

Wenn's bei einem uralten Sternenpaar knistert

"Nova" (Latein für "neu") ist eine irreführende Bezeichnung, denn der Stern ist keineswegs neu, im Gegenteil. Bei der Nova in der Nördlichen Krone handelt es sich auch nicht nur um einen Stern: Zwei uralte Sterne umkreisen einander und bilden so ein Doppelstern-System. Es ist ein sehr ungleiches Paar: Der eine Stern ist ein Roter Riese, kühl und stark aufgebläht. Der andere ist ein Weißer Zwerg, ein sehr heißer Stern und stark verdichtet. Eigentlich ist er schon kein richtiger Stern mehr, da die Kernfusion in seinem Inneren schon beendet ist. Der Weiße Zwerg leuchtet nur noch in geringem Maße im sichtbaren Licht, ist aber noch sehr heiß. Seine Hüllen hat er längst abgeworfen, übrig ist nur der enorm dichte Kern. Seinem Partner, dem Roten Riesen, wird es irgendwann ebenso ergehen, wenn die Kernfusion in ihm zu Ende geht.

Weil der Weiße Zwerg selbst so dicht ist, saugt er beständig Materie von dem Roten Riesen ab - vereinfacht dargestellt. Ein steter Gasstrom fließt so von dem einen Stern zum anderen und bildet um den Weißen Zwerg eine kontinuierlich wachsende Akkretionsscheibe. Denn die beiden Sterne sind nicht weit voneinander entfernt, etwa halb so weit wie die Erde von der Sonne.

Die Nova - eine Explosion am Sternenrand

Weil der Weiße Zwerg so heiß ist, wird die anwachsende Materiescheibe immer stärker verdichtet und erhitzt. Irgendwann knallt es: Es kommt zu einer thermonuklearen Reaktion, einer Kernfusion auf der Oberfläche des Weißen Zwergs. Eine gewaltige Explosion, die den Stern um das Tausendfache heller werden lässt.

T CrB erhellt sich bei der Nova von nur 10 mag scheinbarer Helligkeit voraussichtlich auf 2 mag (je niedriger der Wert, umso größer ist die scheinbare Helligkeit). Das ist etwa so hell wie der Polarstern. So hell, dass Sie ihn selbst in der Dämmerung bereits erblicken können und auch dann noch sehen werden, wenn er kurz vor dem Untergang dicht an den Horizont heranrückt.

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Starhopping zur Nova in der Nördlichen Krone: Von ẟ CrB über ε CrB zu T CrB

Die Nova in der Nördlichen Krone ist eine der hellsten

Die Nova, die beim Sternensystem T CrB erwartet wird, ist noch dazu eine der hellsten Novae, die bei uns beobachtet wurden. Dass eine Nova so hell war, ist schon ein halbes Jahrhundert her: 1975, im Sternbild Schwan.

Zudem ist sie eine besondere Form der Nova, nämlich eine rekurrierende Nova (auch: wiederkehrende Nova). Denn der Weiße Zwerg überlebt die Explosion in der Akkretionsscheibe und fängt danach wieder neu an, Material vom Roten Riesen abzuziehen und um sich zu sammeln. Etwa achtzig Jahre dauert es, bis er wieder ungefähr so viel gehortet hat, wie die Erde an Masse besitzt. Dann kommt es erneut zu einer Nova. So war es auch vor knapp achtzig Jahren und achtzig Jahre davor: In den Jahren 1866 und 1946 wurden ebenfalls Novae von T Coronae borealis beobachtet.

Woher wissen Forscher, dass die Nova jetzt eintreten wird?

Die Regelmäßigkeit einer wiederkehrenden Nova macht es absehbar, wann in etwa die nächste Nova auftreten wird, auch wenn sich das Sternensystem nicht ganz exakt ans Datum hält. Doch nach dem bisherigen Rhythmus wäre eine Nova von T CrB erst 2026 zu erwarten gewesen.

Warum werden wir jetzt schon heiß auf die Sternenexplosion gemacht? Weil Astronomen den Stern ganz genau beobachten und so beispielsweise 2015 feststellten, dass der Doppelstern plötzlich auffallend heller und aktiver geworden war. Acht Jahre vor der Nova von 1946 war das ebenfalls beobachtet worden.

Ein US-amerikanischer Forscher lässt den Stern seit Jahren nicht mehr aus den Augen und rechnet immer wieder und wieder, wie lange es noch bis zur Nova dauert: Der emeritierte Professor Bradley Schaefer von der Louisiana State University (externer Link) stellte 2023 dann ein Abdimmen des Sterns fest. Ein typisches Signal, das sich gut ein Jahr vor einer Nova zeigt, so Schaefer. Er prognostizierte, dass die Nova bis spätestens September dieses Jahres eintreten wird.

Guter Blick zur Nördlichen Krone im Sommer

Es wäre toll, wenn sich die Nova bis spätestens September ereignen würde, denn bis dahin haben wir einen tollen Blick auf das Sternbild Nördliche Krone, in der sie stattfindet.

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Per Starhopping vom hellen Arktur zu Gemma, dem hellsten Stern des Sternbilds Nördliche Krone

Die Nördliche Krone (Corona borealis) befindet sich zwischen den Sternbildern Herkules und Bärenhüter. Von dessen hellstem Stern Arktur aus, der kaum zu übersehen ist, finden Sie ganz einfach zur Nördlichen Krone: Der hellste Stern des Sternbilds, Alpha Coronae borealis (α CrB), ist etwa zwei Handbreit von Arktur entfernt, links über ihm. Gemma ("Edelstein"), wie dieser Stern auch genannt wird, ist etwas dunkler als Arktur, aber mit 2,2 mag scheinbarer Helligkeit fast so hell, wie die Nova werden soll. Alle übrigen Sterne sind leider sehr viel dunkler und nur zu erkennen, wenn der Himmel nachtschwarz ist.

Doch dann werden Sie das Sternbild Nördliche Krone aufgrund seiner markanten Form gut finden können: Es bildet einen enggezogenen Halbkreis und erinnert an ein Diadem oder einen Becher. Im Durchmesser ist es etwa drei bis vier Fingerbreit groß.

Im Audio: Unübersehbar heller Stern Arktur

Der Stern Arktur im Sternbild Bärenhüter Bootes. Arktur ist der dritthellste Stern am Firmament und der hellste des nördlichen Sternenhimmels.
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Arktur im Bärenhüter

Wann Sie die Nördliche Krone gut sehen

  • Im April finden Sie die Nördliche Krone rund um Mitternacht hoch im Südosten.
  • Im Mai erreicht das Sternbild nach Mitternacht seinen höchsten Punkt, genau im Süden und fast senkrecht über uns.
  • Im Juni ist es erst nach Mitternacht dunkel genug für alle Sterne der Nördlichen Krone. Dann wandert das Sternbild langsam nach Südwesten, steht aber weiter sehr hoch.
  • Im Juli ist kurz vor Mitternacht der beste Zeitpunkt für die Nördliche Krone hoch im Südwesten.
  • Im August können Sie spätestens ab 23 Uhr die ganze Nördliche Krone sehen, hoch im Westen.
  • Im September wird es zwischen 21 und 22 Uhr dunkel genug, dann ist die Nördliche Krone noch etwa vier Handbreit über dem Horizont im Westen.

Die Nova hingegen werden Sie schon viel früher am Abend sehen können: Der Stern wird so hell, dass er bereits in der Dämmerung zu sehen sein wird.

Weit entfernt, lange her: Ein Blick in Raum und Zeit

Unabhängig davon, ob die Nova in der Nördlichen Krone im Mai oder im September auftaucht: In Wirklichkeit wird sie schon längst stattgefunden haben. Denn der Doppelstern T Coronae borealis ist rund 3.000 Lichtjahre von uns entfernt. Das bedeutet, das Licht einer seiner Novae ist circa 3.000 Jahre zu uns unterwegs.

Redaktionelle Anmerkung: In der ursprünglichen Version des Artikels war versehentlich von einer Aggregationsscheibe statt einer Akkretionsscheibe die Rede sowie davon, dass ein Weißer Zwerg gar kein Licht mehr aussendet. Diese Fehler haben wir am 23. April 2024 korrigiert.

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