Junge haut einen Wecker aus
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Schule erst um 9.00 Uhr? Für viele Schüler ein Traum!

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Müde Schüler: Fängt die Schule zu früh an?

Der frühe Schulbeginn in Deutschland lässt Kinder alles andere als ausgeschlafen die Schulbank drücken: Vor 8.00 Uhr liegt bei vielen Menschen die Leistungskurve noch ganz unten. Deshalb wird die Forderung laut: Schulbeginn erst um 9.00 Uhr.

Über dieses Thema berichtet: Campus Magazin am .

Der strikte Schulbeginn in Deutschland um 8.00 Uhr ist nach Ansicht von Schlafexperten vor allem für Jugendliche zu früh. Vor 8.00 Uhr - vor allem im Winter - sind Sinnesleistungen, Gleichgewichtssinn, Sprachfähigkeit und Koordination noch auf "Schlafen" eingestellt.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Schüler fitter, lernfähiger und insgesamt ausgeglichener sind, wenn sie etwas später in die Schule gehen." Joachim Ficker, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums Nürnberg

Eine große Rolle beim Wachwerden: die Sonne

Morgens aufzustehen und ans Licht zu gehen, synchronisiert unsere innere Uhr, erklärt Ficker. "Wenn aber die Schule im Winter deutlich vor Sonnenaufgang beginnt, sind weder Schüler noch Lehrer richtig synchronisiert und entsprechend wenig leistungsfähig."

Der Rat des Mediziners: sich nachmittags körperlich austoben und weniger Zeit mit dem Handy auf dem Sofa verbringen. Auch der Fußweg in die Schule könne helfen. Das reiche aus, um die innere Uhr zu synchronisieren und um dem Organismus ein klares Startsignal zu geben: Jetzt ist Morgen, jetzt ist Tag, jetzt geht es los!

Schulbeginn um 9.00 Uhr?

Trotzdem hält Ficker einen späteren Schulbeginn - etwa um 9.00 Uhr - für günstiger. Schon lange wird in Deutschland darüber diskutiert, den Schulbeginn wie in Frankreich oder Italien auf 9.00 Uhr zu legen. Deutsche Schulkinder müssten dann nicht jeden Morgen aufstehen, bevor ihr biologischer Wecker klingelt.

In der Pubertät sind die Tage länger

Das Problem wird laut Schlafforschern in der Pubertät noch weiter verschärft, denn dann werden selbst genetische Frühaufsteher zu wahren Morgenmuffeln. Haben sie einst ihre Eltern beim ersten Lichtschimmer aus dem Bett getrommelt, liegen sie jetzt bis mittags im Bett - wenn sie können. Wenn sie in die Schule müssen, quälen sie sich aus dem Bett und machen nach der Schule einen ausgedehnten Nachmittagsschlaf, um abends topfit nicht ins Bett zu finden. Schlafmangel ist so programmiert.

Leben gegen die innere Uhr

Jeder Mensch tickt anders. Dafür sorgt seine innere Uhr. Sie ist unbestechlich, lässt sich nicht verstellen. Sie steuert zahlreiche lebenswichtige Vorgänge, regelt unseren Organismus und organisiert Tag wie Nacht. Ignoriert man langfristig ihren Takt, wird man krank.

Die Lerchen und Eulen

Die innere biologische Uhr bestimmt unseren Chronotypen. Es gibt sogenannte Lerchen und Eulen, das ist genetisch festgelegt. Die meisten von uns liegen irgendwo dazwischen. Lerchen sind Morgenmenschen. Sie stehen früher auf, werden allerdings auch früher müde. Eulenmenschen schlafen länger, werden abends dafür richtig munter.

Unser Schlafverhalten ändert sich

Allerdings verändert sich der Chronotyp im Laufe unseres Lebens. So sind Kinder meist Lerchen, werden als pubertierende Teenager aber eher zu Eulentypen. Ältere Menschen dagegen tendieren wieder zu Lerchen. Da Jugendliche eher Eulentypen sind, sei 8.00 Uhr als Schulbeginn hierzulande kontraproduktiv und leistungshemmend, meint auch der Schlafforscher Professor Till Ronneberger. Unsere soziale Taktung nehme kaum Rücksicht auf unsere Chronotypen. Der Konflikt zwischen biologischer Uhr und gesellschaftlicher Zeit führe zu einer chronischen Form von Jetlag.

Die Uhren ticken anders

Ursache für den veränderten Teenager-Schlaf ist außerdem, dass die innere Uhr der Jugendlichen länger tickt: Ihr Biorhythmus geht über die 24 Stunden des Tages hinaus. Der Stoff im Gehirn, der müde macht, das Melatonin, wird dann im Durchschnitt zwei Stunden später ausgeschüttet. Die Teenager werden also später müde. Aufstehen müssen sie natürlich trotzdem in der Früh. Und das führt zu Schlafmangel. Erst bei Erwachsenen zeigt sich wieder die genetische Veranlagung zu frühem Vogel oder Nachteule.

DAK-Studie: Deutschlands Schüler schlafen zu wenig

Unausgeschlafene Schüler? Auch laut einer DAK-Studie vom Januar 2019 ist das ein Problem, denn fast jeder dritte Schüler leidet unter Schlafstörungen. Besonders betroffen sind Neunt- und Zehntklässler, die im Schnitt zwei Stunden zu wenig schlafen. Permanentes Schlafdefizit wirkt sich ungünstig auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit aus. Wer oft Stress empfindet, leidet häufig auch unter Kopf-, Rücken- und Bauchschmerzen und fühlt sich niedergeschlagen.