Alte Batterien in einer Batterie Rückgabe. Ausgelaufene und verbrauchte Batterien und Akkus
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Batterien sind die Problemkinder der Energiewende: Eine neue EU-Verordnung soll für mehr Recycling sorgen.

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Mehr Recycling als Ziel: EU-Parlament stimmt über Batterien ab

Immer mehr Batterien werden in der EU verkauft und mit der Energiewende wird der Bedarf weiter steigen. Auf Dauer werden aber die Rohstoffe für Batterien und Akkus knapp. Eine neue EU-Verordnung fordert jetzt strengere Regeln für das Recycling.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Siebzehn Jahre ist es her, dass die Europäische Union das letzte Mal den Umgang mit Altbatterien umfassend geregelt hat. Seither hat sich viel getan: Handyakkus, festverbaute Batterien in zahlreichen Geräten, Elektroautos, Speicherbatterien für Solaranlagen zuhause und die allgegenwärtigen Scooter auf den Straßen – Elektromobilität, Energiewende und technologischer Fortschritt haben die Welt nur noch mehr von Batterien und Akkus abhängig gemacht.

Restmüll statt Sammelbox

In Batterien stecken wertvolle Rohstoffe, die bei der Entsorgung oft verlorengehen, denn es werden längst nicht alle Batterien und Akkus wiederverwertet. Etwa 230.000 Tonnen an Kleinbatterien und kleinen Akkus wurden nach Angaben der europäischen Statistikbehörde im Jahr 2020 in der EU verkauft, weniger als die Hälfte dieser Menge wurde dem Recycling zugeführt. Viele Batterien landen vermutlich im Restmüll und werden verbrannt, ohne, dass die wertvollen Inhaltsstoffe weiterverwendet werden.

Zu wenig wiederverwertbares Material

Die EU will das ändern. Seit 2020 arbeiten Kommission, Parlament und Rat an einer neuen Batterieverordnung. Am heutigen Mittwoch stimmt das EU-Parlament über den Gesetzesentwurf ab. Wenn die Parlamentarier zustimmen, könnte die Verordnung sogar noch dieses Jahr in Kraft treten. Sah die alte Richtlinie noch Mindestsammelquoten von 45 Prozent vor, so sind es nach dem neuen Entwurf 73 Prozent bis 2030. Außerdem werden konkrete Recyclingquoten für bestimmte Materialien festgelegt, die bisher oft entsorgt wurden, weil der Recyclingprozess aufwendig und teuer ist. Künftig müssen in einer neuen Batterie 85 Prozent des Bleis wiederverwertet sein, 16 Prozent des Kobalts, und für Nickel und Lithium sind es sechs Prozent, "Das ist deswegen so niedrig, weil der Markt so stark wächst", so Christoph Helbig, Professor für ökologische Ressourcentechnologie an der Uni Bayreuth. Es sei schlicht nicht mehr Altmaterial zum Recycling vorhanden. 

Neue Geschäftsideen

Von den neuen Regeln könnten neben der Umwelt vor allem spezialisierte Unternehmen profitieren. Forschungsprojekte an Unis und Startups beschäftigen sich mit dem Recycling von Batterien und der Frage, wie man alten Batterien oder Produktionsausschuss ein zweites Leben ermöglichen kann. "Second Life" nennt die Branche das. Eine Batteriezelle, die nicht mehr gut genug für ein Elektroauto ist, könnte so bis an ihr Lebensende in unkritischeren Bereichen wie bei Solaranlagen eingesetzt werden.

Ein Startup, das Batterierecycling voranbringen will, ist LiBCycle. Gegründet von ehemaligen Studenten der TU München bietet es Transportlösungen für Altbatterien an. Das Unternehmen startete vor zwei Jahren mit einer flexibel einsetzbaren Transportbox, in der die Batterien sicher, rechtskonform und vor allem unkomplizierter als bisher verpackt werden. Heute bieten die Münchner und ihre Partnerunternehmen die gesamte Logistikkette von der Abholung bis zur Auslieferung beim Recyclingunternehmen an. Vor allem Altbatterien von Elektroautos fahren die Lastwagen durch ganz Europa, zu den Kunden zählen einige der großen Autohersteller. Künftig will der Dienstleister auch in das Geschäft mit den "Second Life"-Batterien einsteigen, derzeit laufen schon Pilotversuche dazu, erzählt Geschäftsführer Philipp Brunotte.

Die ethisch einwandfreie Batterie

Die Verordnung sieht erstmals auch vor, dass Hersteller und Verkäufer Verantwortung für Umweltrisiken und soziale Standards übernehmen, und zwar beim Abbau von Rohstoffen in Minen ebenso wie bei der Verarbeitung. Das Ergebnis soll, so schreibt das EU-Parlament wörtlich, die "ethisch einwandfreie“ Batterie sein. Die genaue Ausgestaltung dieser Vorgabe und wie sie kontrolliert werden soll, lässt der Entwurf aber offen. Wobei Ressourcenspezialist Christoph Helbig von der Uni Bayreuth beobachtet, dass manche Länder da schon weiter sind als die EU. China zum Beispiel habe im Bereich Batteriesicherheit bereits Standards gesetzt, die in der EU erst einige Jahre später eingeführt wurden, allerdings nur in Teilbereichen.: "Bei dieser umfassenden Battery Regulation, die wir jetzt aber haben, handelt es sich um ein Gesamtwerk, was es so in China auch noch nicht gibt."

Bessere Informationen für Verbraucher

Helbig hebt unter anderem den Batteriepass hervor, den die EU für Akkus von Elektroscootern, Fahrrädern und anderen kleineren Elektrotransportmitteln sowie für Batterien mit einer Kapazität von mehr als 2 Kilowattstunden plant. Der Pass, der über einen QR-Code für jedermann abrufbar sein soll, muss Informationen zur chemischen Zusammensetzung zu den sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen und zahlreiche weitere technische Daten der Batterie enthalten.

Wie wir in Deutschland unsere Batterien und Akkus künftig wiederverwerten, wie Industrie und Verbraucher mit dem Thema umgehen müssen, wird nicht in Brüssel entschieden. Zwar gilt eine Verordnung sofort, aber jedes EU-Land muss sie nach eigenen Maßgaben umsetzen und die nationalen Gesetze anpassen. Anders gesagt: Die EU gibt Mindeststandards vor, die jedes Land für sich auch strenger auslegen kann. Die Prüfungen dafür laufen im Bundesumweltministerium bereits.

Reaktionen von Unternehmen und Umweltverbänden

Philipp Brunotte von LiBCycle findet die neue Verordnung gut, sieht jedoch die Logistikbranche vor großen Herausforderungen. Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung machten es den Unternehmen unnötig schwer. Jeder Grenzübertritt bedeute Bürokratie und monatelange Vorplanung, so Brunotte. Deshalb fordert er von den Politikern eine Angleichung der Gesetze: "Das Abfallrecht ist nationales Recht. Und wenn man Belgien als Beispiel nimmt, dort muss ich nicht für das ganze Land eine Abfallgenehmigung beantragen, sondern für jede der drei Regionen. Die erkennen auch untereinander die Abfallgenehmigungen nicht an."

Doch auch hier könnte die EU schon bald nachbessern. Auf Anfrage von BR24 teilt das Bundesumweltministerium mit, dass die europäische Verordnung über die Verbringung von Abfällen derzeit überarbeitet wird. Teil der Verhandlungen sei demnach auch eine Beschleunigung der Verfahren und eine Einführung eines verpflichtenden elektronischen Datenaustauschs.

Umweltverbände haben sich der neuen Verordnung gegenüber positiv geäußert, sehen aber weiteren Handlungsbedarf. Die Deutsche Umwelthilfe fordert Anreize für Verbraucher, damit diese ihre Altbatterien auch tatsächlich zurückgeben – andere Länder seien hier bereits weiter als Deutschland.

So ein Anreiz könnte zum Beispiel ein Pfandsystem sein, wie es schon für Getränkeflaschen, Dosen oder Autobatterien existiert.

Im Audio: So läuft das Recycling von Akkus und Batterien

Batterien liegen in einer Entsorgungstonne auf einem Wertstoffhof in Hannover.
Bildrechte: picture alliance/Peter Steffen/dpa
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Batterien

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