In einer Recyclinganlage wird der Batterieblock eines Elektrofahrzeugs von Hand geöffnet.
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In einer Recyclinganlage wird der Batterieblock eines Elektrofahrzeugs geöffnet.

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E-Mobilität: Warum das Batterie-Recycling so schwierig ist

Kaum eine Verkehrsdiskussion, die nicht auf Elektrofahrzeuge zu sprechen kommt - und die Batterien. Wie sieht es aus mit der Entsorgung dieser Akkus und zum Teil gefährlicher Inhaltsstoffe? Das hat ein BR24-Leser gefragt. Der #Faktenfuchs antwortet.

Der ökologische Schwachpunkt batteriebetriebener E-Fahrzeuge ist – zumindest zum jetzigen Stand der Entwicklung – ihr Kernstück: die Batterie. In den Akkus sind unter anderem Lithium und Kobalt enthalten. Deren Abbau schädigt die Umwelt in den Rohstoffländern, zum Beispiel in Chile oder im Kongo. Bei der Herstellung der Batterien entsteht Feinstaub, und wenn der Strom noch einen hohen fossilen Anteil hat, zum Beispiel Kohle, drückt auch die CO2-Last.

Und wie sieht es aus, wenn die Batterie ihre Dienste getan hat? "Welche Entsorgungsprobleme können durch Batterien entstehen, die zudem giftige Grundsubstanzen beinhalten?" hat uns ein BR24-User gefragt. Der Faktenfuchs trägt die wichtigsten Informationen zusammen.

Giftige Flüssigkeit in der Lithium-Ionen-Batterie

Die Batterien für Elektrofahrzeuge – egal ob Auto, Roller, Rad oder Scooter – basieren fast alle auf der Lithium-Ionen-Technologie. Solche Akkus enthalten im Gegensatz zu vielen anderen Batterien in der Regel zwar keine giftigen Schwermetalle wie Quecksilber, Cadmium oder Blei.

Aber der sogenannte Elektrolyt im Innern der Lithium-Ionen-Zellen birgt Probleme. Denn diese zähe Flüssigkeit, in der sich die Elektronen bewegen, enthält giftiges, stark ätzendes Fluor, ist hochreaktiv und entzündlich. Bekommt die Batterie zum Beispiel einen Riss, kann sich ein Kurzschluss bilden und der Akku in Brand geraten.

Mit Akkus, die – was sie nicht sollten – im Abfall landen und sich entzünden, haben Wertstoffhöfe bereits zu kämpfen. "Akkus werden häufig von den Verbrauchern nicht wie gesetzlich vorgeschrieben vom übrigen Müll getrennt", sagt Andreas Biermann, Entsorgungsexperte bei DEKRA Certification. "In vielen Wertstoffhöfen wird zudem der Schrott bei der Anlieferung nicht sorgfältig kontrolliert."

Alt-Akku: 50 Prozent davon muss recycelt werden

Die alten Batterien müssen nicht nur bei den Vertreibern oder den Sammelstellen zurückgegeben werden. Eine EU-Richtlinie schreibt allen Mitgliedstaaten vor, dass bei lithiumhaltigen Batterien am Ende der Recyclingprozesse mindestens 50 Prozent der Materialien recycelt sein müssen. Das heißt: Geht ein ausgedienter Akku in eine Recyclinganlage, muss mindestens die Hälfte davon auch wirklich recycelt werden. Der Rest könnte sozusagen nicht-recycelt die Anlage wieder verlassen. Diese Forderung nach den 50 Prozent, so Falk Petrikowski vom Umweltbundesamt, wird oft zum Großteil bereits durch die manuelle oder automatisierte Demontage der Hülle, der Verkabelungen und Komponenten zur Kühlung der Zellen erreicht.

Sechs spezialisierte Recycler in Deutschland

Auch im Recycling ist die entzündliche und flüchtige Elektrolyt-Flüssigkeit einer der Knackpunkte. Diese muss von den anderen Materialien der Zellen getrennt werden. Solche Prozeduren, wie überhaupt das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus, beherrschen nur wenige Unternehmen.

"In Deutschland gibt es – Stand Ende 2018 - sechs Recyclingbetriebe für lithiumhaltige Altbatterien", sagt Falk Petrikowski. "Es gilt ständig, die Recycling- Prozesse den neuartigen Zellchemien so anzupassen, dass die bestehenden hohen Sicherheits- und Umweltstandards durchgängig erfüllt sind. Das Eigeninteresse der Recycler, anspruchsvolle Standards umzusetzen, ist hoch", so Petrikowski. Die vereinzelten Brände in Anlagen von Altbatterie-Sortierern bzw. -Recyclern hätten gezeigt, wie umfangreich und schwerwiegend die Auswirkungen sein können.

Spannung von mehreren hundert Volt

Im Recycling ist schon das Öffnen der Batterie anspruchsvoll. Beispiel Lithium-Ionen-Akku eines E-Autos: So eine Batterie setzt sich aus vielen einzelnen Elementen zusammen, so ähnlich wie in einem Baukastensystem - Batteriezellen bilden Module. Mehrere Module werden dann in einem Gehäuse zusammengefügt.

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Im Batterieblock eines Elektroautos stecken viele aneinandergereihte Batterie-Module. Hier ein Renault-Ausstellungsstück, Pariser Autosalon 2016.

"Die Batterien weisen je nach Bauart Spannungen von mehreren hundert Volt auf und können aktuell von außen vor der Zerlegung oft nicht so einfach entladen werden. Die Batterien sind zudem verschweißt oder konsequent verklebt, was das Öffnen zusätzlich erschwert", erklärt Felk Petrikowski. Und weil sehr viele verschiedene Größen und Formen existieren, gibt es keine Roboter, die das übernehmen. Arbeiter demontieren die Batterien von Hand.

Recycling des Batteriegehäuses

Nach dem Öffnen der Batterie werden zunächst Hülle und Verkabelungen entnommen. Darin stecken Aluminium und Kupfer. In diesem Schritt steckt fürs Recycling der größte und noch am einfachsten zu erzielende Profit. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wertete mehrere Studien aus und schreibt 2018 im Abschlussbericht zu einem Expertenforum: "Dabei kommt die Mehrheit der Arbeiten zu dem Schluss, dass der größte Nutzen in den ersten Prozessschritten erzielt wird, das heißt dem mechanischen Zerlegen der Batteriepacks, deren Gehäuse und Batteriemodule, wo die einzelnen Komponenten vollständig und sortenrein getrennt und individuell einer geeigneten Wiederverwertung zugeführt werden können."

Recycling von Rohstoffen lohnt sich nicht immer

In den einzelnen Batteriezellen sind viele verschiedene Stoffe in nur sehr kleinen Mengen enthalten und schwierig herauszulösen. Das bedeutet mehrere Arbeitsprozesse. "Kobalt ist der Wertstoff, der Geld bringt", stellt der Experte vom Umweltbundesamt fest. Auch eine Ausbeute an Nickel lohnt sich – ökologisch und finanziell. Denn der Abbau von beiden Stoffen ist mit hohen Umweltbelastungen in den Herkunftsländern verbunden, und die Rohstoffe sind relativ teuer. Der Kobaltanteil in den Akkus ist in den letzten Jahren gesunken.

Bei anderen Stoffen kann es sein, dass sich das Recycling nicht lohnt. "Fallweise", so schreibt das Karlsruher Institut in dem Workshopbericht, könne es sogar umweltbelastender sein, Lithium oder Eisen im Recycling wiederzugewinnen, als neues abzubauen. Beide Metalle sind einfach zu gewinnen. Das Öko-Institut in Freiburg fordert zwar auch die Rückgewinnung von Lithium. Aber das Herauslösen dieses Stoffes aus alten Akkus ist sehr aufwendig, benötigt sehr viele Arbeitsschritte und in der Regel den Einsatz großer Mengen von Chemikalien.

Nach dem kompletten Recycling-Prozess bleibt von den Akkus eine Art Schlacke zurück. Diese kann laut Petrikowski zum Beispiel noch für den Bau von öffentlichen Straßen oder für Wege in Deponien verwendet werden.

An den Batterien und Verfahren fürs Recycling wird vielfach geforscht. So soll unter anderem ein Recycling möglichst aller enthaltenen Wertstoffe wirtschaftlich werden. Das Fraunhofer IWKS setzt dabei auf mechanische Prozesse, die bisherige chemische oder thermische Schritte erübrigen. Auch die Verringerung der Gefahren wird in Forschungsprojekten behandelt.

Zweites Leben für die Akkus

Auch die deutsche Bundesregierung fördert seit zehn Jahren verschiedene Projekte zur Erforschung der Elektromobilität. Darunter auch die Möglichkeiten für eine Wiederverwendung von Akkus. Wenn die Antriebsbatterien in Fahrzeugen bei einer Leistungsfähigkeit von 70 bis 80 Prozent angelangt sind, werden sie in der Regel aussortiert, können aber für andere Zwecke noch genutzt werden. So erprobt Audi in Ingolstadt zum Beispiel, die gebrauchten Batterien aus E-Mobilen für Gabelstapler und Zugmaschinen in seinen Fabriken weiterzuverwenden. Eine andere Möglichkeit ist, den Akkus in Solaranlagen ein "Second Life" zu geben.

Bei den Batterien für die Elektromobilität wird zum einen die Lithium-Ionen-Technologie weiterentwickelt. Daneben wird auch zu anderen Batterie-Arten wie der Feststoffzelle geforscht.

Fazit:

Das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien aus E-Fahrzeugen muss mehrere Hürden nehmen: die hohe Spannung von mehreren hundert Volt in den Akkus, die entzündliche und fluorhaltige Flüssigkeit, die im Arbeitsprozess herausgetrennt werden muss. Außerdem sind bei den Lithium-Ionen-Akkus viele verschiedene Stoffe in Kleinstmengen enthalten, was viele Arbeitsschritte nötig macht. Recycling-Firmen haben es mit sehr vielen verschiedenen Fabrikaten zu tun. Auch das erschwert die Arbeit.

Es kann Fälle geben, in denen sich die Wiedergewinnung zum Beispiel von Metallen ökonomisch und ökologisch nicht lohnt. Darauf weist das Karlsruher Institut für Technologie in einem Bericht von 2018 hin. Zu diesen Stoffen zählt das Lithium. Lukrativer sind Kobalt oder Nickel. In Deutschland gibt es mittlerweile sechs Recyclingbetriebe, die sich auf Akkus, wie sie für E-Mobile eingesetzt werden, spezialisiert haben. Laut Umweltbundesamt liegt es auch im Interesse der Recyclingbetriebe, Standards einzuhalten – schon zur Sicherheit im eigenen Betrieb.