Aufnahmen von Komet 2I/Borisov am 16. November und 9. Dezember 2019
Bildrechte: NASA, ESA and D. Jewitt (UCLA)

Komet 2I/Borisov hat seinen sonnennächsten Punkt erreicht - und das Weltraumteleskop Hubble hat ihn dabei fotografiert.

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Interstellarer Komet 2I/Borisov in seinem hellsten Moment

Da ist Hubble ein Schnappschuss gelungen: Das Weltraumteleskop "erwischte" den Kometen 2I/Borisov gerade, als dieser der Sonne sehr nah und damit am hellsten war. 2I/Borisov ist erst das zweite beobachtete interstellare Objekt.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Wieder kreuzt ein interstellares Objekt durch unser Sonnensystem: Der Komet wurde nach seinem Entdecker 2I/Borisov benannt. Am 30. August 2019 hatte ihn der Amateurastronom Gennadi Borissow am Margo-Observatorium auf der Krim mit einem selbstgebauten Teleskop erspäht. Verschiedene Observatorien bestätigten die Entdeckung und zeigten, dass der Komet nicht aus unserem Sonnensystem stammt.

Seither hat das Weltraumteleskop Hubble den interstellaren Kometen nicht mehr aus dem Auge gelassen. Wie ein Sportreporter habe es den Kometen verfolgt, der in Millionen Kilometern Entfernung extrem schnell durch unser Sonnensystem rast, so die NASA. Kurz bevor und kurz nachdem der Komet 2I/Borisov Anfang Dezember seinen sonnennächsten Punkt, das Perihel seiner Bahn, durchlief, machte Hubble Fotos von dem fremden Objekt - in dem Moment, als der Komet am hellsten und am deutlichsten zu sehen war.

2I/Borisov - Erst das zweite interstellare Objekt

2I/Borisov ist erst das zweite interstellare Objekt, das Astronomen aufspüren konnten. 2017 kreuzte der interstellare Asteroid 1I/'Oumuamua durch das Sonnensystem und gab den Forschern viele Rätsel auf. 2I/Borisov dagegen ist ein Komet und ähnelt sehr den bekannten heimischen Kometen.

2I/Borisov bietet Astronomen die seltene Chance, aus der Nähe Einblicke in ein fremdes Sonnensystem zu bekommen. Erste Beobachtungen im September 2019 zeigten, dass der interstellare Komet denen unseres eigenen Systems ähnelt.

"Die gegenwärtige Geschwindigkeit des Kometen ist hoch, ungefähr 150.000 Kilometer pro Stunde, was in dieser Entfernung deutlich oberhalb der typischen Geschwindigkeiten von Objekten liegt, die die Sonne umkreisen." Davide Farnocchia, Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA

Die Beobachtung, dass 2I/Borisov den Kometen unseres Sonnensystems gleicht, konnten Astronomen von der Jagiellonen-Universität in Krakau bestätigten. Sie analysierten Aufnahmen des William Herschel-Teleskops auf La Palma und dem nördlichen Gemini-Teleskops des Mauna-Kea-Observatoriums auf Hawaii.

"Wir bemerkten sofort die bekannte Koma und den Schweif, die bei 'Oumuamua nicht zu sehen waren. Das ist wirklich cool, denn es bedeutet, dass unser neuer Besucher einer dieser mythischen und nie zuvor gesehenen 'echten' interstellaren Kometen ist." Michal Drahus, Jagiellonen-Universität Krakau

Außerdem fanden die Astronomen heraus, dass der Komet 2I/Borisov einen rötlichen Farbton hat und überwiegend aus Staub besteht. Sein fester Kern hat einen Durchmesser von etwa zwei Kilometern. Damit sei dieses kosmische Objekt nicht von den einheimischen Kometen des Sonnensystems zu unterscheiden, urteilt Piotr Guzik von der Jagiellonen-Universität in Krakau.

Durch das Sonnensystem und wieder hinaus

Der Komet Borsisov ist auf einer sogenannten Hyperbelbahn unterwegs, die ihn aus dem Sonnensystem hinausführt. Die Internationale Astronomische Union (IAU) urteilte im September, dass er eindeutig interstellarer Herkunft ist. Sie ist auch für die Benennung und Kategorisierung von Himmelskörpern zuständig. Zunächst bekam er die Katalognummer C/2019 Q4, dann zu Ehren seines Entdeckers die Bezeichnung 2I/Borisov. Der erste Teil des Namens "2I" weist darauf hin, dass es sich um das zweite interstellare Objekt handelt, das in unserem Sonnensystem entdeckt wurde.

Bildrechte: NASA/JPL-Caltech
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Die Bahn des Kometen 2I/Borisov durch das Sonnensystem

Früh entdeckt, gut zu beobachten

Im Gegensatz zu 1I/'Oumuamua wurde 2I/Borisov bereits im Anflug gesichtet. So bleiben den Astronomen viele Monate, um ihn zu beobachten.

"Das Objekt wird Mitte Dezember die größte Helligkeit erreichen und dann noch bis April 2020 mit mittelgroßen Teleskopen zu sehen sein. Danach wird es bis Oktober 2020 nur noch mit größeren, professionellen Teleskopen zu beobachten sein." Davide Farnocchia, Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA

Kleiner als gedacht

Nach den ersten Untersuchungen schätze man den Nukleus, den Kometenkern, auf eine Größe von zwei bis 16 Kilometer im Durchmesser. Die Aufnahmen, die das Weltraumteleskop Hubble Mitte November und Anfang Dezember 2019 aus einer Entfernung von rund 300 Millionen Kilometern zum Kometen machte, zeigten jedoch, dass der Kern von 2I/Borisov sehr viel kleiner ist: nur einen knappen Kilometer im Durchmesser.

Koma und Schweif des Kometen zu sehen

In den Hubble-Fotos ist die Koma, die strahlende Staubschicht um den Kometen, deutlich zu sehen, ebenso der Kometenschweif, den auch das Gemini-Observatorium auf Hawaii kurz nach der Entdeckung von 2I/Borisov beobachtete.

Am astrophysikalischen Institut der Kanaren (IAC) wurde damals ein Spektrum aufgenommen, um seine chemische Zusammensetzung zu bestimmen. "Das Spektrum dieses Objekts ähnelt solchen von Kometen unseres Sonnensystems, und das weist darauf hin, dass ihre Zusammensetzung ähnlich sein muss", berichtete IAC-Forscherin Julia de León. Diese Beobachtung lege nahe, dass sich Kometen in anderen Sonnensystemen durch ähnliche Prozesse formen könnten wie in unserem, ergänzte de Leóns Kollege Javier Licandro.

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Komet 2I/Borisov kurz nach seiner Entdeckung

Warten auf den nächsten interstellaren Besucher nach 2I/Borisov

Die Entdeckung von gleich zwei interstellaren Besuchern innerhalb von nur zwei Jahren deutet nach Einschätzung der IAU darauf hin, dass diese Objekte einen neuen Weg zur Erforschung bestimmter Prozesse in anderen Sonnensystemen eröffnen könnten. Wie häufig solche Stippvisiten sind, ist allerdings noch schwer abzuschätzen. Einen der nächsten interstellaren Besucher könnte möglicherweise eine geplante Satellitenmission der europäischen Raumfahrtagentur ESA abfangen. Sie will bis 2028 auf einer Warteposition in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde die Raumsonde Comet Interceptor stationieren. Sie soll laut ESA-Wissenschaftsdirektor Günther Hasinger entweder auf einen Kometen aus unserem eigenen Sonnensystem lauern oder auf einen interstellaren Besucher.