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Impfung

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Impfpflicht: wirkungsvoll, aber umstritten

In Italien wurde vor zwei Jahren eine Impfpflicht eingeführt, als Reaktion auf einen Masernausbruch. Nun hat die neue Regierung beschlossen, diese Regelung wieder aufzuweichen – obwohl sie schon Wirkung zeigte.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut, der Virologe Thomas Mertens, ist kein Befürworter einer solchen Impfpflicht.

„Ich bin ein Befürworter der Argumente und ich halte das für den besseren Weg, zumal es auch Probleme mit einer Impfpflicht gibt. Es gibt einige Menschen, die erklärte Impfgegner sind. Die würden natürlich dadurch besondere Aufmerksamkeit gewinnen und zu Märtyrern gemacht werden.“

Es bestehe auch die Gefahr, so Mertens, dass die Impfung, die nicht auf einer solchen Liste stehen würden, noch weniger durchgeführt würden. Mertens räumte im Gespräch ein, dass international einen Trend zur Impfpflicht zu beobachten sein. in Frankreich und den USA etwa gibt es eine sehr weit reichende Impfpflicht. Aber:

„Man muss auch die individuellen Unterschiede in den verschiedenen Ländern berücksichtigen. In den USA gibt es das ja schon sehr lange, man ist daran gewöhnt und ich denke in Deutschland ist das relativ schwierig. Thomas Mertens, Vorsitzender der Stiko

Politische Entscheidung

Das habe auch historische Gründe, so der Impfexperte. In Deutschland habe es außer der Pockenimpflicht, die seit Langem nicht mehr besteht und der Pflicht der Tetanusimpfung für Soldaten nie eine Impfpflicht gegeben. Es wäre also eine große Neuerung, die viel Staub aufwirbeln würde. Mertens bezweifelt, dass dies der Sache dienen würde. Außerdem könne eine Impfpflicht, wie jetzt in Italien zu sehen, politisch benutzt werden:

„Und das wollen wir ja auf gar keinen Fall haben. Es handelt sich hier ja um politische Entscheidungen und wie sie sehen, können sich die eben ändern, ohne dass der medizinische Hintergrund sich in irgendeiner Weise verändert hat. Insofern kann ich nur sagen: Ich würde es begrüßen, wenn es endlich gelänge, über Überzeugungsarbeit eine hohe Impfbeteiligung zu erreichen.“ Thomas Mertens, Virologe)

Gelingen könne das durch Aufklärung. Es müsse auf allen möglichen Ebenen deutlich gemacht werden, dass Impfen eben auch unter einer volkswirtschaftlichen Kosten- und Nutzenanalyse die beste medizinische Maßnahme sei. Und man müssen den Menschen mehr vor Augen führen, um welche Krankheiten es geht.

„Ein Problem der Impfbeteiligung ist natürlich, dass die Menschen ja die Kinderlähmung und die Diphterie und die Pocken - all die Krankheiten welche durch Impfung ja erfolgreich verdrängt worden sind - nicht mehr kennen. Also muss es eine Mischung aus dem Erklären der Krankheiten sein, die man durch Impfen verhindern kann und aus der Notwendigkeit eben die Impfung durchzuführen. Und ich denke da kann man noch Etliches an Aufklärungsarbeit leisten.“ Thomas Mertens, Vorsitzender der Impfkommission Stiko