Ein Pflaster klebt am 20.09.2023 in Berlin nach einer Grippeimpfung auf der Schulter einer Frau.
Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Zacharie Scheurer

Influenzaviren verändern sich ständig. Deshalb ist jedes Jahr eine neue Impfung gegen Grippe notwendig.

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Grippeimpfung schützt - auch wenn eine Virenlinie ausstirbt

Künftige Grippeimpfstoffe werden nicht mehr gegen die Yamagata-Linie des Influenzavirus wirken, denn diese ist durch Corona-Maßnahmen anscheinend verschwunden. Grippeviren verändern sich ständig, deshalb werden die Impfstoffe jedes Jahr aktualisiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Im Winter 2017/2018 erkrankten in Deutschland viele Menschen an Grippe, obwohl sie eigentlich dagegen geimpft waren. Allerdings mit einem Impfstoff, der zwar gut gegen drei Subtypen von Grippe-Viren schützte, allerdings nicht gegen diejenigen, die damals rund drei Viertel der Erkrankungen verursachte. Gegen diese Influenza B-Erreger der Yamagata-Linie wirkte nur eine Vierfach-Impfung. Diese hatten jedoch wegen der höheren Kosten nur Privatpatienten bekommen.

Zwei Jahre später verschwand die B/Yamagata-Linie aber wieder. Seit März 2020 wurden keine Grippe-Erkrankungen mehr beobachtet, die von dieser Linie ausgelöst wurden. Ein Grund dafür waren die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Sie verhinderten auch Infektionen mit anderen Atemwegserkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte deshalb empfohlen, ab der Grippe-Saison 2024/2025 nicht mehr gegen Viren der Linie B/Yamagata zu impfen.

Grippeimpfstoffe werden jedes Jahr aktualisiert

Jedes Jahr gibt die WHO für die Nord- und die Südhalbkugel der Erde eine neue Empfehlung, gegen welche Grippeviren die Impfstoffe für die nächste Grippe-Saison wirken sollen. Grippeviren sind sehr wandlungsfähig. Daher schaffen sie es, immer wieder dem menschlichen Immunsystem zu entkommen.

Wenn in Europa noch Sommer ist, beobachten Forscher, welche Grippeviren sich gerade auf der Südhalbkugel ausbreiten, besonders in Australien. Denn die Viren, die dort kursieren, kommen höchstwahrscheinlich ein halbes Jahr später auch im Norden an. Umgekehrt ist die Beobachtung der Grippesaison auf der Nordhalbkugel die Grundlage für die Entscheidung, wie der nächste Impfstoff für die südliche Hemisphäre zusammengesetzt sein soll. Dazu werden weltweit Grippe-Patienten darauf getestet, mit welchen Viren sie infiziert sind, und ob diese auffällige Veränderungen aufweisen. Proben und Analysen aus 129 Mitgliedsstaaten der WHO fließen dann im weltweiten Influenza-Überwachungssystem zusammen.

Die Grippeviren mutieren jedoch ständig. Manchmal haben sie sich innerhalb des halben Jahres zwischen WHO-Empfehlung und den ersten Impfungen schon wieder so stark verändert, dass der Impfstoff nicht mehr so gut wirkt wie erhofft. Die Grippeimpfung bietet also keinen hundertprozentigen Schutz vor Infektion und Erkrankung. Komplikationen und einem schweren Krankheitsverlauf beugt sie aber trotzdem vor.

Diesmal ist Yamagata-Linie noch dabei

Die Vierfach-Impfstoffe für die aktuelle Grippe-Saison auf der Nordhalbkugel enthalten aber noch ein Antigen für die Influenza B/Yamagata-Erreger. Das zweite Antigen wirkt gegen Viren der Victoria-Linie, die ebenfalls zur Spezies B gehört und weltweit verbreitet ist. Die meisten Krankheitsfälle in einer typischen Grippe-Saison verursachen jedoch Influenzaviren vom Typ A. Die Subtypen werden mit den Anfangsbuchstaben der zwei wichtigsten Eiweiße auf der Virushülle benannt, Hämagglutinin und Neuraminidase. Von denen gibt es unterschiedliche Ausprägungen. In den aktuellen Impfstoffen steckt zum Beispiel ein Antigen des Virus A(H1N1), das von der "Schweinegrippe" von 2009 abstammt, und des Virus A(H3N2). Darüber gibt es noch Grippe-Viren vom Typ C, die jedoch keine typische Grippe-Erkrankung hervorrufen.

Impfstoffe aus dem Hühnerei

Die meisten aktuellen Influenza-Impfstoffe werden in Hühnereiern hergestellt. Die Dosis ist meist gleich, es gibt aber Unterschiede bei der Zulassung, zum Beispiel beim Impfalter. Es gibt aber auch einen Impfstoff, der in Zellkulturen von Säugetieren produziert wird. Das soll die Wirksamkeit erhöhen und kann auch eine Alternative für Menschen sein, die eine Überempfindlichkeit gegen Hühnereiweiß haben. Außerdem gibt es für Kinder und Jugendliche von zwei bis 17 Jahren einen Impfstoff als Nasenspray. Anders als bei den anderen Impfstoffen handelt es sich dabei um einen Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Krankheitserregern. Die Grippeimpfungen zählt aber nicht zu den von der Ständigen Impfkommission STIKO empfohlenen Standardimpfungen für Kinder.

Hochdosierter Influenza-Impfstoff für Menschen ab 60 Jahren

Eine Impfempfehlung der STIKO gibt es jedoch für Menschen ab 60 Jahren. Sie erkranken häufiger schwer an Influenza und sterben häufiger an deren Folgen als Jüngere. Das Immunsystem älterer Menschen reagiert nicht mehr so schnell und effektiv, nicht nur gegen Krankheitserreger, sondern auch auf Impfungen.

Deshalb rät die STIKO seit 2021 Menschen ab 60 Jahren zu einem hochdosierten Grippeimpfstoff. Er enthält die vierfache Antigenmenge im Vergleich zu den Impfstoffen mit der Standarddosis und soll diesen mit "hoher Wahrscheinlichkeit" überlegen sein, also besser vor schwerem oder tödlichem Krankheitsverlauf schützen. Seit April 2023 bekommen daher gesetzlich Krankenversicherte ab dem Alter von 60 Jahren nur noch einen Hochdosis-Influenzaimpfstoff. Nur wenn dieser nicht verfügbar ist, darf es auch ein herkömmlicher Impfstoff sein.

Auf der Suche nach dem Universalimpfstoff gegen Grippe

Eine Alternative zu jährlich aktualisierten Grippe-Vakzinen wäre ein Universalimpfstoff, der vor allen oder zumindest sehr vielen Influenzaviren schützt. Er würde das Risiko einer Grippe-Pandemie deutlich reduzieren und auch gegen Viren wirken, die die WHO nicht für die aktuellen Impfstoffe ausgewählt hat. Wissenschaftler arbeiten daher schon seit Jahren an der Entwicklung eines Universalimpfstoffs. Bis es den geben wird, ist es aber noch ein weiter Weg.

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