Eine Gruppe von Menschen schwimmt bei Regen in einem See.
Bildrechte: BR/Patrick Viertl

Sind die Eisschwimmer dann erst mal im Wasser, ist es zunächst eine Art Schocksituation für den Körper.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Eisschwimmen im Winter: Das sollte beachtet werden

Eisbaden und Eisschwimmen sind auch diesen Winter wieder voll im Trend. Es soll ein Weg zurück zur Natur sein. Ein Training für Körper, Geist und Immunsystem. Doch: Wie gesund ist Eisschwimmen wirklich und was sollte beachtet werden?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Eiskalt ist der Waldsee in Kirchdorf am Inn. Er liegt direkt an der Grenze zu Österreich und es regnet an diesem Wintertag unaufhaltsam. Trotzdem versammelt sich pünktlich um 15 Uhr eine Gruppe von 16 Leuten nur mit Badekleidung und Mütze vor dem See. Denn: Sie wollen Eisschwimmen.

Vier wichtige Regeln beim Eisschwimmen

Angeleitet wird die Gruppe von Kursleiter Herbert Trautmannsberger. Bevor es in das Wasser geht, wird sich mental auf die Kälte vorbereitet. Mit Worten wie: "Wir stellen uns ein Lagerfeuer oder einen Sonnenuntergang vor" will Herbert Trautmannsberger den Kälteschock umgehen.

Danach geht es für die Gruppe in den etwa sechs Grad kalten Waldsee. Die wichtigsten Regeln: Nie alleine rein, langsam schwimmen, ruhig atmen. Und vor allem: das Wasser und die Umgebung genießen.

Teilnahme nur mit ärztlicher Untersuchung

Seit 2019 bietet Herbert Trautmannsberger den Eisschwimmkurs über die Volkshochschule Simbach am Inn an. Gestartet wird jeweils im September bei noch warmen Temperaturen. So können sich die Teilnehmenden bis zum Winter an das kälter werdende Wasser gewöhnen. Die Teilnehmenden müssen vor Kursstart eine ärztliche Untersuchung vorweisen. Erst dann kann mitgemacht werden.

Eisschwimmen: Sicher, gesund und macht auch Spaß

Aber: Was sagen denn die Ärzte? Wie gesund ist Eisschwimmen wirklich? Laut Dr. Maximilian Winhard, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie am Krankenhaus Landshut-Achdorf, ist Eisschwimmen sicher, gesund und macht auch Spaß – wenn ein paar Regeln eingehalten werden.

Die oberste Regel sei: Wenn man sich krank fühlt, Fieber hat oder gesundheitlich angeschlagen ist, sollte man laut Maximilian Winhard nicht ins Wasser. Außerdem: "Wenn chronische Erkrankungen bekannt sind, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche – das unbedingt vorher mit dem Arzt abklären."

Durch Wechselduschen langsam herantasten

Beim erstem Mal Eisschwimmen empfiehlt Maximilian Winhard sich langsam heranzutasten: Zum Beispiel mit Wechselduschen starten. Klappt das gut, kann es im kalten Wasser versucht werden. Aber: Insbesondere in Naturgewässern, wie Seen oder Flüssen, niemals alleine ins eiskalte Wasser steigen. Denn: "Es können Herz-Rhythmus-Störungen auftreten, es können Muskelkrämpfe auftreten, und man kommt möglicherweise nicht mehr alleine aus dem Wasser raus. Oder es treten andere gesundheitliche Zustände ein, die Hilfe nötig machen. Wenn man dann einen Partner hat, am besten der außerhalb vom Wasser steht - vielleicht der die Zeit nimmt oder dergleichen - der kann dann Hilfe holen und sich kümmern", so der Landshuter Oberarzt.

Bildrechte: BR/Patrick Viertl
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Die Eisschwimmer in Kirchdorf am Inn wärmen ihre Hände im Wasser im Nacken- und Bauchbereich, denn dort ist es am Körper am wärmsten.

Empfehlung: Eine Minute pro Gradtemperatur im Wasser

Sind die Eisschwimmer dann erst mal im Wasser, ist es zunächst eine Art Schocksituation für den Körper. Maximilian Winhard empfiehlt eine Minute pro Gradtemperatur im Wasser zu bleiben. "Fünf grad Celsius heißt maximal fünf Minuten drinnen bleiben", so der Oberarzt. Während der Körper im Wasser ist, wird versucht das Blut in das Körperzentrum zu leiten, damit nicht so viel Wärme an das Wasser abgegeben wird. Deswegen steigt der Blutdruck zunächst auch an, so Maximilian Winhard.

Die Eisschwimmer in Kirchdorf am Inn machen sich das zu Nutze und wärmen deshalb ihre Hände bei einem Zwischenstopp im Nacken- und Bauchbereich, denn dort ist es am Körper dann am wärmsten.

Körper wird nach dem Eisschwimmen zunächst rot

Wenn es am Ende wieder aus dem Wasser geht, will der Körper laut Maximilian Winhard die Körperperipherie wieder erwärmen. Das heißt: Die Blutgefäße werden weit und deshalb wird der Körper zunächst rot.

"Das ist auch genau das, wieso man dem einen gesundheitlichen Nutzen beimisst, weil dadurch die Blutgefäße, die sind ja wie Gartenschläuche, die auf und zu machen können. Und diese Motilität der Blutgefäße wird dadurch ganz gut trainiert", so Maximilian Winhard.

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion im Rahmen des BR24-Formats "Dein Argument" ergänzt. Hintergrund ist ein Kommentar des Users "Piraeus" zur Frage nach Studien zum Thema "Eisbaden".

Weltweit haben sich zahlreiche Studien und wissenschaftliche Publikationen mit dem Thema Eisschwimmen beschäftigt. Ein internationales Forscherteam hat eine Vielzahl davon ausgewertet. Demnach hat regelmäßiges Schwimmen im kalten Wasser positive gesundheitliche Auswirkungen, beispielsweise auf das Herz-Kreislauf-, Hormon- oder Immunsystem sowie die Psyche. Für unerfahrene und untrainierte Schwimmer bringe das Eisschwimmen jedoch ernstzunehmende Gesundheitsrisiken mit sich. Daher sei es wichtig, sich langsam und stetig an das kalte Wasser zu gewöhnen und nie alleine Eisbaden zu gehen, wie auch Oberarzt Winhard sagte. 💬

Reaktionen: "Adrenalin pur" und es "macht süchtig"

Nach dem Eisschwimmen fühlen sich die Teilnehmenden energiegeladen. Es sei "Adrenalin pur", mache süchtig und man fühle sich "gepusht und erfrischt". Der Grund: Es entleeren sich alle Synapsen im Hirn. Es werden Botenstoffe, Hormone ausgeschüttet. Adrenalin, Endorphine, die auch als Glückshormone bekannt sind. "Man misst dem ganzen auch einen Effekt bei, der ähnlich auch bei Drogen zum Beispiel auftreten kann", sagt Winhard.

Bei Drogen fallen die Glückshormone jedoch relativ schnell nach dem Konsum ab. Das sei beim Eisschwimmen nicht der Fall, so Winhard. "Da ist es so, dass die Blutspiegel von diesen Glückshormonen den ganzen Tag anhalten. Also die Leute sind nicht nur glücklich, wenn sie aus dem Wasser kommen, sondern auch, wenn sie dann am Abend wieder ins Bett gehen."

Kurs geht bis Anfang März

Den Eisschwimmern in Kirchdorf am Inn geht es bei dem wöchentlichen Treffen auch um die Gemeinschaft und das gemeinsame Aufwärmen bei einer Tasse Tee nach dem Schwimmen.

Der Kurs von Herbert Trautmannsberger geht noch bis Anfang März. Die Hoffnung der Eisschwimmer: Dass der Waldsee in Kirchdorf am Inn noch mal so richtig zufriert.

Eisbaden oder auch Eisschwimmen liegt voll im Trend. Ein Weg zurück zur Natur, ein Training für Körper, Geist und Immunsystem?
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Eisbaden oder auch Eisschwimmen liegt voll im Trend. Ein Weg zurück zur Natur, ein Training für Körper, Geist und Immunsystem?

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!