zeichnerische Darstellung der Mars-Sonde InSight, die unseren bebenden Nachbar-Planeten seismologisch untersucht
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Seit einem Jahr fühlt die Sonde Mars InSight dem Planeten behutsam auf den Zahn - und hat so viele Mars-Beben nachgewiesen.

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Der Mars bebt: Sonde Mars InSight weist viele Mars-Beben nach

Seit Jahren umkreisen Sonden den Mars, landen auf ihm, wühlen in seinem Staub oder kratzen an seinem Gestein. Doch was den roten Planeten in seinem Innersten erschüttert, erforschen Wissenschaftler erst jetzt: Mars Insight hat Mars-Beben vermessen.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Hohe Berge, zerklüftete Täler, Fließspuren im roten Staub: Über unseren Nachbar-Planeten Mars wissen wir dank zahlreicher Mars-Missionen in den vergangenen Jahren so einiges. Aber was unter der roten Mars-Kruste vor sich geht, wie der Planet in seinem Innersten aufgebaut ist, ist nach wie vor ein Rätsel.

Wie sieht es im Innern eines Planeten aus?

Wie groß ein Planet ist, lässt sich leicht messen. Wie schwer er ist, können Astronomen auch schon lange aus seiner Umlaufbahn errechnen - und damit auch seine Dichte. Doch wie ist diese im Innern verteilt?

Besteht der Mars aus Schichten wie die Erde? Hat er wie unser Planet einen massereichen, metallenen Kern? Wie schwer ist der Gesteinsmantel darüber? Wie dick die Kruste an der Oberfläche? In sein Innerstes lässt sich kein Planet so leicht schauen.

Erschütternde Offenbarung des Innersten

All das verrät ein Planet erst, wenn er bebt und seismische Wellen ihn förmlich erschaudern lassen. Denn die Wellen eines Bebens breiten sich nicht nur an der Oberfläche aus, sondern dringen als Druck- und Scherwellen weit in die Tiefe. Stoßen sie dort auf verschiedene Materialien oder an Grenzen zwischen verschiedenen Schichten, werden sie unterschiedlich gebrochen und wieder an die Oberfläche reflektiert. Dort können die Wellen gemessen werden: Seismologie - eine Art Lauschangriff auf das Planeten-Innere.

Dass in unserer Erde in 2.900 Kilometern Tiefe ein Eisenkern zu finden ist, entdeckte ein deutscher Seismologe im Jahr 1914. Den Aufbau des Mondes enträtselten erst seismologische Instrumente, die mit den Apollo-Missionen ab 1969 zum Mond gebracht wurden.

Erste seismologische Untersuchungen des Mars - vom Winde verweht

Von Mars gab es jedoch bislang noch keine seismologischen Untersuchungen. Zumindest keine geglückten: Die Vikingsonden, die 1976 als erste auf dem Mars landeten, hatten zwar Seismographen an Bord - allerdings fest mit den Sonden verbunden. Sie konnten damals nur vermessen, wie stark die Landegeräte vom Mars-Wind durchgeschüttelt wurden.

Mars InSight glückt der erste Nachweis eines Mars-Bebens

Erst der jüngsten Mars-Sonde InSight, die seit Ende 2018 auf dem roten Planeten ist, sind seismologische Untersuchungen gelungen. Dazu hat das Landegerät seinen Seismographen mit einem Roboterarm direkt auf dem Marsboden abgelegt, so dass das Messgerät nur noch über Kabel mit der Sonde verbunden ist. Zusätzlich schützt ein Windschild den Seismographen. Damit konnte Mars InSight im Februar 2019, vor knapp einem Jahr, erstmals ein Mars-Beben nachweisen. Bei einem Beben blieb es aber nicht.

Seisometer der Mars-Sonde InSight
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Mit ihrem Seisometer hat die Mars-Sonde InSight ein Beben auf dem Mars aufgezeichnet.

Jeden 2. Tag ein Mars-Beben

In den ersten zehn Monaten, die der Seismograph von Mars InSight in Betrieb war, verzeichnete er 174 Beben - im Durchschnitt alle zwei Tage eines. Doch die meisten waren so schwach, dass sie - verglichen mit Erdbeben auf der Erde - ohne Messgeräte nicht wahrnehmbar gewesen wären. Solch schwache Beben gibt es auch bei uns - rund tausend leichte Erdbeben im Jahr. Nur rund zwanzig der Mars-Beben erreichten eine Magnitude von 3 oder 4.

Nur ein schwaches Zittern

Bei der großen Mehrheit der Mars-Beben waren die seismischen Wellen auch nur in der obersten Gesteinsschicht messbar, nicht in der Tiefe des Planeten. Und brachten damit auch keinerlei Aufschluss über den Aufbau des Mars. Bei 24 der Mars-Beben konnte Mars InSight jedoch Druck- und Scherwellen messen, die das Planeten-Innere durchquerten und die unterschiedlichen Schichten in verschiedenen Geschwindigkeiten passierten.

Im Vergleich zu Erdbeben verliefen die Phänomene auf dem Mars sehr viel langsamer und ohne Oberflächenwellen, was nach Ansicht der Forscher darauf schließen lässt, dass die Beben sehr tief im Innern entstanden.

Was bebt da eigentlich? Was da im Mars knackt

Aber warum gibt es überhaupt Mars-Beben? Erdbeben entstehen bei uns ja vor allem durch tektonische Verschiebungen: Die verschiedenen Kontinentalplatten der Erde schieben sich über- und untereinander, verhaken sich und bauen Spannungen auf, die sich in den Erdbeben lösen. Doch der Mars hat keine Kontinente, es gibt dort keine Plattentektonik. Warum bebt er dann? Die Wissenschaftler erklären die Beben damit, dass der Planet in seinem Innern immer noch abkühlt - seit er vor rund 4,5 Milliarden Jahren als glutheißer Gesteinsball sein Planeten-Dasein begann. Beim Abkühlen ziehen sich die Gesteinsmassen zusammen und "knacken" - so ähnlich wie abkühlende Keramik.

Schwierige Messungen für Mars InSight

Während Erdbeben bei uns von zahlreichen Seismographen rings um den Globus zugleich verzeichnet und vermessen werden, ist es sehr schwer, genaue Aufschlüsse über die Mars-Beben mit nur einem einzigen Messgerät zu erhalten. Zumal auch der Seismograph SEIS von Mars InSight nur nachts sinnvolle Ergebnisse bringt, wenn der Mars-Wind abflaut. Denn die Mars-Beben sind so schwach, dass sie zumeist im Rauschen untergehen. Die Forscher hoffen auf noch weitere, stärkerer Mars-Beben, um noch mehr Einsichten in den Aufbau des Mars zu erhalten.

Die Ergebnisse nach den ersten zehn Monaten seismologischer Studien erschienen am 24. Februar 2020 in sechs Veröffentlichungen zum Mars im Fachmagazin Nature Geoscience. Beteiligt waren unter anderem auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen.

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