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NASA-Mission InSight Das Ende der tiefen Einsichten in den Mars

Mehr als vier Jahre lauschte die Raumsonde InSight mit seismografischen Instrumenten auf Marsbeben, um das Innere des Planeten zu erforschen. Doch nun hat der rote Marsstaub ihr die Stromzufuhr abgedreht.

Stand: 22.12.2022

Die Illustration der NASA zeigt den Mars-Lander InSight auf dem Roten Planeten. InSight soll auf dem Mars landen und ihn untersuchen. | Bild: NASA

Am 21. Dezember 2022 hat die NASA ihre Sonde Insight (kurz für: Interior Exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport, Erforschung des Marsinneren durch seismische Untersuchungen, Geodäsie und Wärmetransport) stillgelegt. Zwei aufeinander folgenden Versuche, mit dem Mars-Lander Kontakt aufzunehmen, seien gescheitert, meldete die US-Raumfahrtbehörde. Die solarbetriebenen Batterien könnten nicht mehr genug Strom liefern. Mit diesem Ende der Mission hatte die NASA bereits gerechnet: Die Solarpanele von InSight waren bereits im Frühjahr von so viel Staub bedeckt, dass die Solarzellen nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Leistung lieferten. Jetzt ist der Sonde endgültig die Energie ausgegangen.

Marsstaub bedeckt Solarzellen von InSight

Staub auf den Solarpanelen von InSight

Im Juni 2021 hatte InSight noch mit einem kleinen Trick einen Windhauch auf dem Mars genutzt, um sich ein klein wenig freizuputzen: Der Roboterarm griff mit seiner Schaufel etwas Sand vom Marsboden auf und ließ ihn sachte neben dem Solarpanel niederrieseln. Der Wind blies den Sand über die Solarzellen und wischte so ein klein wenig der dichten Staubschicht weg. Doch inzwischen wurde der Roboterarm endgültig in seine Ruheposition gebracht, weil die Energie für seinen Betrieb fehlte.

Zufriedenheit mit der Mars-Mission InSight

Auch wenn InSight sich nun zur Ruhe gesetzt hat, kann die NASA zufrieden sein. Die seismische Erkundung unseres Nachbarplaneten ist einen großen Schritt weitergekommen. InSight konzentrierte sich auf die Beben, die es mit dem Seismograf SEIS im Marsboden messen konnte. Mehr als 1.300 Marsbeben wurden registriert - weit mehr als erwartet. Aus diesen Daten wollen Forschende ein anatomisches Modell des Mars-Inneren bauen.

Beben auf dem Mars

Erstmals gelang es dem Seismograf SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure) im Februar 2019, Beben auf dem Mars zu messen. Die Erschütterungen waren sehr zahlreich, aber viel schwächer als Erdbeben auf der Erde. Sie hatten zudem vermutlich einen anderen Auslöser als auf unserem Heimatplaneten. Denn bei uns führen Verschiebungen der tektonischen Platten zu Beben. Auf dem Mars gibt es hingegen nur eine einzige tektonische Platte. Wissenschaftler erklären Marsbeben vielmehr damit, dass der rote Planet in seinem Innern seit 4,5 Milliarden Jahren immer noch abkühlt und sich dabei zusammenzieht.

SEIS misst große Marsbeben

Die Illustration der NASA zeigt den Mars-Lander InSight auf dem roten Planeten.

Im Sommer 2021 jubelte die NASA: InSight konnte drei für den Mars große Beben messen. Das Stärkste ließ den Mars-Boden rund anderthalb Stunden wackeln. Die ersten zwei Beben im August hatten die Stärke 4,2 und 4,1. Im Mai 2022 registrierte SEIS dann sogar ein Marsbeben der Stärke 5.

Das Innerste des Mars erkunden

Der Fokus der an der Mission beteiligten Forscher lag darauf, was genau im Inneren des Mars zu finden ist. Das gelang im November 2021 mit Daten aus 200 Metern Tiefe. Für die Analyse berücksichtigten die Wissenschaftler nicht nur die seismische Erschütterungen, sondern auch Oberflächen-Vibrationen, die sogenannte seismische Bodenunruhe, die durch Wind entsteht. Aus den gemessenen Vibrationen konnten ein Modell eintwickelt werden, wie die obere Marskruste aufgebaut ist.

Aufbau der oberflächennahen Marsschichten 

Demnach ist die Oberfläche des Roten Planeten von einer etwa drei Meter dicken Schicht aus Regolith bedeckt, durch Erosion zu körnigem Material zerriebenem Gestein. Darunter stießen die Forscher auf eine 15 Meter dicke Schicht größerer Gesteinsbrocken, offenbar Auswurfmaterial eines größeren Meteoriteneinschlags. Weiter in die Tiefe folgt eine etwa 150 Meter dicke Schicht aus Lava. Doch innerhalb dieser Lavaschicht, in einer Tiefe von 30 bis 75 Metern, breiten sich die Oberflächenwellen deutlich langsamer aus als für Lavagestein erwartet. Die Forscher interpretierten diese Zone als Sedimentschicht, feinkörnige Ablagerungen durch Wind oder Wasser. Demnach sind die darüber und darunter liegende Lavaschicht zu unterschiedlichen Zeiten und damit durch verschiedene Vulkanausbrüche entstanden.

Drei Milliarden Jahre Marsgeschichte aufdecken

Parallel zählten die Wissenschaftler die Krater auf der Elysium-Ebene, auf der der Lander InSight platziert ist, und konnten so das Alter der oberen Lavaschicht auf 1,7 Milliarden Jahre, das der unteren Lavaschicht dagegen auf 3,6 Milliarden Jahre datieren. Diese Schichtung ähnelt "einer Torte mit verschiedenen Füllungen", so die Wissenschaftler und gebe ein ganz spezifisches seismisches Bild ab. Damit gelang es zum ersten Mal, die wichtigsten geologischen Ereignisse der letzten 3 Milliarden Jahre in der Geschichte des Mars zum ersten Mal nachzuvollziehen.

Anatomie des Mars

Es zeigte sich, dass der Mars im Aufbau der Erde ähnlich ist. Allerdings ist seine Kruste mit einer Dicke zwischen 15 bis 47 Kilometer eher dünn. Darunter folgt der Mantel mit der Lithosphäre aus festerem Gestein, der bis in eine Tiefe von 400 bis 600 Kilometer reicht – doppelt so tief wie auf der Erde. Dies könnte auch mit der einzige Kontinentalplatte auf dem Mars zu tun haben, im Gegensatz zur Erde mit ihren sieben großen, in Bewegung befindlichen Platten.

"Die dicke Lithosphäre passt gut zum Modell vom Mars als ‘One-Plate-Planet’."

Amir Khan, Wissenschaftler am Institut für Geophysik der ETH Zürich und am Physik-Institut der Universität Zürich.

Auch der Kernradius des Mars ist größer als erwartet, nämlich rund 1840 Kilometer. Da der Kernradius so groß ist, gehenden die Forschenden davon aus, dass dessen Dichte niedrig ist und daher – neben Eisen und Nickel – auch einen hohen Anteil leichterer Elemente enthalten muss. Dies könnten Schwefel, aber auch Sauerstoff, Kohlenstoff oder Wasserstoff sein. Auf jeden Fall bestätigen die Untersuchungen, dass der Marskern, wie vermutet, flüssig ist. Das ist insofern ungewöhnlich, als der Mars heute über kein Magnetfeld mehr verfügt.

Der Mars-Maulwurf HP3 - Hammerbohrer am Ende

Neben dem Seismografen SEIS war die Sonde InSight auch mit dem deutschen Bohrer HP3 ausgestattet. Doch der Mars-Maulwurf, wie das Instrument von den zuständigen Wissenschaftlern am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) genannt wurde, hatte große Probleme. Die Wärmeflusssonde sollte als erste Sonde in der Geschichte der Raumfahrt tief ins Innere des Mars eindringen - bis zu fünf Meter tief, um aus den oberen Gesteinsschichten des Mars tiefere Einsichten zu gewinnen.

Doch die Bodenbeschaffenheit in diesem Gebiet war offensichtlich völlig anders als gedacht. Zwischenzeitlich steckte der Maulwurf in etwa 35 Zentimetern Tiefe fest und im Oktober 2019 schlug der Bohrroboter die komplett falsche Richtung ein. Im Januar 2021 beschlossen die Verantwortlichen deshalb, das Vorhaben endgültig abzubrechen.

"Wir haben alles gegeben, was möglich war. Aber der Mars und unser tapferer Maulwurf passten einfach nicht zusammen."

Tilman Spohn, DLR-Institut für Planetenforschung

Sonnensegel an Bord

InSight hat neben dem Seismometer SEIS und dem Bohrer HP3 noch andere wissenschaftliche Instrumente dabei, unter anderem das Experiment RISE (Rotation and Interior Structure Experiment). Es misst kleine Schwankungen der Rotationsachse des Mars und soll so ebenfalls Informationen über den inneren Aufbau des Planeten liefern.

InSight wog 360 Kilogramm. Mit ausgefahrenen Sonnensegeln hatte der Lander eine Flügelspannweite von rund sechs Metern.

Gebaut wurde InSight von Lockheed-Martin Space Systems in Denver. Die Bauart des 360 Kilogramm schweren, mit ausgefahrenen Sonnensegeln rund sechs Meter langen und eineinhalb Meter breiten Landers basierte auf der Raumsonde Phoenix, die 2008 auf dem Mars landete und einige Monate lang Daten funkte. Energie bezog InSight von zwei Sonnensegeln mit einem Durchmesser von jeweils mehr als zwei Metern.

"InSight ist wie eine wissenschaftliche Zeitmaschine, die uns Aufschluss über die Anfänge des Mars vor 4,5 Milliarden Jahren gibt. Das wird uns dabei helfen zu verstehen, wie Gesteinsbrocken sich formieren, etwa die Erde, ihr Mond und sogar Planeten in anderen Sonnensystemen."

Bruce Banerdt, InSight-Wissenschaftler, Jet Propulsion Laboratory

InSight landet auf dem Mars und macht sein erstes Foto

Eines der ersten Bilder, die InSight vom Mars geschickt hat.

Der NASA-Lander InSight war am Abend des 26. November 2018 nach einer sechsmonatigen, 500 Millionen Kilometer langen Reise auf dem Mars in der an mehrere große Schildvulkane angrenzende Ebene Elysium Planitia, nördlich des Mars-Äquators, gelandet. In einem komplizierten Manöver musste InSight nach dem Eintritt in die Mars-Atmosphäre von Bremsraketen und einem Fallschirm abgebremst werden - und zeitweise Temperaturen um die 1.500 Grad Celsius aushalten.

Animation zeigt InSights Landung auf dem Mars

InSight schickt Geräusche und ein Selfie vom Mars

InSight fotografiert sich selbst auf dem Mars

InSight schickte auch Geräusche vom Mars zur Erde: Am 9. Dezember 2018 veröffentlichte die NASA Tonaufzeichnungen, die InSight auf dem Mars gemacht hatte. Zu hören ist das tiefe Grummeln von Winden, die auf dem Roten Planeten wehen. Drei Tage zuvor machte der Lander ein erstes Selfie: Mit der Kamera an seinem rund zweieinhalb Meter langen Roboterarm fotografierte er sich selbst.

Windgeräusche auf dem Mars

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Sounds of Mars: NASA’s InSight Senses Martian Wind | Bild: NASA Jet Propulsion Laboratory (via YouTube)

Sounds of Mars: NASA’s InSight Senses Martian Wind

InSight startet zwei Jahre später als geplant zum Mars

Zum Testen musste der Mars-Lander InSight auf der Erde in eine Art Schleudertrommel.

Eigentlich hätte InSight sich bereits 2016 auf den Weg zum Mars machen sollen. Der Start der mehr als 600 Millionen Euro teuren Mission war allerdings wegen eines noch nicht richtig funktionierenden Instruments verschoben worden. Am 5. Mai 2018 wurde der stationäre Lander dann mithilfe einer rund 57 Meter großen Atlas-V-401-Rakete zum Schnüffeln losgeschickt. An der Mission sind neben NASA-Wissenschaftlern Forscher aus neun weiteren Ländern beteiligt, darunter auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

InSight ist nicht allein auf dem Mars

InSight ist nicht allein auf dem Mars, im Gegenteil: 2004 wurden die Zwillingsrover Spirit und Opportunity zum Roten Planeten geschickt. Seit 2012 erkundet auch der Rover Curiosity den Roten Planeten.

Im Februar 2021 kamen weitere Sonden und Rover dazu. InSight war allerdings die erste Mission, die den Mars-Kern erkundete. Und seit den Apollo-Mond-Landungen wurde zum ersten Mal wieder ein Seismometer auf extraterrestrischen Boden gestellt.


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