Eine medizinische Mitarbeiterin bereitet den Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer für eine Impfung gegen das Coronavirus vor.
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Immer mehr Menschen bekommen ihre Zweitimpfung.

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Corona-Impfung: Was bringen Schmerzmittel bei Impfreaktionen?

Immer mehr Menschen bekommen ihre Zweitimpfung – dabei kann es zu stärkeren Impfreaktionen kommen. Können schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente davor schützen? Und haben sie einen Einfluss auf die Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs?

Immer mehr Menschen bekommen in den nächsten Wochen und Monaten ihre Zweitimpfung gegen das Coronavirus. Gerade bei den mRNA-Impfstoffen können dabei stärkere Impfreaktionen hervorgerufen werden. Manche Hausärzte scheinen davon abzuraten, andere wiederum sehen keine Gefahr darin: Es geht um Schmerzmittel wie Ibuprofen, Paracetamol oder Diclofenac, die vor allem schmerzstillend und fiebersenkend eingesetzt werden. Solche Medikamente werden Antipyretika genannt.

mRNA-Impfstoffe: Stärkere Impfreaktionen bei Zweitimpfung

Bei der Impfung gegen das Coronavirus können grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit auftreten. Dem Hausarzt und Vorsitzenden des Bremer Hausarztverbandes, Hans-Michael Mühlenfeld, fiel in seiner Bremer Praxis auf, dass beim Impfstoff von Astrazeneca vor allem nach der ersten und bei Moderna und Biontech nach der zweiten Impfung die Immunreaktionen deutlicher ausfallen als bei anderen Impfungen wie beispielsweise der Grippeschutzimpfung. Das kann sich dann wie eine Erkältung anfühlen.

Das liegt daran, dass das Immunsystem aktiviert wird und Antikörper bildet. Das ist nicht unüblich und fällt bei jedem Menschen unterschiedlich stark aus. Manchen schmerzt der Arm etwas nach der Impfung, anderen fällt eine leichte Rötung der Einstichstelle auf, wieder andere fühlen sich matt und müde. Das alles ist nicht ungewöhnlich und meist vergehen die Symptome wieder nach wenigen Tagen.

Bei Beschwerden können Medikamente genommen werden

Doch wie geht man damit um? Als symptomatische Therapie kann auf die üblichen Mittel zurückgegriffen werden, meint Mühlenfeld. Je nachdem, wie man sonst bei einer Erkältung reagieren würde. Da können durchaus auch schmerzstillende oder fiebersenkende Medikamente eingenommen werden – bei Schmerzen oder Fieber.

Doch wenn man weiß, dass Schmerzen oder Fieber auftreten können, könnte man das dann nicht verhindern, indem man vorher schon Medikamente nimmt? Vor allem, weil Antipyretika einfach und leicht zu bekommen sind. Mühlenfeld erklärt im Gespräch mit dem BR, dass eine vorbeugende Einnahme von Medikamenten eventuell auftretende Nebenwirkungen nach der Impfung nicht verhindern können und damit auch keinen Nutzen haben. Aus Nutzen-Sicht werden sie also nicht empfohlen. Aber können sie die Wirkung der Impfung (negativ) beeinflussen?

Schmerzmittel vor der Impfung: Wohl kein Einfluss auf Wirksamkeit

Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Medikamente die Wirksamkeit der Impfung beeinträchtigen könnten, da der Wirkmechanismus ein anderer ist. Das Robert Koch-Institut schreibt dazu, dass aufgrund von Erkenntnissen aus anderen Studien eine prophylaktische Einnahme nicht empfohlen wird, gleichzeitig aber keine Erkenntnisse darüber vorliegen, ob die Wirksamkeit der Impfung durch die Einnahme beeinträchtigt wird.

Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch eine Forschergruppe um den Pharmakologen Mahyar Etminan aus Kanada. Noch gäbe es nicht genug Studien, die gerade eine vorbeugende Einnahme von Antipyretika vor Impfungen gegen Covid-19 untersuchten, um ausschließen zu können, dass diese die Wirksamkeit von Impfungen beeinträchtigen. Die WHO hat 2015 eine Einnahme direkt vor oder zur Zeit einer Impfung nicht empfohlen, in den Tagen danach wäre das in Ordnung. Dem schließt sich das US-amerikanische CDC (Centers for Disease Control and Prevention) an. Denn noch ist nicht ganz klar, ob Antipyretika die Immunantwort hemmen könnten. Einige Studien weisen auf eine Reduktion des Impftiters hin, doch noch fehlt eine Einschätzung, inwieweit diese auch relevant für die Wirksamkeit ist.

Bisherige Studien im Zusammenhang mit anderen Impfungen

Eine niederländische Studie von 2014 legt nahe, dass die Einnahme von Paracetamol bis zu sechs Stunden nach der Impfung einen negativen Einfluss auf die Immunantwort haben könnte, danach nicht mehr. Daher kommt auch der Satz auf den Seiten des RKI, dass es nicht ausreichend Daten dazu gebe, dass fiebersenkende Medikamente sechs bis acht Stunden nach der Impfung nicht eingenommen werden sollten. Die Studie aus den Niederlanden beschäftigte sich allerdings mit Immunantworten nach Impfungen gegen Hepatitis B, nicht spezifisch gegen Covid-19.

Das bestätigt auch Infektiologe Christoph Spinner vom Münchner Klinikum rechts der Isar im BR-Gespräch: Zwar gebe es Hinweise, dass eine zu frühe Einnahme von antientzündlichen Wirkstoffen wie Paracetamol oder Ibuprofen möglicherweise die Immunantwort beeinträchtigen und zu niedrigeren Antikörper-Spiegeln führen kann, aber keine dieser Studien untersuchte das im Zusammenhang mit SARS-CoV-2.

Schmerzmittel nur nehmen, wenn notwendig, nicht vorbeugend

In den klinischen Phase-III-Studien der Impfstoffhersteller wurde die Wirksamkeit der Impfstoffe im Zusammenhang mit Medikamenten nicht untersucht bzw. nicht veröffentlicht. Bei Astrazeneca sollte zwar gezielt zur Linderung der Nebenwirkungen Paracetamol prophylaktisch in der dritten Studienphase eingenommen werden, die Daten dazu wurden aber nicht ausgewertet. Daher fehlen wichtige Daten und Ergebnisse, um abschließend bewerten zu können, ob schmerzlindernde und fiebersenkende Mittel die Wirksamkeit einer Impfung gegen das Coronavirus beeinflussen können.

Christoph Spinner fügt hinzu, dass Schmerzmittel generell nur eingenommen werden sollten, wenn sie notwendig sind. Nicht vorbeugend.

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