Zwei FFP2-Masken mit dem CE-Kennzeichen 216
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Diese beiden FFP2-Masken tragen beide das CE-Kennzeichen 2163, das zur türkischen Prüfstelle "Universal Certification" gehört.

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Warum viele FFP2-Masken die Nummer derselben Prüfstelle tragen

CE 2163: Viele FFP2-Masken, die jetzt in Deutschland erhältlich sind, tragen die Nummer einer türkischen Prüfstelle. Manche fragen sich, ob das wirklich sein kann. Der #Faktenfuchs erklärt, warum eine Prüfstelle aus Istanbul so viele Masken prüft.

Hinweis: Dieser Artikel gibt den Stand vom 21. Januar 2021 wieder. Seit dem 30. Mai 2021 ist Universal für PSA Atemschutzmasken kein „notified body“ der EU mehr; d.h. die Zertifikate werden in der EU nicht mehr anerkannt.

Seit dem 18. Januar gilt in Bayern eine FFP2-Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr. Deswegen besorgen sich die Bürgerinnen und Bürger aus Bayern solche Masken, die unter anderem in Apotheken, Supermärkten oder in Online-Shops erhältlich sind.

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Eine echte FFP2-Maske erkennt man unter anderem daran, dass auf ihr ein sogenanntes CE-Kennzeichen abgedruckt ist, gefolgt von einer vierstelligen Nummer. Diese Nummer steht für die Prüfstelle, die diese Maske prüfte.

Türkische Prüfstelle darf in der EU prüfen

Einigen Verbrauchern fiel dabei auf, dass es eine ganze Reihe von FFP2-Masken mit der CE-Nummer 2163 gibt. Diese Nummer gehört zu "Universal Certification", einer Prüforganisation aus der Türkei. Obwohl die Türkei kein EU-Mitglied ist, dürfen Prüfstellen aus der Türkei auch in der EU tätig sein. Das haben die EU und die Türkei im Rahmen der seit 1996 bestehenden Zollunion vereinbart. "Universal Certification" steht auch auf der Liste der in der EU zugelassenen notifizierten Stellen, wie die Prüfstellen offiziell heißen.

Ein Nutzer einer Schnäppchenplattform bezweifelt, dass dieses einzelne Prüflabor so viele FFP2-Maskentypen getestet hat.

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Auf einem Schnäppchenportal bezweifelt ein Nutzer, dass ein türkisches Prüflabor reihenweise FFP2-Masken getestet hat.

Auch Thomas Vierhaus, Hauptgeschäftsführer des Verbands Technischer Handel, meldete Zweifel an: "Diese Identifikationsnummer taucht zurzeit auf unglaublich vielen FFP-Masken auf, die in deutschen Apotheken kostenlos an Senioren und Risikopatienten ausgegeben wurden bzw. werden", schrieb er in einem Beitrag für ein Fachportal für persönliche Schutzausrüstung.

Inzwischen sei die Anzahl der Produkte derart groß, dass sich Fachleute angesichts des mit jeder Baumusterprüfung einhergehenden Aufwands fragten, ob denn "Universal Certification" überhaupt in der Lage gewesen sei, diese Fülle von Prüfungen selbst durchgeführt zu haben, schreibt Vierhaus weiter.

💡 EU-Konformitätsbewertungs-Verfahren

Wenn ein Hersteller eine FFP2-Maske in der EU auf den Markt bringen will, muss er eine EU-Konformitätserklärung abgeben, aus der hervorgeht, dass seine Maske grundlegende Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen erfüllt.

Maskenhersteller dürfen sich die Sicherheit ihrer Masken nicht einfach selbst bescheinigen, sondern müssen sich das von einer unabhängigen Prüfstelle (einer sogenannten notifizierten Stelle) bestätigen lassen.

Die notifizierte Stelle - zum Beispiel die Dekra Testing and Certification GmbH - prüft nicht nur das Produkt, bevor es in Verkehr gebracht wird, sondern stellt auch sicher, dass die Produktion kontinuierlich gemäß den einschlägigen Vorschriften und Normen erfolgt. Viele Maskenhersteller stellen ihre Masken nach der EU-Norm EN 149:2001+A1:2009 her. Die notifizierten Stellen prüfen dann, ob die Maskenmodelle dieser Norm entsprechen.

Ist das der Fall, so stellt die notifizierte Stelle dem Hersteller eine EU-Baumuster-Prüfbescheinigung aus, die der Maskenhersteller seiner EU-Konformitätserklärung beifügen muss. Der Hersteller darf dann auf der Maske das CE-Kennzeichen und die vierstellige Nummer der eingeschalteten Prüfstelle anbringen. Falls die Maske nach der Norm EN 149:2001+A1:2009 getestet wurde, wird auch das auf den Masken aufgedruckt.

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EU-Baumuster-Prüfbescheinigung der türkischen Zertifizierungsstelle Universal Certification für den Hersteller der nebenstehenden FFP2-Maske.

Qualitätskontrolle einer FFP2-Maske dauert etwa drei Wochen

Wie kommt es nun, dass "Universal Certification" so viele Masken, vor allem aus China, zertifizierte? Auf #Faktenfuchs-Anfrage schreibt das Unternehmen, dass es bislang 600 verschiedene FFP2-Maskenmodelle zertifizierte, davon 60 für die EU.

Die Prüfung, ob eine Maske die einschlägige EU-Norm einhält, dauert im Labor von "Universal Certification" nach Angaben des Unternehmens ungefähr 20 Tage. In diesem Zeitraum können verschiedene Masken parallel getestet werden. Etwa 40 Personen seien mit den verschiedenen Phasen des Prüfprozesses beschäftigt.

Türkische Prüfstelle beauftragt Labore mit Maskentests

Auf #Faktenfuchs-Nachfrage teilt "Universal Certification" mit, nicht alle Masken selbst zu testen, sondern mit Subunternehmen zusammenzuarbeiten. Das ist laut Artikel 26 der EU-Verordnung zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA-Verordnung) auch zulässig. Dabei gelten für die Subunternehmer die gleichen Qualitätsanforderungen wie für die Prüfstellen selbst. "Universal Certification" arbeitet auch mit chinesischen Testlabors zusammen, zum Beispiel mit dem "Jiangsu Quality Supervision and Inspection Center For Special Safety Protection Products".

"Bei den Tests, die ein von uns beauftragtes Labor durchführt, nehmen wir die abschließende Bewertung selbst vor", schreibt "Universal Certification". Weitere Teststufen würden in anderen Laboren oder durch "Universal Certification" selbst durchgeführt. So sei eine Gegenprobe gewährleistet. Die notifizierte Stelle trägt laut PSA-Verordnung die Verantwortung dafür, dass auch diese Subunternehmer die gleichen Qualitätsanforderungen erfüllen wie die notifizierte Stelle selbst.

Auch deutsche Maskenhersteller haben "Universal Certification" beauftragt

Ein Maskenhersteller kann frei entscheiden, von welcher notifizierten Stelle er seine Maske zertifizieren lässt. In der EU sind 39 Prüfstellen dazu berechtigt, die EU-Baumusterprüfung für Atemschutzmasken durchzuführen. Offenbar haben sich einige chinesische Maskenhersteller für "Universal Certification" entschieden. Auf ihrer Website führt die türkische Prüfstelle auch ein Kommunikationsbüro im chinesischen Shanghai auf. Das Unternehmen schreibt dem #Faktenfuchs aber, dass es nicht auf die Zertifizierung von chinesischen Masken spezialisiert sei. Dass so viele Masken aus China im Umlauf seien, habe damit zu tun, "dass chinesische Maskenhersteller schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie im großen Stil FFP2-Masken produziert haben". Deswegen hätten chinesische Maskenhersteller auch schneller auf dem EU-Markt aktiv werden können als ihre europäischen Wettbewerber.

Es gibt allerdings auch deutsche Maskenhersteller, die ihre FFP2-Masken von "Universal Certification" haben zertifizieren lassen, zum Beispiel "Univent Medical". Im Juli 2020 fragte das Unternehmen aus Villingen-Schwenningen verschiedene Prüfstellen an, wann diese die FFP2-Masken von "Univent Medical" zertifizieren könnten. "Die deutschen Prüfstellen teilten uns eine Wartezeit von drei bis sechs Monaten mit, 'Universal Certification' hatte den schnellstmöglichen Termin, deswegen haben wir uns damals für diese Prüfstelle entschieden", teilte "Univent Medical" dem #Faktenfuchs mit.

Fazit

In Deutschland sind derzeit eine Reihe von FFP2-Masken erhältlich, die von derselben türkischen Prüfstelle "Universal Certification" zertifiziert wurden. Das heißt: Diese Prüfstelle bescheinigt, dass die Maske die Sicherheitsanforderungen der EU-Verordnung für persönliche Schutzausrüstung erfüllt. "Universal Certification" zertifizierte nach eigener Aussage bislang 60 Maskenmodelle, die in der EU auf dem Markt sind. Mit den dazu notwendigen Qualitäts- und Sicherheitstests beauftragt die Prüfstelle teilweise spezialisierte Test-Labore, unter anderem aus China - was rechtlich zulässig ist. Maskenhersteller können selbst entscheiden, welche Prüfstelle sie beauftragen. Einige (chinesische) Hersteller haben sich dabei für "Universal Certification" entschieden. Aber auch deutsche Maskenhersteller haben die türkische Prüforganisation beauftragt, weil sie schneller Termine für das Prüfverfahren anbieten konnte als deutsche Prüforganisationen.

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