ARCHIV - 26.07.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Produkte deren Preis mit den verdeckte Kosten angepasst wurden, liegen an der Kasse. Bei der «Wahre-Kosten-Aktion» des Discounters Penny sind die Verkaufszahlen nicht so stark gesunken wie erwartet. (zu dpa "Pennys «Wahre Kosten»: Verkäufe weniger stark gesunken als erwartet") Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Pennys "Wahre Kosten"

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"Wahre Kosten": Was hat die Penny-Aktion gebracht?

Den wahren Preis von Lebensmitteln darstellen und untersuchen, wie Kunden reagieren – das war das Ziel einer Kampagne von Penny zusammen mit Nürnberger Forschern. Jetzt sind die Ergebnisse da.

Im Sommer 2023 hat Penny bei bestimmten Produkten die "wahren Kosten" erforscht. Für die meisten Menschen, die in der Zeit der Aktion bei diesem Discounter eingekauft haben, war der Preisaufschlag zu hoch. Sie haben die Produkte nicht gekauft. Das ist ein Ergebnis der Studie, die durchaus auch Überraschungen birgt.

Verantwortung nicht nur auf die Verbraucher abwälzen

Die Ergebnisse zeigen aus Sicht von Studienautorin Amelie Michalke, dass nicht alles über den Markt und über Preise geregelt werden kann. "Man kann nicht nur die Verantwortung auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen", sagt die Nachhaltigkeitswissenschaftlerin.

Für eine Woche hatte Penny im vergangenen Jahr in allen Filialen die Preise für neun Produkte (Bio und konventionell) erhöht und so die Umweltfolgekosten eingepreist. Eine Packung Käse kostete bis zu 88 Prozent mehr. Der Preis von Wiener Würstchen verdoppelte sich nahezu. Im neuen Preis waren die Auswirkungen und Kosten eingerechnet, die sonst die Allgemeinheit trägt – für Klimaschäden zum Beispiel und für Kosten im Bereich Boden, Gesundheit und Wasser. Die Aktion war Teil eines Wissenschaftsprojekts der Technische Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald.

Absatzzahlen sanken weniger stark als erwartet

Vielen Kundinnen und Kunden waren die Produkte mit dem neuen Preis zu teuer. Die Verkaufszahlen sind gesunken. Allerdings hatte Penny im Vorfeld der Aktion mit noch höheren Verlusten gerechnet. "Wir sind überrascht", sagt Andreas Kraemer, Pressesprecher von Penny. Die Absatzzahlen sind nicht so stark gesunken, wie es bei den so großen Preisaufschlägen erwartet wurde. Als Grund vermuten die Studienautoren, dass gleichzeitig auch über die Umweltkosten informiert wurde und der Aufpreis als Spende an Landwirte ging.

Als Erfolg werten die Initiatoren, dass eine gesellschaftliche Debatte angestoßen wurde. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie nach der Kampagnenwoche mehr Bewusstsein für das Thema hatten. Allerdings, dieses Bewusstsein auch in Handlungen umzusetzen und politische Konsequenzen daraus zu ziehen, dafür war der Zuspruch deutlich geringer.

Unterstützung für politische Maßnahmen ging zurück

Zweimal wurden die 2.255 Teilnehmer einer Umfrage befragt – vor der Aktion und dann nochmal währenddessen. Eine Frage war, welche politischen Maßnahmen sie unterstützen würden: Information zu den wahren Kosten auf Produkten, ein Preisaufschlag in Höhe der errechneten Folgekosten oder eine entsprechende Steuer. Der Zuspruch zu solchen Maßnahmen war vor der Aktionswoche höher als danach. Sobald Kundinnen und Kunden, "mit den wahren Preisen konfrontiert waren, ist die Zustimmung für solchen Maßnahmen gefallen", sagt Wissenschaftlerin Michalke.

Tierwohlabgabe in der Diskussion

Zurzeit wird politisch eine Tierwohlabgabe diskutiert, ein Aufschlag aufs Kilo Fleisch zum Beispiel, mit dem mehr Tierwohl in Ställen finanziert werden könnte. Eine solche Abgabe würde die Preise deutlich weniger stark erhöhen als bei der Penny-Aktion. Dennoch zeigen die Forschungsergebnisse, wie sehr sich Zuspruch zu solchen Maßnahmen wandeln kann, sobald die Verbraucherinnen mit den Preisen an der Kasse konfrontiert sind.

Der Preis war für die Befragten mit Abstand der wichtigste Grund (85 Prozent), ein Produkt zu kaufen oder nicht zu kaufen. Wobei sie teils zwischen Bio und konventionellen Produkten unterschieden haben. "Zwar zeigen beide einen Abwärtstrend", sagt Amelie Michalke von der Uni Greifswald, aber "der Absatzrückgang bei Bioprodukten durchaus etwas geringer ausfällt". Die Menschen, die die Produkte gekauft haben, gaben als Hauptgründe an, dass sie sie immer kaufen (93 Prozent) und dass sie ein Interesse an Nachhaltigkeit haben (86 Prozent).

Penny-Aktion löste Kritik aus

Die Penny-Kampagne hat im vergangenen Jahr eine heftige Diskussion ausgelöst. Viele Landwirte und Bauernverbände kritisierten die Aktion. Der Bauernverband warf dem Discounter Greenwashing vor. Ansonsten würde sich Penny kaum für faire Bepreisung interessieren. Kritisiert wurde auch, dass bis auf ein veganes Schnitzel nur tierische Produkte Teil der Aktion waren und kein Obst und Gemüse. Umwelt- und Verbraucherschützer sahen in der Kampagne hingegen einen ersten Schritt.

Im Video: "Wahre Kosten": Was hat die Penny-Aktion gebracht?

Waren an der Supermarktkasse
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"Wahre Kosten": Was hat die Penny-Aktion gebracht?

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