Signa Holding von René Benko meldet Insolvenz an
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Signa Holding von René Benko meldet Insolvenz an

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Signa Holding von René Benko meldet Insolvenz an

Die Signa-Gruppe des österreichischen Immobilien- und Handelsunternehmers Benko war stark gewachsen. Spektakuläre Projekte wie der Hamburger Elbtower sorgten für Aufsehen. Nun ist die Holding des Firmennetzwerks zahlungsunfähig.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die angeschlagene Signa Holding GmbH des österreichischen Investors René Benko ist zahlungsunfähig. Wie das Handelsgericht Wien am Nachmittag mitteilte, hat es der Signa Holding ein Sanierungsverfahren unter Eigenverwaltung gestattet. Das entsprechende Verfahren werde noch am Mittwoch eröffnet.

René Benko hatte Anfang November unter dem Druck seiner Mitgesellschafter angekündigt, sich als Vorsitzender des Signa-Beirates zurückzuziehen. Der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz wurde damals mit der Restrukturierung beauftragt, er blieb aber in einer Beraterrolle, anstatt selbst die Führung der Holding zu übernehmen. Geiwitz hatte Insidern zufolge auf eine tragfähige Finanzierung einer Sanierung gepocht.

Neuordnung durch Sanierungsverfahren angestrebt

Ziel des nun beantragten Insolvenzverfahrens sei die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs der Holding, also des Kerngeschäfts mit Immobilien und Kaufhäusern, und zwar im Rahmen der Eigenverwaltung, sowie die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens, wurde in Wien erklärt. Im Zuge eines Sanierungsverfahrens solle gemeinsam mit dem zu bestellenden Sanierungsverwalter eine Neuordnung der eigenen Aufgaben und der eigenen Verbindlichkeiten erreicht und dabei die Werthaltigkeit der Beteiligungen erhalten werden.

Eine Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine mildere Form einer Insolvenz. Allerdings muss Signa Auflagen erfüllen: Mindestens 30 Prozent der Forderungen der Gläubiger müssen binnen 24 Monaten erfüllt werden, die komplexe Struktur der Holding muss reformiert werden. Das letzte Wort hat dabei jeweils der vom Gericht bestellte Sanierungsverwalter. Wer das sein wird, ist noch nicht bekannt.

Einzelhandelssparte als Hauptauslöser der Insolvenz

Zu Signa gehören große Immobilienbestände und unter anderem der Warenhausriese Galeria Karstadt Kaufhof. Die Holding räumte jetzt ein, dass die Expansion in den stationären Einzelhandel ein Fehlschlag gewesen sei: Sie begründete die Anmeldung der Insolvenz vor allem damit, dass der Einzelhandelsbereich stark unter Druck geraten sei und die Investitionen dort nicht den erwarteten Erfolg gebracht hätten. Auch im Immobilienbereich hätten sich zuletzt externe Faktoren "negativ auf die Geschäftsentwicklung" ausgewirkt, hieß es. Gemeint sein könnten damit zum Beispiel gestiegene Bau- und Kreditkosten.

"Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", wurde in Wien zusammenfassend erklärt. Somit blieb nur der Schritt in die Insolvenz.

Kein Erfolg im Warenhaus-Sektor

Es war vor allem der Einstieg Benkos beim Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, der in Deutschland öffentliche Aufmerksamkeit erregte, zumal Galeria inwischen bereits zwei Insolvenzverfahren hinter sich hat und in der Corona-Krise dreistellige Millionenhilfen vom deutschen Staat erhielt.

Diese Hilfen konnten den Einzelhandelsbereich von Signa jedoch nicht aus der Krise bringen. Das Konzept der Holding, die Warenhäuser teuer zu vermieten und später eventuell auch zu verkaufen, ging einfach nicht auf: Die Preise für Gewerbeimmobilien brachen ein, die Betreiber der Kaufhäuser konnten die von René Benko erhofften hohen Mieterträge nicht aufbringen, zugleich stiegen die Zinsen für die Kredite, die der Österreicher zum Einstieg bei Galeria aufgenommen hatte.

Ukraine-Krieg brachte die Holding in Schwierigkeiten

Signa war in Zeiten historisch niedriger Zinsen stark gewachsen und spektakuläre Projekte wie der Hamburger Elbtower sorgten für Aufsehen. Doch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges gaben Benkos Geschäftsmodell schließlich den Rest.

Die Immobilienbranche kämpfte mit gestiegenen Bau- und Energiekosten sowie höheren Zinsen, zudem sorgte die wegen der steigenden Energiepreise nachlassende Konsumlaune der Verbraucher für immer weiter sinkende Erträge im Einzelhandelsgeschäft. Für die Probleme bei Signa wurden von Beobachtern allerdings auch immer wieder hausgemachte Probleme als Ursache angeführt.

Gruppe ist bei Banken in Milliardenhöhe verschuldet

Dass Signa unter Liquiditätsproblemen leidet und bei über 100 Banken tief in der Kreide steht, ist seit Längerem bekannt. Nach einer Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein bei den zwei größten Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Milliarden Euro. Ob alle Kreditgeber ihr Geld wiedersehen, ist zweifelhaft.

Zuletzt zeigten sich bereits erste Risse im Imperium des Milliardärs Benko: Der Online-Sporthändler Signa Sports United meldete Insolvenz an, nachdem Signa ihm eine Kapitalspritze über 150 Millionen Euro verweigert hatte. Der Sporthändler Sport-Scheck wurde an den britischen Konkurrenten Frasers verkauft, Anteile an der Luxus-Kaufhauskette Selfridges gingen an den thailändischen Miteigentümer Central Group.

Am Freitag hatte bereits eine deutsche Tochter von Signa Prime beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzantrag gestellt. Insider gehen davon aus, dass nun noch weitere Insolvenzen von Signa-Gesellschaften in Deutschland folgen, bei großen Bauprojekten von Signa etwa in Hamburg ("Elbtower"), München, Berlin oder Düsseldorf hatte es zuletzt schon Baustopps gegeben.

Auswirkungen der Insolvenz auf Galeria noch offen

Ob der Insolvenzantrag der Signa Holding negative Auswirkungen auf die Warenhaustochter Galeria haben wird, ist unklar. Galeria warte nach dem Antrag am Handelsgericht Wien den geordneten Prozess ab, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Signa hatte Galeria im Zuge der Sanierung 200 Millionen Euro frisches Kapital in Aussicht gestellt - das Geld dürfte nun nicht mehr fließen. Die Warenhauskette steuert aber immerhin gerade auf das wichtige Weihnachtsgeschäft zu. Die Einnahmen darais könnten bei der Kette für Liquidität sorgen.

Münchner Stadtrat berät im Dezember über Folgen des Baustopps

In München hatte der Signa-Konzern vergangene Woche bereits einen Baustopp sowohl bei der Alten Akademie als auch beim ehemaligen Karstadt am Hauptbahnhof bekannt gegeben. Nach Medienberichten sollen alle Signa-Immobilien zum Verkauf stehen.

Der Münchner Stadtrat wird sich jedoch erst im Dezember mit den Folgen des Baustopps bei den Signa-Immobilien in der Innenstadt befassen. Einen Dringlichkeitsantrag der ÖDP, der das Thema bereits in der Vollversammlung am Mittwoch aufgreifen wollte, lehnte die Mehrheit ab. Der Antrag wurde in den nächsten Planungsausschuss verwiesen.

Reiter kritisiert Staatsregierung

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, bisher habe man keine neuen Erkenntnisse, welche vertraglichen Vereinbarungen der Freistaat mit Signa getroffen habe. Er sei allerdings auf die Ausführungen des bayerischen Bauministers Christian Bernreiter (CSU) gespannt, so der OB. Der Freistaat hatte 2013 die Alte Akademie in der Münchner Fußgängerzone auf Erbpachtbasis für 65 Jahre an Signa vergeben. Man müsse aufpassen, wie und was man verkaufe, sagte Reiter dem BR. Man habe mit der "Alten Akademie" jetzt ein Thema, das man sich nie so habe vorstellen können. Das sei ein Signal genau hinzuschauen, ob man staatliches oder städtisches Eigentum überhaupt verkaufen sollte, so Reiter weiter. Dieser Tag sei ein bitterer Tag für die Stadt München. Der Oberbürgermeister sagte weiter, er hoffe, man komme nun schnell zu Lösungen mit dem Insolvenzverwalter. Des Weiteren bedauerte der Oberbürgermeister, die Insolvenz der Immobilienfirma. Insgesamt sei das eine bittere Nachricht für viele, die in den Unternehmen gearbeitet haben, insbesondere in den Kaufhäusern. Aber auch für die Stadt, so Dieter Reiter, sei es eine schlechte Nachricht, denn die Immobilien würden an stadtbildprägenden Orten stehen, und das sei schon jetzt erkennbar in München und würde durch die Insolvenz der kompletten Gruppe nicht besser werden.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

Im Video: Signa-Holding stellt Insolvenz-Antrag

Signa-Logo auf einer Baustelle
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Der Karstadt-Mutterkonzern ist pleite. Die Signa-Holding des österreichischen Investors Benko hat in Wien einen Insolvenz-Antrag gestellt.

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