Ein Logo hängt an einer Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Hauke-Christian Dittrich

Kaufhäuser der Kette 'Galeria' prägen viele Innenstädte. Wie geht es weiter nachdem beim Eigentümer Signa ein Sanierer das Ruder übernommen hat?

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Benkos Abgang belastet Galeria – Kaufhäuser auf der Kippe?

Der österreichische Immobilieninvestor René Benko hat die Macht in seinem Signa-Konzern abgeben müssen – und damit auch bei Galeria Karstadt Kaufhof. Was die Sanierung des Konzerns für die Häuser von Galeria und ihre 12.500 Beschäftigten bedeutet.

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Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der sich seit Jahren um die Galeria-Warenhäuser kümmert, soll nun den gesamten Signa-Konzern aus seiner wirtschaftlichen Schieflage befreien. Unter dem Namen "Galeria" hatte René Benko die früheren Kaufhäuser von Karstadt und Kaufhof zusammengefasst.

Sanierer kennt die Situation der Galeria Kaufhäuser

Bei Galeria Karstadt Kaufhof kennt Arndt Geiwitz sich bestens aus, da er die Warenhäuser schon durch das zweite Insolvenzverfahren führt. Gefragt nach Konsequenzen, die die Sanierung von René Benkos gesamter Signa-Gruppe für deren Kaufhäuser nun haben würde, lobte Geiwitz das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Die 92 verbliebenen, zumeist kleineren Galeria-Warenhäuser erwähnte er dabei mit keinem Wort.

Was wird aus den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

Die Gewerkschaft Verdi verlangt deshalb Klarheit für die 12.500 Beschäftigten dort. Sie hatte fast zeitgleich mit Benkos Abgang vor dem Start des Weihnachtsgeschäfts einen Tarifvertrag mit Extrageld ausgehandelt, das eigentlich Ende November und Ende Januar ausgezahlt werden soll. Den größten Anteil daran haben unbezahlte Arbeitsstunden der letzten Jahre, für die es jetzt bis zu 500 Euro geben soll. Dazu kämen für die Vollzeitbeschäftigten ein Inflationsausgleich von 400 Euro und ein Einkaufsgutschein im Wert von 100 Euro.

Galeria kassierte Staatshilfen

Für die Sanierung von Karstadt und Kaufhof kassierte Arndt Geiwitz als Insolvenzverwalter mehrmals Staatshilfen, während der Sanierungsbeitrag von Eigentümer Benko stets unklar blieb. 680 Millionen Euro an Corona-Hilfen wurden in den Jahren 2021 und 2022 an Karstadt und Kaufhof gezahlt. Zeitgleich wurde bereits zum dritten Mal Staatshilfe beantragt, diesmal wegen des Ukraine-Kriegs und der Inflation. Als dieser Kredit nicht gegeben wurde, folgte umgehend der zweite Insolvenzantrag. Seitdem droht der Staat, und damit der deutsche Steuerzahler, rund 500 Millionen Euro an Krediten zu verlieren, die nicht besichert sind.

Bereits 2020 insolvent

Schon 2020 war es im Corona-Lockdown zu einer ersten Insolvenz in Eigenverwaltung gekommen, bei der die Gläubiger dem Unternehmen Schulden in Höhe von zwei Milliarden Euro erlassen mussten. Den Beschäftigten wurde der Sanierungstarifvertrag gekündigt, zahlreiche Filialen geschlossen. Ein Ende der Sanierung ist immer noch nicht abzusehen, genauso wenig, wie viele Filialen am Ende übrig bleiben.

Eine Sprecherin von Verdi machte diese Woche deutlich: Am Ende dürften nicht die Beschäftigten für die Fehler des Managements geradestehen – mit Lohnsenkungen oder im schlimmsten Fall mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes.

Das Geschäftsmodell von Benko

Für Kaufhausinvestoren wie René Benko, die mit Milliardensummen meist ganze Ketten kaufen, sieht das Geschäftsmodell meist folgendermaßen aus: Man besorgt sich von Banken günstige Kredite für den Erwerb der Kaufhausimmobilien, die dann vom laufenden Kaufhaus-Betrieb getrennt werden, sofern diese Abspaltung nicht ohnehin schon erfolgt war. Genau so ging Benko bei der Schaffung einer Deutschen Warenhaus AG aus Karstadt und Kaufhof mit dem Markennamen Galeria vor.

Von den eigentlichen Betreiberfirmen wie Karstadt Quelle oder Galeria Kaufhof wurden dann (teilweise stark überhöhte) Mieten verlangt, die nicht nachhaltig erwirtschaftet werden konnten. Mit diesen Mieteinnahmen konnte Benko nun Zins und Tilgung für die Kredite des Immobilienerwerbs bedienen und darüber hinaus vielleicht noch ein Überschuss als Eigentümer erzielen. Die übernommenen Kaufhäuser sollten also Benkos Erwerbskosten der Immobilien, die oft in guten Lagen beheimatet sind, tragen und einen Mehrwert schaffen. Das Problem war das immense Risiko, falls das Geschäftsmodell platzt.

Der Deal mit der Deutschen Warenhaus AG ging nicht auf

Mit steigenden Immobilienpreisen lässt sich später, so die Kalkulation, das ganze Paket von Kaufhaus plus Betreiber später im besten Fall wieder verkaufen oder ertragreich weiterverwerten. Aktuell ist die Situation jedoch umgekehrt: Die Preise für Gewerbeimmobilien sind eingebrochen, zugleich sind die Zinsen für Fremdkapital gestiegen. So gut wie niemand will derzeit ein Kaufhaus haben, schon gar nicht mit Umsatzeinbrüchen und operativen Verlusten im laufenden Geschäft. Der Erhalt oder die weitere Sanierung dürfte deshalb für viele Standorte von Galeria schwierig werden.

Niedergang vieler Warenhäuser nicht mehr aufzuhalten

Managementfehler gab es in den vergangenen Jahren vor allem beim Führen der Kaufhäuser von Karstadt und Kaufhof. Es fehlte an Attraktivität für die Kunden bei Präsentation und Beratung, auch der Trend zum E-Commerce wurde verschlafen. So gingen die Umsätze zum Teil dramatisch zurück, und zwar nicht erst seit der Corona-Krise und der Konsumflaute wegen des Kriegs in der Ukraine und der damit verbundenen hohen Inflation. Schon sehr viel früher war der Umsatz der Warenhäuser stark rückläufig, genauso wie ihr Anteil am ohnehin schrumpfenden Einzelhandel.

Konzepte aus vergangenen Zeiten

"Der Kaufhof bietet tausendfach alles unter einem Dach", so lautete ein Werbeslogan aus den 1960er und 1970er Jahren. Aber: Das ganze Konzept Warenhaus, das vor einem halben Jahrhundert sehr gut funktioniert hat, steht inzwischen infrage: Käufe im Internet haben den stationären Handel in diesem Bereich besonders stark verdrängt. In den USA ist das noch deutlicher zu sehen, weil dort viele große "Shopping-Malls", das sind teils gigantische Einkaufszentren mit zahlreichen Einzelgeschäften, wegen des Online-Handels bereits aufgegeben haben und geschlossen wurden.

Ohne Kaufhäuser können Innenstädte veröden

In vielen deutschen Innenstädten spielen die alten Warenhäuser von Galeria, die zum Teil verschönert wurden, immer noch eine wichtige Rolle für die umliegenden Geschäfte und den zentral gelegenen Einzelhandel. Wenn ein solches Kaufhaus endgültig aufgeben muss, hat das häufig auch gravierende Folgen für den Umsatz der umliegenden Läden. Denen fehlt dann ein wichtiger Teil ihrer Laufkundschaft. In letzter Konsequenz droht dann oft eine Verödung der Innenstadt.

Aus diesem Grund hat der Handelsverband Deutschland (HDE) auch immer wieder die Forderung nach weiteren Staatshilfen für die Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof unterstützt. Sie würden eine wichtige Funktion in den Städten erfüllen, die weit über den Einzelhandel hinausgehe. Man stelle sich nur mal ein Weihnachtsgeschäft ohne die großen Konsumtempel vor, so der HDE.

Aktuell macht sich der Handelsverband ernste Sorgen um den bevorstehenden Jahreswechsel. Die Stimmung der Verbraucher hat dem Konsumbarometer des Verbandes zufolge zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts Anfang November ein Sechsmonatstief erreicht. Konjunktursorgen drohen die vorweihnachtliche Kauflaune zu verderben.

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