Ein Schild weist den Weg zur Deutschen Rentenversicherung.
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Die gesetzliche Rente steuert auf ein massives Finanzierungsproblem zu. Jetzt wird eine weitere Erhöhung des Eintrittsalters gefordert.

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Rente: Eintrittsalter bald höher als 67 Jahre?

Derzeit wird das Regel-Rentenalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Gleichzeitig nimmt eine Debatte über einen noch späteren Eintritt in die Rente Fahrt auf. Antworten auf wichtige Fragen.

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Wer darf wann in Rente gehen? Die Regel-Altersgrenze von 65 Jahren gilt bereits seit Anfang des Jahres 2012 nicht mehr. Seitdem ist sie pro Jahr um einen Monat angehoben worden. Derzeit liegt sie daher bei 65 Jahren und 11 Monaten. Diese Grenze gilt für den Geburtsjahrgang 1957. Ab dem kommenden Jahr steigt die Altersgrenze in Zwei-Monats-Schritten. Im Jahr 2031 gilt dann für alle Neurentnerinnen und -rentner die Regel-Altersgrenze von 67 Jahren.

Welche Anhebung des Rentenalters wird derzeit gefordert?

Aktuell hat die Volkswirtschafts-Professorin Veronika Grimm vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung viel Aufmerksamkeit mit ihrer Forderung bekommen, das Renteneintrittsalter weiter anzuheben. Die Lehrstuhlinhaberin an der Uni Erlangen-Nürnberg schlägt vor, dass jedes Jahr an zusätzlicher statistischer Lebenserwartung rechnerisch aufgeteilt werden soll: Zwei Drittel davon, also acht Monate, als späterer Eintritt in die Rente. Ein Drittel, also vier Monate, als längere Rentenbezugsdauer.

Mit dieser Idee steht sie nicht allein. Der langjährige Direktor des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik, Professor Axel Börsch-Supan, warb schon vor etlichen Jahren für das gleiche Modell.

Warum gibt es die Forderung nach einem höheren Rentenalter?

Für die aktuelle Forderung nach einem Renteneintritt jenseits der 67 werden die gleichen Argumente genannt, mit denen die damaligen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD im Jahr 2007 die Einführung der Rente mit 67 begründet haben. Sie argumentierten vor allem mit zwei Entwicklungen. Erstens: Die Zahl der Kinder, die in Deutschland geboren werden, ist gegenüber früheren Jahrzehnten deutlich gesunken. In den Zeiten des sogenannten Baby-Booms Mitte der 1960er Jahre lag die Zahl der Geburten etwa doppelt so hoch wie derzeit. Das führt dazu, dass in dem umlagefinanzierten System der gesetzlichen Rente einer steigenden Zahl von Rentnern immer weniger Beitragszahler gegenüberstehen.

Der zweite Grund: Die Lebenserwartung steigt, und damit auch die Zahl der Jahre, die Menschen in Deutschland Rente beziehen. 1960 betrug die Rentenbezugsdauer in den alten Bundesländern bei Männern 9,6 Jahre. Im Jahr 2021 waren es 18,8 Jahre, also fast eine Verdoppelung. Bei den Frauen ist die Rentenbezugsdauer im gleichen Zeitraum um mehr als das Doppelte gestiegen, von 10,6 auf 22,1 Jahre.

Bevölkerungswissenschaftler erwarten in den nächsten Jahrzehnten einen weiteren Anstieg der Lebenserwartung in Deutschland.

Welche politischen Chancen hat eine Anhebung des Rentenalters?

Auch wenn es vor allem von Wirtschaftswissenschaftlern und Arbeitgeberverbänden immer wieder die Forderung nach einer weiteren Anhebung des Rentenalters gibt, so findet diese Forderung doch wenig Widerhall in der Politik. Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigt das, was auch Linie der gesamten SPD ist: Über 67 hinaus soll das Rentenalter nicht steigen.

Auch in den anderen Parteien gibt es kaum prominente Vertreter, die generell eine spätere Rente fordern. In den jüngsten Wahlprogrammen finden sich ebenfalls keine entsprechenden Forderungen. Zwar haben verschiedene Parteien in ihren Programmen Vorschläge für eine Flexibilisierung des Renteneintritts, beispielsweise die FDP, die Grünen und auch die AfD. Aber das Thema steht momentan nicht auf der bundespolitischen Agenda. Und über die Rente wird stets auf Bundesebene entschieden.

Wie alt sind Neu-Rentner im Schnitt tatsächlich?

Auch wenn das Regel-Renteneintrittsalter derzeit bei knapp 66 Jahren liegt, gehen die Menschen in Deutschland im Schnitt einiges früher in den Ruhestand. Zuletzt waren Neu-Rentner im Schnitt 64,4 Jahre alt, also rund eineinhalb Jahre jünger als es die Regel-Altersgrenze vorsieht. Darin sind Renten wegen Berufsunfähigkeit nicht eingerechnet. Vielmehr ist es unter anderem die Rente für langjährig Versicherte, die auch als "Rente mit 63" bekannt ist, welche den Altersschnitt nach unten drückt.

So können Berufstätige früher in Rente gehen, wenn sie mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben. Wer mindestens 45 Jahre Beiträge geleistet hat, muss keine Abschläge hinnehmen. Wer weniger lange eingezahlt hat und vorzeitig in den Ruhestand gehen will, erhält eine geringere Rente.

Im Video: Kanzler Scholz will weniger Frührentner (Archiv)

Kanzler Scholz will weniger Frührentner
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Kanzler Scholz will weniger Frührentner

Dieser Artikel ist erstmals am 15.08.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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