Mann mit 3D-Brille im Büro
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Neue Berufe: Ausbildung auf der Höhe der Zeit

Innovative Ausbildungen, die junge Menschen begeistern, braucht es dringend: 44.000 Plätze sind in Bayern unbesetzt. Ab September gibt es den "Gestalter für immersive Medien". Zukunftsfähig zu bleiben, fordert von den Absolventen aber noch mehr.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft und Börse am .

Was sich die Architektin bei der Ingolstädter Firma "Formvision" auf dem Papier mit Bleistift ausdenkt, muss zeitgemäß umgesetzt werden. Dafür ist Leonie Regler zuständig. Die 22-Jährige leitet ein Team junger Frauen, die Architektur in 3D-Darstellungen übersetzt. "Immersiv" nennt man das, was so viel wie "eintauchen" bedeutet. Eingetaucht wird in eine virtuelle Welt.

Ihre beiden Auszubildenden lässt sie Räume nachbauen, in die man mittels 3D-Brille hineingehen kann.

  • Lesen Sie hier: "Bayern: Gute Lage am Ausbildungsmarkt für Azubis"

Kataloge statt 3D-Welten

Doch das, was Regler Lea-Marie und Juliane beibringt, gibt es in der Ausbildungswelt noch gar nicht - bis jetzt. Für die Teamleiterin eine Herausforderung: "Wir machen die Arbeit mit virtueller Realität seit vier Jahren und seit vier Jahren haben wir das Problem, wie wir das den Azubis beibringen. Deshalb wird es jetzt Zeit."

Zeit für eine Reform der Ausbildung zur Mediengestalterin für Digital und Print, die die Anfang 20-jährigen Azubis gerade noch machen. Theorie und Praxis ihrer dualen Ausbildung klafften weit auseinander, kritisiert Juliane Pastor. "In der Schule haben wir hauptsächlich Kataloge gemacht, was wir hier tun, 3D-Modelling, konnten sie uns nicht beibringen."

Ein neuer Beruf entsteht

Doch zum 1. September entsteht nun ein neuer Ausbildungsberuf: Gestalter für immersive Medien. Einer von 324 staatlich anerkannten Ausbildungsberufen, die ständig modernisiert, angepasst oder auch neu geschaffen werden müssen. Mit daran beteiligt ist auch Hubert Schöffmann, Fachkräfteexperte der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern. Für ihn ist es "ganz entscheidend, dass die berufliche Bildung am Puls der Zeit bleibt". Berufsbilder, die jetzt schon zehn oder sogar 20 Jahre alt sind, müssten komplett modernisiert werden, damit sie wieder attraktiv würden. Das sei wichtig, "nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die bayerischen Unternehmen, die so junge Mitarbeiter anziehen".

Bereits im vergangenen Jahr wurden etwa IT-Ausbildungsberufe neu geordnet sowie jene im Hotel- und Gaststättenbereich. Ziel ist es, Schritt zu halten mit Herausforderungen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Globalisierung. Nicht ganz einfach, denn bis ein neuer Beruf entsteht oder modifiziert wird, vergeht viel Zeit.

Langwieriger Prozess

Vier Jahre hat es allein gedauert, bis die neue Ausbildungsordnung zum Gestalter von immersiven Medien herausgekommen ist.

Für die beiden jungen Mitarbeiterinnen bei Formvision kommt die Reform ihres Berufs zu spät. Lea-Marie Poferl musste sich noch mit Dingen beschäftigen, die für neue Azubis keine Rolle mehr spielen werden: "Was mich schon ärgert, weil ich fast fertig bin mit der Ausbildung und jetzt kommt der neue Beruf. Mich freut es aber für die neuen Kollegen und Kolleginnen, die jetzt im Betrieb nachkommen."

Aber kann die Ausbildung überhaupt Schritt halten mit der Digitalisierung? Seit Poferl bei Formvision arbeitet, hat sich die Technik dort ständig überholt: "Wir haben noch eine Ausbildungsordnung für Mediengestalter von 2013. Und jetzt erst gibt es eine neue Ausbildungsordnung. Ich glaube, eine Differenz von zehn Jahren bei einer Technologie, die sich ständig weiterentwickelt – das ist schon heftig."

Lebenslanges Lernen

Fachkräfteexperte Schöffmann allerdings rechtfertigt die Dauer bei der Reform von Ausbildungen. Viele wollten bei diesem Prozess mitreden: Unternehmen, Kammern wie die IHK, die Wissenschaft und die Gewerkschaften. Zudem dürfe die berufliche Ausbildung nicht nur Trends folgen, so Schöffmann: "Wenn Berufe neu geschaffen werden, müssen sie nachhaltig sein. Sie müssen den Jugendlichen stabile Grundqualifikationen mit auf den Weg geben, die immer wieder erweiterbar sind."

Leonie Regler von Formvision erwartet von ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, dass sie sich ohnehin immer auf dem Laufenden halten. So macht sie das schließlich auch. "Wir kriegen ja immer neue Aufgaben und Technologien, da sitzt niemand daneben und erklärt sie einem. So kommt es, dass man sich das am Ende selbst beibringt."

Lebenslanges Lernen und Weiterbildung – auch die beste Ausbildung kann das nicht ersetzen.

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