Gefüllter Einkaufswagen im Supermarkt
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Lebensmittel: Krisengewinne im Supermarkt?

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Lebensmittel: Krisengewinne im Supermarkt?

Krieg, Lieferengpässe, hohe Energie- und Rohstoffpreise – der Handel gibt verschiedene Gründe für die hohen Lebensmittelpreise an. Verbraucher fühlen sich dagegen abgezockt. Nutzt die Branche die derzeitige Krise, um hohe Gewinne einzufahren?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Veronika und Georg Buchelt waren gerade beim Einkaufen. Noch vor einem Jahr seien sie für 100 Euro mit einem vollen Einkaufswagen aus dem Supermarkt gekommen. "Jetzt haben wir gerade 80 Euro bezahlt für so einen kleinen Korb. Das merkt man schon drastisch, dass man weniger Ware bekommt für mehr Geld", erklärt der dreifache Familienvater. Doch warum sind die Preise derartig gestiegen?

Die Top 5 der Preissteigerungen

Auf die Anfragen des BR-Politikmagazins Kontrovers erklärt Lidl, keine Auskünfte zur Preisgestaltung zu geben, Aldi gibt gar keine Antwort. Rewe begründet die Teuerungen bei Lebensmitteln unter anderem mit gestiegenen Rohstoffkosten. Von Edeka heißt es, ein Grund seien die hohen Energiepreise.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind im Oktober die Preise bei Pflanzenöl mit Abstand am stärksten gestiegen: Und zwar um 80 Prozent. Auch die Preise von Butter haben sich mit 55 Prozent und Zucker mit über 42 Prozent kräftig erhöht. Margarine ist innerhalb eines Jahres um fast 40 Prozent und fettarme Milch um rund 35 Prozent teurer geworden.

Sprechen sich die Händler ab?

Gibt es ein unter den Handelsketten "abgestimmtes Verhalten"? Inzwischen prüft das Bundeskartellamt Beschwerden über Lebensmittelpreise.

Auch Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern sieht Hinweise, dass der Handel über die gestiegenen Kosten hinaus höhere Lebensmittelpreise durchsetzen will. "Bei vielen Produkten greifen die Faktoren, bei denen sich die Kosten so erhöht haben, wie zum Beispiel die Energie, noch gar nicht. Das heißt: Warum ist das Brot jetzt schon so viel teurer, wenn die Energiekosten noch gar nicht so hoch gestiegen sind?", wundert sich die Verbraucherschützerin.

"Eine Art Gewinn-Inflation"

Die Handelsketten weisen es von sich, aus der Krise Kapital schlagen zu wollen und schieben die Schuld auf die Hersteller von Markenprodukten. Für Daniela Krehl ist das aber kein schlüssiges Argument. Schließlich nehme Edeka beispielsweise gerade bestimmte Markenprodukte aus dem Sortiment und vermarkte verstärkt die Eigenmarken.

"Das heißt, da gewinnt dann Edeka umso mehr, weil sie ja gar keinen Zwischenhändler mehr haben", erklärt die Expertin. Hinzu kommt, dass inzwischen auch die Preise bei den eigentlich günstigeren Eigenmarken um über 20 Prozent gestiegen sind – das ist im Durchschnitt mehr als bei Markenartikeln.

"Keine Preisbremse für Grundnahrungsmittel"

Nutzen die Händler also die Krise, um zusätzliche Gewinne einzustreichen? Ernst Läuger, Präsident des Handelsverbandes Bayern, räumt im Interview mit dem BR-Politikmagazin ein: "Ich gebe zu, im Einzelfall kann das vorkommen. Aber die Unternehmen treiben das nicht systematisch voran." Bei der Herstellung der Eigenmarken-Produkte seien die Handelsketten ebenso mit gestiegenen Erzeugerpreisen konfrontiert wie alle anderen Lebensmittelproduzenten. Zudem seien die Eigenmarken "nach wie vor ein Stück weit günstiger als Markenprodukte."

Eine Preisbremse für Grundnahrungsmittel, wie es sie in einigen EU-Ländern bereits gibt, lehnt der Präsident des Handelsverbandes Bayern ab: "Das ist letztlich eine politische Entscheidung, die aus unserer Sicht in den Markt eingreift."

Studie: Preiserhöhungen nicht gerechtfertigt

Auch das Ifo-Institut in Dresden hat die Entwicklung der Lebensmittelpreise untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass die gestiegenen Kosten die Preiserhöhungen nicht rechtfertigen. Ökonom Joachim Ragnitz ist überzeugt, dass "die Unternehmen versuchen, die hohen Inflationsraten auch dazu zu nutzen, ihre Gewinne zu erhöhen. Man sieht es bei den Landwirten, bei der weiter verarbeitenden Industrie, aber eben auch im Handel: Wir haben derzeit eine Art von Gewinn-Inflation. Das wird man aus ökonomischer Sicht nur einschränken können, indem man den Wettbewerb erhöht."

Für die Verbraucher ist keine schnelle Abhilfe in Sicht. Sie müssen für Lebensmittel weiterhin tief in die Tasche greifen und oftmals ihren Einkaufszettel zusammenstreichen. Ob die Preise für Essen und Getränke in Zukunft wieder sinken, kann man derzeit kaum abschätzen.

Ernst Läuger, Präsident Handelsverband Bayern im Kontrovers-Interview
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Ernst Läuger, Präsident Handelsverband Bayern

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