Händler arbeiten in der Börse. Nach dem Kollaps dreier US-Banken und der Angst vor einer Ausweitung auf den gesamten Sektor rückte zur Wochenmitte wieder die kriselnde Credit Suisse in den Fokus.
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Wall Street nach Bankenschließungen

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Krise oder Panik? Turbulente Woche an den Finanzmärkten

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Signature Bank sowie die Probleme der Credit Suisse haben gezeigt, wie nervös Wall Street und Frankfurter Börse derzeit sind. Kommt jetzt die Rezession oder eine schwere Bankenkrise?

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Es ist gerade mal eine Woche her, als die kalifornische Bankenaufsicht die Kontrolle über die Silicon Valley Bank (SVB) übernahm. Zwei Tage später garantierte die US-Regierung für alle Einlagen der Regionalbank. Doch nicht nur SVB und die bankrotte Signature Bank in New York stecken in der Krise. Auch die First Republic in San Francisco, nur wenige Kilometer vom Sitz der SVB entfernt, ist in Schwierigkeiten geraten. Ungerechtfertigt, sagen viele Beobachter.

Neues Sorgenkind First Republic in San Francisco

Doch auch diese Probleme scheinen gemeistert. Vorübergehend zumindest. Am Donnerstag haben in den USA mehrere Banken dem Finanzinstitut 30 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Die beiden amerikanischen Branchenriesen Citigroup und JPMorgan Chase stellten jeweils fünf Milliarden zur Verfügung, sieben andere US-Banken brachten den Rest auf.

Damit wollen die Kreditinstitute für Vertrauen in die First Republic sorgen, aber auch ganz allgemein in das Bankenwesen. Denn in dieser Woche sind US-Banken an den Börsen in den Ausverkauf hineingezogen worden. Auch die First Republic betont, dass sie gar keine großen Probleme hatte. Das meint auch Bankanalyst Tim Coffey: "Es ist ein sehr sicheres Institut, das nicht viele riskante Kredite vergibt. Der Großteil des Portfolios besteht aus Hypothekendarlehen für Einfamilienhäuser. Und diese Kredite werden an vermögende Privatpersonen vergeben, die große Summen einzahlen."

Misstrauen in den USA ist groß

Versichert sind in den USA alle Einlagen bis 250.000 US-Dollar. Wie viele andere Banken auch, hat die First Republic viel Geld in Staatsanleihen investiert. Die sind jetzt aber deutlich weniger wert, weil die US-Notenbank in den vergangenen Monaten die Zinssätze stetig angehoben hat. Unter anderem könnten deshalb der First Republic Verluste drohen.

Dominoeffekt

Viele Anleger haben in den vergangenen Tagen kalte Füße bekommen. Auch die meist sehr wohlhabenden Kundinnen und Kunden der First Republic. Sie haben ihre Gelder von der Regionalbank abgezogen und ihr Geld auf Konten bei den Großbanken überwiesen. Das sei unnötig, sagen viele Analysten und sei eine Panikhandlung gewesen, die zu einem Domino-Effekt geführt habe. Bankanalyst Coffey meint: "Was wir derzeit bei den Banken sehen, ist eine Vertrauenskrise."

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Europäisches Sorgenkind: Credit Suisse

Die Probleme bei der Credit Suisse haben diese Sorgen auch in Europa verstärkt. Eine Konsequenz ist schon jetzt klar: Die Finanzinstitute werden sich in den kommenden Monaten noch viel genauer anschauen, an wen sie Kredite vergeben. Schon allein das könnte das Wirtschaftswachstum verlangsamen.

Das hört sich besorgniserregend an, muss es aber nicht sein, meint die Wirtschaftswissenschaftlerin Julia Coronado von Macro Policy Perspectives: "Die Verbraucher werden sich wahrscheinlich einschränken oder preissensibler werden und mehr verhandeln, und das ist der Weg, um die Inflation zu senken."

Was macht die FED? Zinserhöhung, ja oder nein?

Die US-Notenbank FED und die europäische Zentralbank EZB haben sich vorgenommen, die Inflation auf beiden Kontinenten zu bekämpfen. Die EZB hat in dieser Woche einen weiteren Zinsschritt vorgenommen und die Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt angehoben. Im Euroraum ist die Inflation mit 8,5 Prozent nach wie vor zu hoch. Die Währungshüter streben hier als ZIel zwei Prozent an.

Bei der FED steht die Zinsentscheidung nächste Woche am Dienstag und Mittwoch an. In den USA bezweifeln aber immer mehr Experten, dass die FED an der Zinsschraube drehen könnte. Während man noch vor der aktuellen Bankenkrise von einer Zinsanhebung von bis zu einem Prozentpunkt ausgegangen war, hat sich die Erwartung erst auf einen halben und mittlerweile sogar nur auf einen Viertelprozentpunkt reduziert. Und seit Freitag ist ein Großteil der Meinung, die FED werde die Leitzinsen nächste Woche unverändert lassen.

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