Ein leeres Einkaufszentrum in Oberhausen (Archiv- und Symbolbild)
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Ein leeres Einkaufszentrum (Archiv- und Symbolbild)

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Jede Etage eine neue Welt: Die Zukunft der Warenhäuser

Unten Shopping, darüber Ärzte und oben Hotels – Perspektiven für das Ende der Warenhaus-Ära sind gerade sehr gefragt. Eine Studie eröffnet jetzt neue Konzeptideen. Größtes Hindernis bleibt in vielen Fällen das Baurecht.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

Im Schnitt dauert es von der Schließung eines Warenhauses bis zur Wiedereröffnung vier bis fünf Jahre. In dieser Zeit müssen viele Fragen geklärt werden: Wer übernimmt die Immobilie? Was geht damit überhaupt? Was ist rechtlich möglich?

Die "BBE Handelsberatung" hat sich in einer Untersuchung damit befasst, welche Wege bereits gegangen werden und was noch möglich ist – nach der großen Ära des Kaufhauses.

Hof und Augsburg gelten als Vorzeigebeispiele

Als positive Beispiele nennen die Experten neben den früheren Warenhäusern in Osnabrück, Recklinghausen und Leipzig auch die Häuser in Augsburg und Hof. So wurde die ehemalige Kaufhof-Filiale in Hof erfolgreich umgebaut. Dort befinden sich jetzt Handelsflächen im Erdgeschoss, die oberen Etagen werden von einem Hotel genutzt.

Nach der Schließung von Galeria Kaufhof in Augsburg werden inzwischen alle sechs Etagen von nur einem Handelsunternehmen "Schmid Schuhe Mode Sport" genutzt, was bei 9.000 Quadratmetern eher ungewöhnlich sei, so die Autoren.

Dass die betroffene Kommune eine solche Immobilie übernehme und die Nachnutzung vorantreibe, komme zwar vor, es passiere aber meist dann, wenn sich keine neuen Investoren und Ankermieter fänden. Ein Ankermieter kann zum Beispiel eine bekannte Supermarktkette oder ein Drogeriemarkt sein, der andere Mieter wie einen Biomarkt und kleinere Geschäfte nachzieht.

Schon die dritte Etage gilt als problematisch

Nur wenn Eigentümer, interessierte Investoren und Kommune frühzeitig eng zusammenarbeiten, stehen die Chancen gut, einen neuen Mix für die einzelnen Etagen eines ehemaligen Warenhauses zu finden. Dies sei für Mittelstädte schwieriger als für Großstädte, heißt es bei der BBE Handelsberatung, die das Thema zusammen mit der "IPH Gruppe" bearbeitet hat. Was sich an einem Standort im Ruhrgebiet bewährt hat, wird sich kaum auf Schweinfurt oder Coburg übertragen lassen.

Als ideale Kombination gelten Ideen mit Einzelhandel und Gastronomie im Erdgeschoss, einem Fitnessstudio und einer Stadtbibliothek oder Büros in der zweiten Etage sowie altersgerechtem Wohnen im letzten Obergeschoss.

Bei Fachleuten gilt schon die dritte Etage einer solchen Immobilie als "problematisch", weil sich die Kundschaft bei ihren Shopping-Touren in der Regel auf das Erdgeschoss und die erste Etage konzentriert. Deshalb ist es oft hilfreich, in die oberen Etagen Wohn- oder Hotelräume zu planen.

Baurecht, Brand- und Lärmschutz sind größte Hürden

Hier gibt es allerdings oft erhebliche Hürden. Wer frühere Warenhäuser in Wohnraum umwandeln will, sieht sich oft mit schlechter Belichtung konfrontiert. Denn nur selten sind solche Häuser freistehend, mit einem großen Lichthof in der Mitte. Hinzukommt, dass eine energetische Sanierung schlicht zu teuer wäre. Viele der einstigen "Konsumtempel" sind längst in die Jahre gekommen, Bausubstanz, Technik und Konzepte sind häufig veraltet.

Im Baurecht, beim Brand- und Lärmschutz liegen daher die größten Hindernisse für eine erfolgreiche Nachnutzung. Hier sehen die Experten die jeweilige Kommune am Zug, die kein Interesse daran haben könne, dass große Standorte in bester Lage jahrelang leer stehen. Vielmehr sei deren Weiterentwicklung eine große Chance für die Belebung der Innenstädte. Von allen Warenhäusern von Galeria Karstadt Kaufhof, die bereits 2019/2020 auf der Schließungsliste standen, stehen derzeit aber noch weit mehr als 50 Prozent leer.

Investitionen rentieren sich oft erst nach Jahren

"Grundsätzlich dürfte, trotz hoher Investitionskosten, ausreichend Interesse an den geschlossenen Warenhäusern vorhanden sein", meint Lars Jähnichen, Geschäftsführer der IPH Gruppe. "Vor allem von ortsansässigen Family Offices oder internationalen Investoren." 'Family Offices' meinen in der Regel die Vermögensverwalter von Unternehmerfamilien, die nach lohnenden Investitionsmöglichkeiten suchen.

Am Ende muss sich die Nachnutzung am neuen Standort jedoch für alle rechnen: für den Eigentümer der Immobilie und die neuen Mieter. Manchmal sei es besser, eine Zwischennutzung mit einem Pop-up-Store oder einem kleinen Start-up zu vereinbaren, um die Übergangszeit zu überbrücken. Die Kosten für den Erhalt einer ehemaligen Handelsimmobilie mitten in München lägen pro Jahr im sechsstelligen Bereich. Manchmal kann es allerdings 15 Jahre dauern, bis ein altes Warenhaus sein zweites Leben beginnen darf.

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