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Handwerk in der Krise – Bäcker zeigen Auswege

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Handwerk in der Krise - Bäcker zeigen Auswege

Die Preise steigen, das Konsumklima ist schlecht. Das merken auch Bayerns Handwerker bei den Umsätzen, wie eine aktuelle Branchenumfrage zeigt. Es gibt aber auch innovative Wege aus der Krise, wie das Bäckerhandwerk zeigt.

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Die Bäckerei der Zukunft bietet mehr als das Kaufen von Brot und Semmeln vor Ort. Bereits zu Hause können die Kunden über eine App Nussschnecken oder Brezen mit dem Handy vorbestellen, bezahlen und sie dann in der Filiale vor Ort abholen - ohne anzustehen.

Praktisch sei dies auch am Wochenende, wenn die Kunden am Samstag vorbestellen und am Sonntag nur noch ihre vorbereitete Tüte bekommen, sagt Maximilian Mosig vom Ladenbauer AHA aus Gersthofen, der das Konzept auf der Backmesse iba präsentiert, die bis zum 26. Oktober in München-Riem stattfindet.

QR-Codes auf Semmeln - Brot wird digital

Eine andere Idee: Die Verkaufstheke, die mit einem Knopfdruck die Scheibe herunterfährt und somit ganz schnell auf Selbstbedienung umgestellt werden kann. Die verpackten Backwaren sind mit QR-Code ausgestattet, die Kunden können die Waren vor Ort scannen, bezahlen und mitnehmen, während die Mitarbeiter sich anderen Aufgaben widmen oder im Feierabend sind.

Im besten Fall definiere ein System automatisch, ab wann hinten in der Backstube nachproduziert werde, so Mosig. Das alles hilft, Abläufe zu optimieren und Kosten zu sparen, in der Produktion und beim Personal.

Klar ist: Nicht für jede Bäckerei dürfte so ein komplexes System in Frage kommen. Je größer der Betrieb, desto eher lohnt sich der Anschluss an ein Warenwirtschaftssystem mit automatisierter Nachbestellung.

Kosten sparen durch geschicktes Nutzen der Öfen

Die hohen Energiekosten trafen die energieintensiven Bäckereien besonders stark. Dabei ließen sich durch das geschickte Nutzen der Öfen die Kosten bis zu 25 Prozent reduzieren, meint Remco Bijkerk vom niederländischen Ofenhersteller AMF Bakery Systems. Der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks rechnet bei Öfen sogar mit einem Einsparpotenzial von bis zu 30 Prozent, bei Kühlgeräten seien sogar bis zu 40 Prozent möglich.

Man habe ein Programm für Bäcker entwickelt, das die Belegung der Öfen und die verwendeten Rezepte optimal aufeinander abstimme, so Remco Bijkerk. Viele Kunden seien verwundert gewesen, dass man damit so viel einsparen könne. Außerdem zeigt AMF auf der Messe einen Wasserstoffofen. Dieser sei zwar nicht günstiger, aber nachhaltiger, da er helfe, den Co2-Ausstoß zu reduzieren.

Handwerk rechnet mit schwachem Jahresabschluss

Dabei entwickelt sich die Lage im Lebensmittelhandwerk, zu dem auch die Bäckereien gehören, positiv - ebenso wie im KfZ-Gewerbe, wie aus aktuellen Zahlen des Bayerischen Handwerkstages hervorgeht. Insgesamt ist die Lage aber eher durchwachsen. Auch wenn ein Großteil der Betriebe seine Geschäftslage aktuell als gut oder befriedigend bezeichnet, rechnet Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl mit einem schwachen Jahresabschluss. Unter dem Strich könnte dann beim Umsatz ein Minus von zwei Prozent stehen.

Auch die Lage bei den Beschäftigten ist angespannt, hier ist die Zahl ein Prozent niedriger als vor einem Jahr. Sorgenkind ist das Bauhauptgewerbe. Hier ist das Auftragspolster im Vergleich zum Vorjahr um fast zwei Wochen zurückgegangen, ein Minus von 15 Prozent.

Roboter in der Backstube gegen den Fachkräftemangel

Großes Problem im Handwerk ist der Fachkräftemangel. Auch hier gibt es auf der iba Lösungsansätze. So zeigt die Firma Boyens Backservice einen Roboter, der beim Einfetten der Backformen hilft. In einem gläsernen Schaukasten wirbelt er umher und zeigt, wie er automatisch die Backformen ansteuert, auch wenn sie an einem beliebigen Punkt abgestellt werden. In manchen Backstuben müssten am Tag bis zu 1.000 Backformen eingefettet werden, erklärt Michael Jankowski von Boyens Backservice. Normalerweise würde man dies mit einer Handpistole machen. In Zukunft würden Roboter immer günstiger, kleiner und flexibler, zeigt sich Jankowski überzeugt.

Dabei übernehmen die Roboter die Aufgaben von Hilfsarbeitern und können natürlich keine Fachkräfte, wie Meister oder Gesellen, ersetzen, sondern allenfalls unterstützen und entlasten.

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Ein Roboterarm von Boyens Backservice hält eine Sprühflasche über eine Backform

Handwerk kritisiert hohe Personalkosten und Bürokratie

Großer Vorteil: Für Roboter fallen keine Personalkosten an. Apropos: Peteranderl kritisiert heftig, dass in diesem Jahr die Höhe der Sozialabgaben für Arbeitnehmer still und leise die kritische Marke von 40 Prozent überschritten habe. Für das Handwerk sei diese Entwicklung fatal: Die Arbeit in den Betrieben werde schließlich von den Beschäftigten erledigt und nicht von einer KI.

Außerdem fordert Peteranderl weniger Bürokratie. Hier seien Ausnahmeregelungen für kleine und mittlere Betriebe besonders wichtig. Gerade in der aktuellen schwierigen wirtschaftlichen Lage bräuchten die Betriebe dringend mehr Zeit in der Werkstatt und beim Kundendienst, anstatt Dokumentationen zu erstellen oder Berichtspflichten zu erfüllen.

Bayern statt Südamerika - Chia aus dem Freistaat

Auf der iba dreht sich vieles um das Optimieren von Arbeitsabläufen. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit kommt nicht zu kurz, auch wenn das in der Regel Mehrkosten bedeutet. So baut der Obsthof Knab aus dem Münchner Norden neuerdings Chia-Samen an. Als sogenanntes Superfood bekannt, komme Chia ursprünglich aus Südamerika und werde 12.000 Kilometer transportiert, bis es hier sei, sagt Geschäftsführer Thomas Knab - und das belaste die Umwelt. Besondere Herausforderungen beim Anbau seien das Unkraut und das Aufbereiten der kleinen Samen. 2020 habe man begonnen, dieses Jahr die erste größere Menge zu Verfügung und bereit für den Markteintritt.

Nachhaltigkeit in der Backstube: Ein immer größeres Thema

Auf der Messe gibt es auch einen Mehrwegbeutel für Brot und Backwaren, damit nach dem Einkauf keine Papiertüte im Müll landet. Damit die Bäcker nach dem Verkauf nicht immer einen Plastikhandschuh entsorgen müssen, zeigt eine Firma einen Bio-Baumwollhandschuh, den man waschen und wiederverwenden kann. Denn im Handwerk ist man sich bewusst, dass Kosten sparen und Abläufe optimieren nicht das Einzige ist - die Umwelt wird für die Kunden immer wichtiger.

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