Ein Mann misst seine Temperatur mit einem Fieberthermometer (Symbolbild)
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#Faktenfuchs: Lohnfortzahlung unabhängig von Covid-Impfung

Eine Corona-Impfung ist freiwillig. Aber was ist, wenn jemand ein Impfangebot ablehnt und an Covid-19 erkrankt? Auch dann wird der Lohn weitergezahlt, bestätigen Berufsverbände dem #Faktenfuchs. Juristisch ist die Frage nach dem Verschulden zentral.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es eine Selbstverständlichkeit: Wenn sie krank werden, bekommen sie weiterhin ihren Lohn. Bis zu sechs Wochen lang zahlt der Arbeitgeber das Einkommen in voller Höhe weiter. Das ist gesetzlich geregelt.

Aber darf ein Arbeitgeber die Lohnfortzahlung bei einer Covid-19-Erkrankung verweigern, wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer vorher das Angebot einer Corona-Impfung ausgeschlagen hat? "Nein, da es keine Pflicht zur Impfung gibt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch nicht 'bestrafen', wenn er sich nicht impfen lässt", antwortet ein Sprecher der DGB Rechtsschutz GmbH, die den verbandlichen Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder im Arbeitsrecht erbringt.

Arbeitgeber darf nur in Ausnahmen nach Impfung fragen

Wie BR24 bereits in einem früheren Artikel dargelegt hat, darf der Arbeitgeber in der Regel nicht einmal Auskunft darüber verlangen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter gegen Covid-19 geimpft ist. Eine Ausnahme gibt es nach dem Infektionsschutzgesetz (Paragraph 23a) für Beschäftigte von Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen wie Arztpraxen, ambulanten Pflegediensten oder Rettungsdiensten. Diese müssen Auskunft über ihren Covid-Impfstatus geben. Wie das Bundesarbeitsministerium und das Bundesgesundheitsministerium in einer gemeinsamen Stellungnahme erklären, erfolgt dies, "um für die konkrete Tätigkeit zu klären, ob der über eine Schutzimpfung oder natürlich erlangte Immunschutz ausreicht, eine Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten zu verhindern." Die Arbeitgeber müssen Sorge dafür tragen, dass die Übertragung möglichst verhindert wird.

Covid-Impfung ist freiwillig

Auch wenn der Arbeitgeber bei medizinischem und Pflege-Personal eine Auskunft über den Corona-Impfstatus verlangen kann: Eine Impfung kann er nicht anordnen. Die Covid-19-Impfung ist freiwillig.

"Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz gilt bei einer Corona-Erkrankung uneingeschränkt auch für nicht geimpfte Mitarbeitende", teilt der Deutsche Bundesverband für Pflegeberufe, DBfK Südost, dem BR24 #Faktenfuchs mit. Von Problemen mit der Lohnfortzahlung, wenn jemand nach abgelehnter Impfung an Covid-19 erkrankt ist, sei dem Verband nichts bekannt – weder von Arbeitgeberseite noch von Arbeitnehmerseite.

"Man kann auch trotz Impfung an Covid-19 erkranken", sagt Isabell Halletz, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Pflege. "Auch dann ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtend." Möglich wäre aber der Fall, dass medizinisches Personal beziehungsweise Pflegekräfte, die in direktem Kontakt mit Patienten stehen, eine Covid-19-Impfung verweigern und zugleich auch noch eine angebotene Alternativtätigkeit ablehnen. Dann könne der Arbeitgeber die Mitarbeitende bzw. den Mitarbeitenden unbezahlt freistellen, aber nicht kündigen. Wenn der Arbeitgeber keinen alternativen Arbeitsplatz findet und der Mitarbeitende weiterhin eine Impfung ablehnt, könne er seinen Arbeitsplatz verlieren. Dies gelte nicht nur jetzt in der Corona-Pandemie und mit der Covid-Impfung, sondern zum Beispiel auch bei Grippeausbrüchen. Auch bei der Grippe gibt es eine Impfung, die nicht verpflichtend ist.

Frage nach dem persönlichen Verschulden

Im Gesetz für die Entgeltfortzahlung steht – bezogen auf einen erkrankten Arbeitnehmer - die Klausel: "ohne dass ihn ein Verschulden trifft". Auch wenn die befragten Verbände sich einig sind, dass bei einer Covid-19-Erkrankung der Lohn weiterhin zu zahlen ist, könnte aus dieser Klausel nicht trotzdem der Grund für eine Zahlungsverweigerung abgeleitet werden? Kann es als Verschulden angesehen werden, wenn man eine Impfung ausschlägt und dann an Covid-19 erkrankt?

"Ja, das ist die große Frage", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Wie vieles im Zusammenhang mit Covid-19 sei das noch nicht abschließend geklärt. "Das Verschulden bei der Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass jemand leichtfertig gegen sich selbst handelt, also sehr fahrlässig handelt oder nahezu vorsätzlich bereit ist, sich selbst zu schädigen", erklärt die Anwältin. Ihrer Ansicht nach ist eine solche Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit der Ablehnung einer Covid-Impfung nicht zu begründen. Denn: "Zum jetzigen Stand, wo sicherlich die Impfstoffe getestet und zugelassen sind, aber möglicherweise der eine oder andere noch berechtigt skeptisch ist, glaube ich, wird man eine Verweigerung der Impfung nicht als so leichtfertig ansehen können, dass man sagt: Es gibt keine Entgeltfortzahlung." Also ein Plädoyer für die Lohnfortzahlung auch bei Nicht-Impfung. Zumal – so die Fachanwältin – es noch keine uneingeschränkte Möglichkeit gibt, sich impfen zu lassen und keine Impfpflicht besteht.

Etwas anderes wäre es nach Ansicht von Nathalie Oberthür, wenn sich jemand ungeimpft und ohne Schutzmaßnahmen zu einem nachweislich Erkrankten in die Quarantäne setzen und sich bewusst einem Infektionsrisiko aussetzen würde. Dann wäre eine Leichtfertigkeit möglicherweise zu rechtfertigen.

Fazit

Auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Corona-Impfung abgelehnt haben und an Covid-19 erkranken, haben Anspruch auf die Lohnfortzahlung. Das sagen sowohl Vertreter von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern. Als Grund führen sie an, dass die Covid-Impfung in Deutschland freiwillig ist und dass man auch trotz Impfung an Covid-19 erkranken kann. Im Gesundheitsbereich kann der Arbeitgeber nach dem Infektionsschutzgesetz Auskunft darüber verlangen, ob Mitarbeitende gegen Corona geimpft sind. Wenn Arbeitnehmer in der Pandemie im Patientenkontakt arbeiten, eine Corona-Impfung ablehnen und der Arbeitgeber keine Alternativtätigkeit für sie findet, kann es nach Auskunft des Arbeitgeberverbandes Pflege bis zur Kündigung kommen.

Die Frage, ob ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Verschulden vorhalten kann, wenn dieser eine Impfung abgelehnt hat und dann an Covid-19 erkrankt, ist nach Ansicht einer Fachanwältin noch nicht abschließend geklärt. Aber nach derzeitiger Lage könne ihrer Ansicht nach aus dem Nicht-Impfen kein Verschulden abgeleitet werden, das eine Verweigerung der Lohnfortzahlung begründen würde.

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