Im Fall des Immobilienskandals um die German Property Group hat es erste Durchsuchungen gegeben.
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Im Fall des Immobilienskandals um die German Property Group hat es erste Durchsuchungen gegeben.

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Erste Durchsuchungen im Fall "German Property Group"

Denkmalgeschütze Gebäude verfallen, Sanierungszusagen platzen – in Bamberg, Augsburg und weiteren Kommunen. Die Gebäude gehören einem inzwischen insolventen Immobilienentwickler aus Norddeutschland. Gegen ihn wird wegen Betrug ermittelt.

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Im mutmaßlichen Betrugsskandal rund um das Immobilienunternehmen German Property Group, ehemals Dolphin Trust, sind nun nach Recherchen von NDR, BR und SZ erstmals bundesweit sechs Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden.

Mehr als ein Jahr nachdem die erste Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft einging, nahmen sich Ermittler das Privathaus des Hauptbeschuldigten und ehemaligen Geschäftsführers, Charles Smethurst, in Niedersachsen vor. In Hannover und Langenhagen wurden nach Auskunft der Staatsanwaltschaft am gleichen Tag drei Büroräume durchsucht "die der Red Rock Gruppe zuzuordnen" sind.

Computer, Handys, Akten beschlagnahmt

Dahinter verbergen sich offenbar mehrere Firmen, die ursprünglich aus dem Umfeld von Charles Smethurst stammen. Polizei und Staatsanwaltschaft beschlagnahmten unter anderem drei Firmenserver und Clouddaten. Außerdem wurden Smartphones und Akten in 25 Umzugskartons sichergestellt.

Auch in Sachsen schlugen die Ermittler zu. Im Raum Dresden wurden die Büroräume und Privaträume eines Geschäftsführers durchsucht. Was hier genau beschlagnahmt wurde, ist bislang nicht bekannt. Smethursts Medienanwalt, Ben Irle, bestätigt die Hausdurchsuchung. Es sei dabei um die "bekannten gegenüber unserem Mandanten erhoben Vorwürfe" gegangen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Charles Smethurst wegen des Verdachts auf Anlagebetrug und Insolvenzverschleppung. Die Red Rock-Firmen waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

BaFin schreitet ein

Am Freitag war bekannt geworden, dass auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (BaFin) gegen eine Firma aus dem Umfeld von Charles Smethurst vorgegangen war. Einem früheren Red Rock-Unternehmen wurde ein unerlaubtes Einlagengeschäft untersagt. Dabei geht es offenbar um ein ähnliches Geschäftsmodell, wie es von der German Property Group und ihrem Vorläufer Dolphin Trust über Jahre betrieben worden war, ohne dass die BaFin sich dafür zuständig gesehen hatte.

Smethursts Anwalt Irle bestreitet allerdings, dass sein Mandant das Geschäftsmodell der German Property Group mit anderen Firmen "fortgeführt hat".

Internationale Gelder für deutsche Denkmäler

Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit einem der womöglich größten Anlegerskandale Deutschlands. Charles Smethurst und Mitarbeiter sammelten unter dem Namen Dolphin Capital, Dolphin Trust und German Property Group über Jahre weltweit Geld bei Kleinanlegern ein. Mitte vergangenen Jahres hat die Firma Insolvenz angemeldet.

Dabei klang das Geschäftsmodell verlockend: Mit dem Geld der Anleger sollten denkmalgeschützte Immobilien entwickelt und teuer verkauft werden. Und tatsächlich kaufte die GPG auch deutschlandweit Immobilien. Die versprochene Sanierung blieb aber in vielen Fällen aus. In Bayern sind so denkmalgeschützte Gebäude in Augsburg, Bamberg Bad Aibling oder Reichertshofen bei Ingolstadt dem Verfall überlassen.

Wo sind die Gelder der Anleger?

Den 15.000 bis 25.000 Investoren, die nahezu ausnahmslos aus dem Ausland kamen, wurden innerhalb von bis zu fünf Jahren Renditen bis zu 15 Prozent pro Jahr versprochen. Vorwiegend Kleinanleger investierten 1 bis 1,5 Mrd. Euro. Recherchen von NDR, BR und SZ zeigen, dass ein Großteil ihres Geldes verschwunden ist: Finanzvermittler kassierten teilweise Provisionen in Höhe von 20 Prozent und mehr.

Interne Unterlagen legen nahe, dass Anlegergeld in Millionenhöhe in die Modegeschäfte von Charles Smethursts Frau, Manuela Lenz, geflossen sind. In er Vergangenheit wollte sich das Ehepaar nicht zu diesen Geldflüssen äußern.

Die Rolle der Behörden

Laut Dokumenten, die NDR, BR und SZ einsehen konnten, befand sich die German Property Group wohl schon länger in einer finanziellen Schieflage. Doch die GPG konnte jahrelang weiter Geschäfte machen. Das hängt möglicherweise auch mit den deutschen Behörden zusammen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sah sich offenbar in der Vergangenheit nicht zuständig.

Mehr als 700 Jahresabschlüsse von GPG-Gesellschaften wurden nicht veröffentlicht, das zuständige Bundesamt für Justiz mahnte diese Versäumnisse zwar an und verhängte Ordnungsgelder, darüber hinaus habe die Behörde allerdings keine weitere Handhabe, teilte sie im vergangenen Jahr auf Nachfrage mit.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Im vergangenen November hatte die Staatsanwaltschaft Hannover nach Recherchen von NDR, BR und SZ im Rahmen seiner Ermittlungen noch keine Beweissicherung vorgenommen. Mittlerweile hat sich die Behörde digitale Kopien von Firmenunterlagen gesichert. In der vergangenen Woche folgten dann die Durchsuchungen. Ein Haftbefehl gegen den Hauptbeschuldigten wurde laut Staatsanwaltschaft bisher nicht erlassen, da keine Haftgründe vorlägen und er sich kooperativ zeige.

Beschuldigter räumt Fehler ein

Charles Smethurst hat sich bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft Hannover eingelassen. Er gibt dabei zu, dass er noch Investorengelder von britischen Investoren eingeworben habe, als diese nicht mehr durch den Wert der Immobilien abgesichert werden konnten. Kapital von Investoren in Höhe von rund 800 Millionen Euro wäre Ende 2018/Anfang 2019 durch einen Immobilienwert von nur 700 Millionen Euro abgesichert gewesen. "Dennoch wurde in 2019 circa 100 Millionen Euro eingesammelt, was in Anbetracht der Kenntnis der wirtschaftlichen Situation Ende 2018 ein großer Fehler war".

Aus heutiger Sicht bedauere er „diese Situation zutiefst und übernimmt dafür die Verantwortung,“ sagte Smethurst gegenüber der Staatsanwaltschaft. Die wartet derzeit auf die Beantwortung von Rückfragen. Aufgrund der sichergestellten Datenmengen "dauern die Ermittlungen wohl noch eine Weile an," so die Staatsanwaltschaft.

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