ARCHIV - 24.05.2023, Sachsen, Zwickau: Ein Modell der neuen Generation des ID.3 wird im Werk von Volkswagen in Zwickau montiert. VW hat die Spitzenposition bei reinen Elektroautos in Deutschland von Tesla zurückerobert. (zu dpa «Erstzulassungen von Elektroautos in Deutschland: VW überholt Tesla») Foto: Hendrik Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Produktion von E-Autos

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Autogipfel im Kanzleramt: Geht die E-Auto-Förderung weiter?

Die Haushaltskrise überschattet den Autogipfel im Kanzleramt. Doch das Signal der Bundesregierung ist deutlich: Der Ausbau der Elektromobilität wird vorangetrieben – mit Unterstützung der Autoindustrie. Was heißt das für die Förderprogramme?

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Die Bundesregierung sowie die Vertreter der Autohersteller und Zulieferer halten am Ausbauziel fest: 15 Millionen reine E-Autos sollen künftig auf unseren Straßen fahren. Nur: Bis wann? Das ist die Frage, die unterschiedlich beantwortet wird. Während die Ampel-Koalition an ihrem gesteckten Ziel "bis zum Jahr 2030" festhält, glauben viele in der Autoindustrie, dass es länger dauern wird, bis das Ziel erreicht ist.

Autoexperte: Förderung der E-Mobilität geht weiter

In jedem Fall handele es sich um eine Herkulesaufgabe, sagt Autoexperte Stefan Bratzel im BR24-Interview. Der Wissenschaftler war beim Spitzentreffen im Kanzleramt mit dabei und berichtet: Die Förderung der E-Mobilität soll weitergehen – trotz der aktuellen Haushaltskrise.

Das Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 hat sich die Koalition schon vor zwei Jahren in den Koalitionsvertrag geschrieben. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach zuletzt von einem deutlichen Hochlauf der Elektromobilität. Auch der Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur komme gut voran.

E-Autos: Zulassungszahlen steigen

Noch sind die gesetzten Ziele in weiter Ferne. Allerdings: Es bewegt sich etwas. Die Zulassungszahlen steigen. Waren Anfang 2021 lediglich rund 310.000 reine E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs, ist diese Zahl inzwischen auf etwa 1,3 Millionen angestiegen. Die Zahl der Ladepunkte kletterte im gleichen Zeitraum von knapp 43.500 auf mehr als 100.000.

Kritiker: Entwicklung geht zu langsam

Kritiker sagen, die Entwicklung gehe immer noch zu langsam. Und in der Tat: Mit diesem Tempo sind die Ausbauziele bis 2030 nicht zu schaffen. Wie es schneller gehen kann, wurde über Stunden im Kanzleramt diskutiert. Bundesverkehrsminister Volker Wissing nimmt die Autoindustrie in die Pflicht, die "neben der Auslieferung von E-Fahrzeugen auch einen Beitrag zum vorausschauenden Ausbau der Ladeinfrastruktur" leisten müsse, sagte der FDP-Politiker schon vor dem Treffen.

Forderung: Autoindustrie soll kleinere, bezahlbare E-Autos bauen

Ähnlich sieht das der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar. Er geht noch einen Schritt weiter und fordert die Autobauer auf, andere Fahrzeuge auf den Markt zu bringen: "Und zwar die Fahrzeuge, die für die Mehrheit der Bevölkerung wichtig sind – und das sind nicht SUVs", so Gelbhaar. Es brauche mehr kostengünstigere Kleinwagen mit Elektroantrieb. Aktuell produziere die Industrie eher am Markt vorbei. "Einen echten Hochlauf bekommen wir nur dann hin, wenn die Fahrzeuge auch passen."

Unterstützung bekommt der Grünen-Politiker von einem breiten Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden sowie der evangelischen Kirche. Sie alle fordern eine Neuausrichtung der deutschen Autoindustrie hin zu kleineren bezahlbaren Fahrzeugmodellen mit Elektroantrieb. Diesen Punkt hätten viele beim Spitzentreffen im Kanzleramt angesprochen, sagt Autoexperte Stefan Bratzel. "Die Gutverdiener haben zu großen Teilen schon ein Elektroauto. Wir müssen jetzt auch die Personen mit kleinerem Geldbeutel erreichen", mahnt er.

Staatliche Förderung soll anders werden

Aus verschiedenen Richtungen werden auch die Rufe nach einer anderen Subventionspolitik laut. "Im aktuellen Steuersystem gibt es immer noch viel zu viele Fehlanreize", sagt Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar. Wer ein großes, schweres und teures Auto kaufe, profitiere finanziell mehr als der Käufer eines kleinen oder mittelgroßen Wagens. Auch über die Kfz-Zulassungssteuer könnten E-Autos zulasten von Verbrennern gefördert werden. Gelbhaar kann sich auch steuerliche Vorteile für Carsharing-Systeme vorstellen und damit für diejenigen, die sich ein Auto teilen wollen.

Umweltverbände: Weg mit den klimaschädlichen Subventionen

Wegen der aktuellen Haushaltskrise müssten alle bisherigen Förderungen und insbesondere klimaschädliche Subventionen wie der Steuervorteil für Diesel auf den Prüfstand; dadurch frei werdende Mittel sollten in die Förderung der Elektromobilität fließen: Das verlangen Umwelt- und Klimaschutzverbände. Die Umweltorganisation BUND schlägt die Einführung eines Bonus-Malus-Systems vor. Beim Kauf von PS-starken Verbrennern würde eine Zusatzsteuer erhoben, um mit diesen Einnahmen zum Beispiel Kaufprämien für klimafreundliche Fahrzeuge zu finanzieren. "Solche Maßnahmen hätten zudem soziale Komponenten, da aktuell vor allem Besserverdienende von den Regelungen profitieren", sagt BUND-Autoexperte Jens Hilgenberg.

Autoindustrie: verschiedene Faktoren bremsen E-Ausbau

Die Autoindustrie warnt vor einem Scheitern der E-Auto-Ziele der Bundesregierung. Dass der Hochlauf der Elektromobilität nur langsam vorankomme, liege an schlechten Rahmenbedingungen wie den hohen Strompreisen, ausgelaufenen Kaufanreizen und fehlenden Ladesäulen, erklärt Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume. Auch für Autoexperte Stefan Bratzel ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur ein Schlüssel für den Erfolg der Elektromobilität. "Man muss die Sicherheit haben, dass man sein Elektroauto auch laden kann – wo immer man ist." Opel-Chef Florian Huettl mahnt neben mehr Ladesäulen auch günstigen Strom an den Ladepunkten an.

Zwar sind aus dem Kanzleramt keine konkreten neuen Maßnahmen bekannt geworden, um den Ausbau der Elektromobilität zu beschleunigen, aber das Signal der Regierung sei eindeutig: "Es gibt viel zu tun und die Elektromobilität soll weiter vorangetrieben werden", bilanziert Autoexperte Bratzel.

Video: Scholz berät mit Autoindustrie

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