Ein Mitarbeiter eines Einzelhandelsgeschäfts nimmt einen 5-Euro-Schein aus einer Einkaufskasse.
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Die Kaufkraft des Geldes sinkt durch die Inflation. Lohnerhöhungen, die das ausgleichen, führen wiederum zu höheren Preisen - eine Spirale.

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Anhaltende Inflation und höhere Löhne: Droht Lohn-Preis-Spirale?

Die Inflation bleibt hoch und belastet viele Bürger. Die EZB steuert mit Zinserhöhungen dagegen und die Gewerkschaften erkämpfen hohe Lohnsteigerungen. Droht uns jetzt eine Lohn-Preis-Spirale? Was ist das überhaupt und wie kann man sie bekämpfen?

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Es ist ein klassischer Teufelskreis: Wenn die Inflation hoch ist, also die Preise für Waren und Dienstleistungen auf breiter Front und für längere Zeit steigen, können die Bürgerinnen und Bürger für ihren Lohn weniger kaufen. Der sogenannte Reallohn sinkt. Das ruft die Gewerkschaften auf den Plan: Sie versuchen, höhere Löhne auszuhandeln, damit die Inflation ausgeglichen wird und der Reallohn wieder steigt. Diese höheren Löhne wiederum verursachen bei den Unternehmen höhere Kosten, die sie entweder durch Einsparungen oder eben höhere Preise ausgleichen. Wenn sie die gestiegenen Kosten auf ihre Preise aufschlagen beginnt das Spiel von vorne.

Löhne und Preise treiben sich also gegenseitig immer weiter in die Höhe – die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale beginnt. Da in der Regel eine steigende Inflation der Auslöser ist, sprechen Gewerkschaften übrigens lieber von einer Preis-Lohn-Spirale, um klar zu machen, dass ihre Lohnforderungen nicht der Auslöser dieses Problems sind. In der Ökonomie hat sich allerdings der Begriff Lohn-Preis-Spirale schon lange etabliert. Unabhängig davon: Steckt man mal in diesem Teufelskreis drin, ist es sehr schwer, wieder herauszukommen.

Was hilft gegen eine Lohn-Preis-Spirale?

Der Ausweg aus einer Lohn-Preis-Spirale ist schwierig und vor allem meist schmerzhaft. Denn es hilft oft nichts anderes als ein harter Schnitt. Dafür sind die Notenbanken zuständig, die für die Preisstabilität verantwortlich sind. Sie müssen mit starken Zinserhöhungen gegensteuern.

In der Theorie sollen die hohen Zinsen die Wirtschaftsaktivitäten dämpfen: Kredite werden teurer, Unternehmen können weniger expandieren, Verbraucher weniger konsumieren. Die Konjunktur wird abgewürgt, die Preise fallen wieder. Das Problem dabei ist: Zinserhöhungen brauchen lange um diese Wirkung zu entfalten, das kann bis zu einem Jahr dauern. Bis dahin kann sich die wirtschaftliche Lage aber schon wieder völlig verändert haben. Deshalb ist Augenmaß bei der Zinspolitik so wichtig.

Die Rolle des Staates

Auch der Staat kann helfen, die Inflation abzufedern. Zum Beispiel durch direkte Zuschüsse an die Bürger oder indem er den Unternehmen die Möglichkeit gibt, ihren Mitarbeitern steuerfreie Zuschüsse zu zahlen - so wie es die Bundesregierung getan hat. Viele Unternehmen machen davon auch Gebrauch und diese Zuschüsse wurden auch in vielen Tarifabschlüssen integriert als sogenannte Einmalzahlungen.

Doch die sind ein zweischneidiges Schwert. Sie entlasten die Unternehmen, da solche Einmalzahlungen die Lohnkosten nicht auf Dauer steigen lassen. Für die Arbeitnehmer aber ist das dagegen nur eine kurzfristige Erleichterung, denn die Preise bleiben ja hoch, die Einmalzahlung erhöht ihr Einkommen aber nicht dauerhaft.

Sind wir schon in der Lohn-Preis-Spirale?

Die Tarifforderungen der Gewerkschaften in diesem Jahr erscheinen auf den ersten Blick sehr hoch. Auch die Tarifabschlüsse, die bereits vereinbart sind, wie die im öffentlichen Dienst, sehen ungewöhnlich hohe Lohnsteigerungen vor. Hat also der Teufelskreis schon begonnen? Die meisten Ökonomen sagen: "Nein". Kaum ein Abschluss liegt über der aktuellen Inflationsrate, oftmals sind Einmalzahlungen vorgesehen und gestaffelte Tariferhöhungen je nach Einkommen.

Die Belastungen durch die Inflation werden also nicht nur an die Unternehmen weitergegeben, einen Teil davon tragen auch die Arbeitnehmer. Das ist der Unterschied zu den 1970er Jahren: Damals hatte die Gewerkschaft ÖTV für den Öffentlichen Dienst eine Lohnerhöhung von elf Prozent durchgesetzt, die Inflation lag aber nur bei knapp sieben Prozent.

"Gierflation" oder Profit-Preis-Spirale?

Seit einiger Zeit kursiert ein relativ neuer Begriff: Der der Gierflation oder etwas sachlicher ausgedrückt: der Profit-Preis-Spirale. Einige Ökonomen und Verbraucherschützer äußerten den Verdacht, dass Unternehmen mit ungerechtfertigt hohen Preiserhöhungen die Inflation weiter antreiben. Auslöser dafür sind zum Teil hohe Gewinnsteigerungen bei einigen Unternehmen.

Um das zu belegen, müsste man tief in die Bilanzanalyse der jeweiligen Unternehmen eintauchen. Das ist nicht immer möglich, weil nicht alle Firmen ihre Bilanzen veröffentlichen. Da, wo es möglich ist, hat das Handelsblatt festgestellt, dass eine breite "Gierflation" nicht erkennbar ist. Die meisten DAX-Konzerne konnten ihre sogenannte Handelsmarge nicht erhöhen. Das heißt, die Gewinne sind nicht aufgrund höherer Preise gestiegen, sondern weil die Unternehmen ihr Geschäft erweitert haben.

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