25.05.2023, Bayern, Aubstadt: Die Zuschauertribüne des TSV Aubstadt. Wegen Schwarzgeld-Vorwürfen sind Ermittler am Donnerstagmorgen mit einer Razzia gegen einen bayerischen Fußball-Regionalligisten vorgegangen. Bei dem Verein sollen alleine 2022 Sozialversicherungsbeiträge im sechsstelligen Bereich veruntreut worden sein, teilten das Hauptzollamt Schweinfurt und die Staatsanwaltschaft Würzburg mit. 270 Einsatzkräfte durchsuchten laut den Behörden Räume vor Ort und an anderen Orten im Bundesgebiet. Foto: Pia Bayer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Razzia beim TSV Aubstadt

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Razzia beim TSV Aubstadt: Ermittlung wegen Schwarzgeldzahlungen

Beim Vereinsheim des TSV Aubstadt gab es heute Morgen eine Razzia durch den Zoll. Bei den Ermittlungen geht es um finanzielle Ungereimtheiten, so die Behörde. Laut BR-internen Informationen habe ein Bauunternehmen Schwarzgeld an die Spieler gezahlt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat heute in Aubstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt. Mehrere Beamte des Zolldienstes durchsuchten über mehrere Stunden die Räumlichkeiten des dortigen Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt. Auch vor Privathäusern von Vorstandsmitgliedern des Vereins standen Autos des Zolldienstes. Die Pressestelle des Hauptzollamtes Schweinfurt bestätigte auf Anfrage von BR24, dass Spieler und Trainer des Vereins befragt würden.

Ermittlungen wegen Schwarzgeld

Hintergrund der groß angelegten Razzia ist laut Staatsanwaltschaft Würzburg der Verdacht auf Schwarzlohnzahlungen im Fußball. Gegen einen Verantwortlichen des Vereins führe die Staatsanwaltschaft daher ein Ermittlungsverfahren. In diesem Rahmen seien umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen durch Zollbeamte vollzogen worden. Mehrere Vereinsmitglieder wurden außerdem hinsichtlich ihres Beschäftigungsverhältnisses befragt, so die Pressestelle

Das Hauptzollamt Schweinfurt teilte dem BR zudem mit, dass heute in Bayern weitere Maßnahmen und Einsätze des Zolldienstes mit insgesamt 270 Einsatzkräften stattfinden.

Zusätzliche Zahlungen zu "Minijobs" für Trainer und Spieler?

Das Trainerteam und die beim TSV beschäftigten Spieler seien im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, sogenannten "Minijobs", als Vertragsamateure zur Sozialversicherung gemeldet. "Uns liegen jedoch Erkenntnisse vor, dass darüber hinaus auch Zahlungen geleistet wurden, für die weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden", so Tobias Knahn, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Würzburg. Als sogenanntes "Schwarzgeld" wären die Gelder neben der offiziellen Entlohnung an die Spieler ausgezahlt worden. Es besteht demnach der Verdacht des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.

Laut BR-internen Informationen habe ein Bauunternehmen die Gelder an Spieler und Trainer ausgezahlt. Von offizieller Stelle wurde dies bislang aber nicht bestätigt.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand liegt der entstandene Schaden der vorenthaltenen und veruntreuten Sozialversicherungsbeiträge alleine für das Kalenderjahr 2022 im sechsstelligen Bereich. Der TSV Aubstadt konnte bislang zu den Vorwürfen nicht erreicht werden.

Digitale Forensiker werten mobile Daten aus

Bei den Durchsuchungsmaßnahmen, die seit dem heutigen Morgen durch den Zoll durchgeführt werden, wurde zahlreiches Beweismaterial sichergestellt, so Knahn. Darunter auch mobile Endgeräte, die nun durch Spezialisten für digitale Forensik des Hauptzollamtes Schweinfurt ausgewertet werden. Um die andauernden Ermittlungen nicht zu beeinträchtigen, können im Augenblick keine weiteren Angaben zum Sachverhalt gemacht werden, so das Hauptzollamt Schweinfurt. Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung, betont die Behörde.

Unterlagen beim BFV angefordert

Im Zuge der Ermittlungen ist der Zoll auch in der Münchner Zentrale des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) vorstellig geworden. Laut Pressestelle wurden dort Unterlagen zum TSV Aubstadt angefordert. In den Spielerprofilen sind dort unter anderem die bestehenden Amateurverträge hinterlegt. Man kooperiere selbstverständlichen mit den Behörden und habe dem Zoll die geforderten Unterlagen übergeben, heißt es vom BFV. Der Verband wies zudem ausdrücklich darauf hin, dass er im Ermittlungsverfahren selbst weder Beschuldigter noch sonst Beteiligter ist.

Milliardenspiel Amateurfußball

Im vergangenen Jahr zeigte die bislang größte Befragung zu Finanzstrukturen im deutschen Amateurfußball erstmals das riesige Ausmaß einer Schwarzgeld-Kultur hinab bis in die Kreisligen. Hochrechnungen auf Grundlage einer Befragung der ARD-Doku "Milliardenspiel Amateurfußball" unter mehr als 10.000 Fußballerinnen und Fußballern ließen den Schluss zu, dass unterhalb der Profiligen Jahr für Jahr mehr als eine Milliarde Euro gezahlt wird – die Hälfte davon mutmaßlich an der Steuer vorbei.

Die Online-Befragung hat die ARD mit Unterstützung des gemeinnützigen Recherchezentrums "Correctiv" durchgeführt. Tageszeitungen, Fachzeitschriften und Fußballportale halfen, die Umfrage zu verbreiten.

TSV Aubstadt – "Die Macht im Grabfeld"

Der TSV Aubstadt, unter Fans bekannt als "Die Macht im Grabfeld", spielt aktuell in der Regionalliga Bayern. In der Saison 2018/19 war der Fußballverein aus der fünftklassigen Bayernliga Nord aufgestiegen. Aktuell belegt der TSV dort den 12. Tabellenplatz. Was die Razzia nun für den Fußballverein bedeutet, ist bislang noch unklar.

Zollbeamte durchsuchen die Räumlichkeiten von Fußball-Regionallist TSV Aubstadt
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Zollbeamte durchsuchen die Räumlichkeiten von Fußball-Regionallist TSV Aubstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld).

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