Heizungsbauer Albert Kohl aus Bobingen
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Heizungsbauer Albert Kohl aus Bobingen

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Streit um Wärmepumpen: Heizungsbauer spricht Klartext

Ist Habecks Heizungsgesetz gut oder schlecht? Sind Wärmepumpen wirklich die beste Wahl? Und was sollten Hausbesitzer derzeit tun? Ein schwäbischer Heizungsbauer spricht Klartext. Und hat eine klare Forderung an die Politik.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Geht es nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), müssen ab nächstem Jahr alle neuen Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien laufen - eine Herausforderung für Handwerker und Hausbesitzer. BR24 hat deshalb mit dem Heizungsbauer Albert Kohl gesprochen, der im schwäbischen Bobingen einen Betrieb für Haustechnik mit rund 50 Mitarbeitern führt. Zu seinen Fachgebieten gehört der Heizungsbau.

Herr Kohl, ist Habecks Vorstoß im Grundsatz gut oder schlecht?

Der Gedanke dahinter ist wirklich gut. Problematisch ist die zeitliche Umsetzung, weil weder die Handwerksbetriebe noch die Industrie in der Lage sind, das in dieser kurzen Zeit umzusetzen. Anders gesagt: Was die Vorgängerregierungen verschlafen haben, will die Ampel zu schnell. Die Folge sind schon jetzt eine Materialverknappung und eine Preisexplosion wegen der immensen Nachfrage.

Was heißt das in Zahlen?

Bei Standard-Modellen müssen Sie für eine Gasheizung mit rund 15.000 Euro rechnen, bei Wärmepumpen sind die Preise auf rund 30.000 Euro hochgeschossen. Unser Rat an Kunden ist derzeit: Abwarten, was die Politik letztlich entscheidet und dass sich der Markt beruhigt. In zwei, drei Jahren sollte auch eine Wärmepumpe wieder deutlich billiger sein und vielleicht bei rund 18.000 Euro liegen.

Haben Ihre Kunden diese Gelassenheit?

Wir haben schon bis März so viele neue Gas- und Ölheizungen verkauft wie im ganzen Jahr davor. Die Leute sind in Panik. Zum Teil kann es aber auch vernünftig sein, eine sehr alte Gasheizung durch ein effizientes neues Modell zu ersetzen, wenn sich das Gebäude einfach nicht für eine Wärmepumpe eignet.

Und für welche Gebäude eignen sich Wärmpumpen?

Damit die Effizienz einer Wärmepumpe zum Tragen kommt, sollte die Vorlauftemperatur - also die benötigte Temperatur nach der Heizungspumpe - möglichst niedrig sein. Das klappt ideal bei guter Dämmung und großen Heizflächen. Also beim Neubau mit Fußbodenheizung. Aber auch ein Altbau kann mit einer Wärmepumpe gut funktionieren, wenn die Heizkörper groß dimensioniert sind. Dann dauert es vielleicht zehn Minuten länger, bis das Haus warm ist. Und zur Wahrheit gehört auch: Ein schlecht gedämmtes Haus ist bei jeder Heizung ineffizient. Der Knackpunkt liegt eher woanders.

Und wo liegt der Knackpunkt?

Beim Reihenhaus in der Innenstadt ist die Frage: Wo baue ich die Pumpe hin. Selbst wenn eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in den Keller passt, muss draußen noch die Wärmequelle installiert werden, die aussehen kann wie so eine Art Ventilator-Kasten. In 30 Prozent unserer Aufträge ist eine Wärmepumpe wegen Abstandsflächen zum Nachbarn oder wegen des Schallschutzes nicht möglich.

Was sind dann die Alternativen, die auch das 65-Prozent-Ziel erfüllen?

Theoretisch geht vieles. In der Praxis sehe ich aber nur folgende Möglichkeiten: Eine Erdwärmepumpe oder Wasser-Wasser-Wärmepumpe. Aber die sind teuer. Dann Pellets-Heizungen. Oder eine Hybrid-Lösung, bei der zum Beispiel eine Gasheizung mit einer Wärmepumpe kombiniert wird. Das kann sogar sehr sinnvoll sein. Stichwort Brauchwasser mit hohen Temperaturen. Das fordert eine Wärmepumpe, ist aber für eine Gasheizung kein Problem. Letztlich müssen wir aber den Preis der Wärmepumpe runterbekommen. Denn technisch ist das keine Raketenwissenschaft. In anderen Ländern ist sie schon ein Massenprodukt.

Können Sie nicht einfach auch die Produkte asiatischer Anbieter einbauen?

Jein. Ich sehe zwei Probleme: Zum einen das Thema Schallschutz, der bei uns enge Grenzen setzt. Und dann die Temperaturschwankungen in unseren Breiten. Aber Wettbewerb von außen würde nicht schaden, um Bewegung reinzubringen. Was zum Beispiel Samsung baut, ist ja kein schlechtes Produkt, im Gegenteil. Deren Wärmepumpen sind technisch ausgereift. Die Schwierigkeit für diese Anbieter ist eher, das Netz an Handwerkern in Deutschland zu bekommen, die die Wärmepumpen einbauen und auch warten. Es ist ja schon jetzt schwierig einen Kältetechniker zu finden, der Wärmepumpen reparieren kann.

Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger setzt auf Gasheizungen, die mittelfristig mit Wasserstoff betrieben werden können. Was halten Sie davon?

Eine Beimischung wäre theoretisch möglich. Aber ich habe noch keinen aus dem technischen Bereich kennengelernt, der gesagt hätte, das bekommen wir in einem großflächigen Netz hin. Das fängt schon damit an, dass Wasserstoff nicht so leicht zu handeln ist wie Erdgas. In den heutigen Gebäuden wären die Leitungen wahrscheinlich reihenweise undicht. Ich halte das also für unrealistisch. Interessanter finde ich die Idee "Power to Gas". Dabei wird aus CO2 sowie überschüssigem Strom - zum Beispiel aus Photovoltaik-Anlagen - wieder Erdgas erzeugt.

Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Lasst uns Ruhe in dieses Thema bringen und einen Plan machen. Und wenn wir es dann noch schaffen genügend erneuerbare Energie in Deutschland zu erzeugen, bekommen wir das hin.

Dieser Artikel ist erstmals am 25.05.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Im Video: Heizungsgesetz und Wärmepumpe

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