Prominent besetzte erste Reihe: Uli Hoeneß, Thomas Tuchel, Christian Freund und Jamal Musiala bei der Jahreshauptversammlung.
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Der FC Bayern auf der Jahreshauptversammlung

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FC-Bayern-Hauptversammlung: Neue Satzung, Rekorde, Misstöne

Die Jahreshauptversammlung des FC Bayern 2023 verlief deutlich harmonischer als zuletzt. Neben einer neuen Satzung gab es auch einen Rekordgewinn. Ein Antrag von Michael Ott war einer der wenigen kritischen Momente.

Über dieses Thema berichtet: Blickpunkt Sport am .

Umsatzrekorde, ein Konzerngewinn von 54,5 Millionen Euro, eine neue Satzung, Spitzen gegen die Konkurrenz, jede Menge "Mia san mia" – und nur vereinzelte Misstöne. Anders als in vergangenen Jahren verlief die Jahreshauptversammlung 2023 des FC Bayern weitestgehend harmonisch. Auch Vertreter der aktiven Fanszene gaben sich zufrieden mit der Entwicklung im vergangenen Jahr. Grund dafür ist auch die neue Satzung, die der Verein in Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedern ausgearbeitet hatte und die mit großer Mehrheit angenommen wurde.

Ausführliche Berichterstattung über die Jahreshauptversammlung des FC Bayern, die Bundesliga, 2. Bundesliga und Wintersport bei Blickpunkt Sport im BR Fernsehen ab 21.45 Uhr.

Applaus für Tuchel, vereinzelte Buhrufe für Hoeneß

Zur Einstimmung gab es ein Image-Video, in dem sich der Verein so präsentierte, wie er sich gerne sieht: mitgliedernah, engagiert, international, erfolgreich – über Sportartengrenzen hinaus. Ein Bildersturm aus Pokalen, erhobenen Daumen, Serge Ibaka, Lea Schüller und Harry Kane.

Als das 60-Meter-Tor des Engländers gegen Darmstadt eingeblendet wurde, brandete zum ersten Mal Applaus in der Rudi-Sedlmayer-Halle auf. Durch den Mega-Transfer hat der Verein seine Fans ein Geschenk gemacht, für das sie sich erkenntlich zeigten.

Erste Pfiffe dann, als Ehrenpräsident Uli Hoeneß begrüßt wurde, der neben Thomas Tuchel Platz nahm. Ein demonstrativer Schulterschluss, der auch als Zeichen nach draußen gewertet werden kann: Schaut her, bei uns ist doch alles harmonisch. Die öffentlichen Reibereien aus den vergangenen Wochen - alles normaler Habitus beim FC Bayern.

Die Buhrufe von Teilen der versammelten Anhängerschaft sind allerdings ein Indiz, dass diese Botschaft nicht unbedingt von allen geteilt wurde. Ganz anders beim Trainer, der mit großem Applaus bedacht wurde.

Wo steht der FC Bayern? "Ganz oben"

Doch die vereinzelten Buhrufe sollten nur eine Randnotiz bleiben. Andere Dinge standen im Vordergrund. "Wo steht der FC Bayern im Jahr 2023?", fragte Präsident Herbert Hainer rhetorisch in den Raum, um sich die Antwort kurz darauf selbst zu geben: "Da wo er hingehört: ganz oben. Und zwar sportlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich."

Durch die beiden deutschen Meisterschaften der Frauen- und Männer-Fußballabteilung und den Pokalsieg der Basketballer sieht sich der FC Bayern sportlich ohnehin in der höchsten Etage. Auch finanziell treten in diesem Punkt wenige Fragen auf: Mit einem Gesamtumsatz von 854,2 Millionen Euro präsentierte der FCB mal wieder einen neuen Rekordwert.

Im Video: Präsident Hainer über Umsatz und Mitgliederzahlen

FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer
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FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer

Neue Satzung: Im Zentrum ein Bekenntnis gegen Diskriminierung

Doch wie kann man gesellschaftlich ganz oben stehen? Die etwas unelegante Formulierung war ein Hinweis auf das, was bei dieser Jahreshauptversammlung im Mittelpunkt stehen sollte: die Satzungsänderung beim FC Bayern. Künftig wird dort stehen: "Der Klub tritt verfassungs- und fremdenfeindlichen sowie antidemokratischen Bestrebungen und jeder weiteren Form von diskriminierenden, menschenverachtenden oder antisemitischen Einstellungen, insbesondere aufgrund der Nationalität, der Religion, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder einer Behinderung entschieden entgegen."

Gemeinsam mit Mitgliedern hatte der FC Bayern über das vergangene Jahr ein neues Papier ausgearbeitet, dass das moralische Gerüst des Vereins offiziell bilden soll. "Keiner und keine" solle sich in den Spielstätten des FC Bayern ausgegrenzt fühlen, hatte Hainer angekündigt und auch die Kampagne "Rot gegen Rassismus" solle zeigen, dass "Rechtsextremismus in unserem Verein keinen Platz" habe.

"Werte aus der Satzung leben"

Bevor die Satzung zur Abstimmung kam, gab es die wenigen, kritischen Momente auf der Jahreshauptversammlung. Erst war es Gregor Weinreich, der sagte: "Viele Mitglieder wünschen sich, dass Werte wieder mehr auf die Waage gepackt werden – Stichwort Katar. Es geht nicht darum, ein Amnesty International zu werden. Es geht darum, dass die Werte aus unserer EV-Satzung gelebt werden", sagte das Mitglied der Fanvereinigung Club Nr.12.

Seinen Antrag, dass die neue Satzung nicht nur für den e.V., sondern auch für die AG explizit gelten sollte und nicht nur implizit, zog er wieder zurück. Er glaube nicht mehr daran, dass eine Satzung die AG daran hindere, die Werte manchmal nicht zu beachten – und nannte die Sponsoring-Partnerschaft mit dem ernährungstechnisch fragwürdigen Energy Drink Prime, dessen Zielgruppe Kinder seien.

Katar-Kritiker Ott: "Öffnet Willkür Tür und Tor"

Und auch Michael Ott, der vor allen Dingen wegen seiner Kritik an dem Werbedeal mit Qatar Airways Bekanntheit erreicht hat, meldete sich zu Wort. Er wollte verhindern, dass künftig der Ehrenrat über die Zulassung von Mitgliederanträgen entscheiden werde. "Das öffnet der Willkür Tür und Tor", sagte Ott: "Die Rechte der Mitglieder werden nicht gestärkt, sondern geschwächt. Auch wenn ihr den aktuellen Entscheidern vertraut, ihr wisst nicht, wer in zehn Jahren an der Macht ist." Ott wolle Ermessen durch eindeutige Vorgaben ersetzen.

92 Prozent Zustimmung für neue Satzung

FC-Bayern-Funktionär Dieter Mayer gab sich überrascht. Der Ehrenrat, der von Mitgliedern gewählt wird, solle explizit verhindern, dass das Präsidium willkürlich entscheide. "Mehr Demokratie geht nicht", sagte Mayer – und sollte von der Mehrheit Recht bekommen. Nur 33 Prozent der anwesenden Mitglieder stimmten für Otts Antrag. Die notwendige Dreiviertel-Mehrheit wurde nicht erreicht. Ganz anders bei dem eigentlich Antrag auf Satzungsänderung. Er bekam 92 Prozent Zustimmung.

Ruanda: Dreesen reagiert sarkastisch auf Ott-Kritik

Als Ott das zweite Mal die Bühne betrat, gab es Beifall und Pfiffe, als er das Thema seines Redebeitrags nannte: Ruanda. Den neuen Partner des FC Bayern. Ott wies auf die Menschenrechtslage in dem Land hin und machte damit den Gegensatz zu den Werten aus der neuen Satzung auf. "Ich freue mich darauf, wenn wir mit ihnen mal über Fußball reden", antwortete Dreesen. Er sei beeindruckt, führte er mit Sarkasmus aus, wie gut sich Ott in Ruanda auskenne.

Dreesen selbst habe das Land mehrmals besucht und würde sich ein solch umfassendes Urteil nicht erlauben. Der Vorstandsvorsitzende lobte in der Folge die Entwicklungen, die Bestrebungen, das Leben in Ruanda zu verbessern, und wies darauf hin, dass auch der FC Arsenal eine Partnerschaft mit dem Tourismusverband des Landes hat.

"Wer wären wir, wenn wir aus unserer Münchner Brille beurteilen würden, was richtig ist und was falsch ist." Natürlich habe man zur Kenntnis genommen, was Human Rights Watch gesagt hat. "Das bedeutet aber nicht, dass wir richtig finden, was Human Rights Watch sagt", erklärte Dreesen und wirkte zum ersten Mal auf der JHV verärgert.

Lob für Tuchel, Forderung nach besserer Jugendarbeit

So war es vor allen Dingen Ott, der bei einer überwiegend harmonischen Jahreshauptversammlung, zu der wohl auch die guten Ergebnisse in Bundesliga und Champions League ihren Anteil hatten, den Finger mehrfach in Wunden legte. Ansonsten bezogen sich die Redebeiträge eher auf das Sportliche: Tuchel wurde mehrfach gelobt. Zudem gab es die Forderung, eigenen Jugendspielern eine größere Rolle im Verein zu ermöglichen. Die Transferpolitik wurde infrage gestellt. Und Rolltreppen in der Allianz Arena gefordert. Es ist eine Art von Kritik, der sich der FC Bayern nur allzu gerne stellt.

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