Jerôme Boateng beim Beginn der Fortsetzung im Berufungsprozess am Landgericht München I (Archivbild von 2022).
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Jerôme Boateng beim Beginn der Fortsetzung im Berufungsprozess am Landgericht München I (Archivbild von 2022).

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Fall Boateng: Was bedeuten Tagessätze bei einer Geldstrafe?

Revisionsverfahren in München: Fußballprofi Jérôme Boateng war von den ersten Instanzen wegen Körperverletzung zu Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe verurteilt worden. Diese bemessen sich nach Tagessätzen. Was bedeutet das genau?

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Ab diesem Donnerstag will das Bayerische Oberste Landesgericht in München entscheiden, ob der Prozess gegen den früheren Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng neu aufgerollt wird. Das Landgericht München I hatte den inzwischen 35-Jährigen wegen tätlicher Angriffe auf seine Ex-Freundin zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro verurteilt. Wird das Urteil rechtskräftig, wäre Boateng vorbestraft. Der Fußballweltmeister von 2014, dessen frühere Lebensgefährtin und auch die Staatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil Revision beantragt.

Laut Amtsgericht München in erster Instanz hätte Jérôme Boateng wegen Körperverletzung insgesamt 1,8 Millionen Euro zahlen müssen. In zweiter Instanz kam das Landgericht München auf eine Gesamtsumme von 1,2 Millionen Euro Geldstrafe. Auf den ersten Blick denkt man daher: Das Landgericht hat milder geurteilt. Doch das Gegenteil ist richtig. Auch wenn die Gesamtsumme am Landgericht niedriger ist, ist dieses Urteil härter als am Amtsgericht. Wie kann das sein?

Warum die Gesamtsumme nicht entscheidend für eine Strafe ist

Wichtig: Bei einer Geldstrafe legt ein Gericht nicht einfach eine Summe fest. Laut Strafgesetzbuch wird sie anhand von sogenannten Tagessätzen bestimmt. Es hängt von der Schwere der Tat ab, wie viele Tagessätze das Gericht genau verhängt. Je mehr es sind, desto härter bestraft das Gericht den Angeklagten. Für die Härte der Strafe ist also die Anzahl der Tagessätze entscheidend, nicht deren Höhe.

Die Höhe wird so berechnet: Das Gericht erfragt zu Beginn eines Strafprozesses die Einkommensverhältnisse des Angeklagten. Aus dem Netto-Monatseinkommen wird dann das Einkommen pro Tag errechnet. Beispiel: Wenn der Angeklagte ein Monatseinkommen von 3.000 Euro hat, ist die Höhe des Tagessatzes 100 Euro. Ein Tagessatz kann laut Gesetz zwischen einem und 30.000 Euro liegen. Es gibt also eine Obergrenze.

Deswegen ist es verkürzt, wenn man nur die Gesamtsumme einer Geldstrafe nennt. Weil die Einkommensverhältnisse von Angeklagten sehr unterschiedlich sind, kann man daraus nicht erkennen, wie schwer die verhängte Strafe ist. Beispiel: Die Gesamtsumme einer Geldstrafe beträgt 30.000 Euro. Hat der Angeklagte ein Einkommen von 100 Euro pro Tag, wurde er also zu 300 Tagessätzen verurteilt. Das ist eine harte Strafe. Hat er aber ein sehr hohes Einkommen von 3.000 Euro pro Tag, sind es nur 10 Tagessätze und damit eine eher milde Strafe.

Der Fall Boateng: Niedrigere Summe, aber höhere Strafe

Zurück zum Fall von Jérôme Boateng. Er wurde 2021 vom Amtsgericht München wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von insgesamt 1,8 Millionen Euro verurteilt. Sie setzte sich aus 60 Tagessätzen von 30.000 Euro zusammen. In der zweiten Instanz hat das Landgericht München die Geldstrafe im November 2022 auf 120 Tagessätze zu je 10.000 Euro festgelegt, insgesamt 1,2 Millionen Euro. Das Landgericht hat die Höhe des Tagessatzes also deutlich reduziert. An den Einkommensverhältnissen scheint sich also etwas geändert zu haben.

Noch wichtiger ist rechtlich: Auch wenn die Gesamtsumme in der zweiten Instanz niedriger ist, ist die Strafe trotzdem härter ausgefallen. Denn entscheidend für die Höhe der Strafe ist die Anzahl der Tagessätze. Und diese hat sich von 60 auf 120 verdoppelt. Das Landgericht hat also eine deutlich härtere Strafe verhängt als das Amtsgericht. Das hat Auswirkungen, denn bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft.

Urteil wird nun auf Rechtsfehler überprüft

Nun ist der Strafprozess gegen Boateng in der dritten Instanz, in der Revision am Bayerischen Obersten Landesgericht. Revision bedeutet, dass das schriftliche Urteil der Vorinstanz auf Rechtsfehler hin überprüft wird. Der gesamte Prozess wird hier nicht noch einmal aufgerollt, also zum Beispiel werden keine Zeugen erneut befragt. Entweder das Gericht bestätigt das Urteil der Vorinstanz, dann würde Boatengs Verurteilung wegen Körperverletzung samt Geldstrafe rechtskräftig. Oder das Urteil der Vorinstanz wird aufgehoben. Dann müsste der Fall noch mal neu verhandelt werden.

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