Bayerns Digitalminister Fabian Mehring
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Bayerns Digitalminister setzt auf KI - aber nicht auf BayernGPT

KI ist ein Game-Changer, sagt Bayerns Digitalminister Mehring. Er will Bayern zu einem erstklassigen KI-Standort machen. Es sei aber wichtiger, konkrete Anwendungen zu entwickeln als ein Grundlagenmodell wie "BayernGPT" – ein Seitenhieb für die CSU.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Bayerns neuer Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sieht in der Künstlichen Intelligenz die Technologie der Zukunft. "KI wird die große Zeitenwende unseres Jahrhunderts auslösen und unsere Art zu leben, unsere Art zu arbeiten in einer Art und Weise fundamental verändern, wie wir uns das im Moment gar nicht vorstellen können", sagte er BR24. Seit gut 100 Tagen ist Mehring im Amt. Er will Bayern zu einem "Premiumstandort für das Thema KI" ausbauen. Wenn Bayern bei KI die Nase vorn habe, könne der Freistaat das eine oder andere wettmachen, was man vielleicht beim Ausbau des Mobilfunks oder des Breitbandausbaus ein wenig verschlafen habe.

Mehring: Ein BayernGPT ist nicht notwendig

Deswegen begrüßt Mehring auch die vom Wissenschaftsministerium betreute Hightech-Agenda Bayern, in deren Rahmen 100 KI-Professuren auf den Weg gebracht und renommierte Wissenschaftler nach Bayern geholt worden seien. Aus den Mitteln der Hightech Agenda soll auch die Entwicklung eines "BayernGPT" genannten KI-Grundlagenmodells erfolgen, wie Wissenschaftsminister Blume Anfang Februar in einem Gespräch mit dem BR sagte.

Digitalminister Mehring setzt die Prioritäten anders: "Ich glaube nicht, dass eine Notwendigkeit für ein 'Bayern-GPT' besteht." Bayern wäre gut beraten, wenn "wir ein bisschen über den Tellerrand hinaus schauen, das Kirchturmdenken ablegen und über europäische Modelle nachdenken." Eher bräuchte es "Applikationen, geschickte Anwendungen für 'Large Language Models', also Dinge, die man damit tun kann."

KI eignet sich in der Verwaltung für hoch standardisierte Tätigkeiten

Als ein mögliches Einsatzszenario von KI in der Verwaltung nannte Mehring die Bearbeitung von Asylverfahren. Diese bestünden von der Registrierung bis zur Frage der Arbeitsmarktintegration aus einer Reihe hoch standardisierter Tätigkeiten, die eigentlich längst die Technik erledigen könnte. "Wenn wir da mit KI reingehen, hätte das einen echten Mehrwert und würde auch die Kommunen entlasten."

KI-Anwendungen sollen in der Cloud laufen

Die für KI-Anwendungen nötigen Rechenkapazitäten sollten nach Ansicht Mehrings nicht allein dezentral in staatlicher Trägerschaft vorgehalten werden. Das sei ein "kommunistischer Ansatz". Mehring plädierte dafür, KI-Anwendungen in einer Cloud zu hosten. Zwar mache es Sinn, auch staatliche Rechenzentren zu betreiben, "ich würde mir aber wünschen, dass wir staatliche, insbesondere europäische Cloud-Lösungen auf den Weg bringen".

Es müsse aber nicht jeder Datensatz bei einer staatlichen Institution hinterlegt sein, sondern auch Hyperscaler hätten ausreichende Sicherheitsstandards. Als Hyperscaler werden große Cloud-Computing-Anbieter wie Amazon Web Services, Google Cloud, Microsoft Azure oder IBM Cloud bezeichnet.

Grüne: Mehring hat noch keine Ideen für digitale Kommunikation in der Verwaltung

Damit man KI in der Verwaltung einsetzen kann, müsse dort zuerst eine voll digitalisierte Ende-zu-Ende-Kommunikation eingeführt werden, sagt der bayerische Digitalminister. Das sei auch der Hintergrund für seinen Vorstoß, das Fax in bayerischen Behörden abzuschaffen: "KI läuft eben nicht auf dem Fax."

Mehring habe aber noch keine Ideen vorgebracht, "wie interne Kommunikation von der einen Behörde zur anderen digital ausgestaltet werden soll", kritisiert Benjamin Adjei, digitalpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion im Gespräch mit BR24. "Solange ich ein nicht digitales Rathaus habe, kann ich auch keine KI nutzen."

Bitkom fordert Digitalisierung der Workflows

Auch Sophie Vogt-Hohenlinde, Bereichsleiterin Landespolitik und Digitale Gesellschaft beim Digitalwirtschaftsverband Bitkom e.V., hält die Digitalisierung der Workflows für wichtig: "Man kann natürlich nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Es muss die Grundlage dafür geschaffen werden, dass KI-Anwendungen auch sinnvoll eingesetzt werden können in der Verwaltung."

Neue Landesgesetze müssen durch den Digitalcheck

Im Rahmen des neuen Digitalchecks will das Digitalministerium künftig bei jedem neuen Gesetz prüfen, ob es sich digital umsetzen lässt. Dabei geht es um den Vorrang digitaler Kommunikation, die Möglichkeiten automatisierter Bearbeitung sowie eine sichere Datenverwaltung. Das Ministerium erarbeitet gerade ein Konzept, wie der Digitalcheck im Detail aussehen soll. Es soll "in den nächsten Wochen" präsentiert werden.

Kurswechsel bei einheitlichen Domains für staatliche Websites

Gespannt blickt Vogt-Hohenlinde auch darauf, wie Mehring beim Thema Verwaltungsdigitalisierung mit dem Bund und den anderen Bundesländern zusammenarbeitet. Hier brauche es bundesweite Lösungen. "Ein bayerischer Sonderweg ist aus unserer Sicht nicht zielführend. Das betrifft zum Beispiel die Änderung von Verwaltungswebseiten."

Hintergrund: In Deutschland soll eine einheitliche Systematik für die Domains von staatlichen Websites eingerichtet werden, damit diese auf Anhieb als solche erkennbar sind. Auf diese Weise soll Betrug und Desinformation vorgebeugt werden. Vorbild sind andere europäische Länder: In Großbritannien enden Behördenseiten auf die Endung gov.uk, in Spanien auf gob.es, in Österreich auf gv.at.

Unter Mehrings Vorgängerin Judith Gerlach (CSU) hatte sich das bayerische Digitalministerium gegen dieses Projekt gesperrt. Es war um die Sichtbarkeit des Freistaats im Internet besorgt und befürchtete einen "Übergriff der Bundessymbolik in die Landesverwaltung", wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Hier deutet Mehring einen Kurswechsel an: "Wenn es eine gemeinsame Dachmarke gibt und da auch eine bayerische Identität abgebildet ist, für die Seiten, die bayerisch sind, dann kann ich damit gut leben."

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